Jüdische Gemeinde Frankfurt

»Mit aller Kraft«

Michael Bach über Diversität und politisches Engagement

von Barbara Goldberg  18.07.2016 19:18 Uhr

Jüngster Frankfurter Gemeinderepräsentant aller Zeiten: der 22-jährige Student Michael Bach Foto: Rafael Herlich

Michael Bach über Diversität und politisches Engagement

von Barbara Goldberg  18.07.2016 19:18 Uhr

Herr Bach, Sie sind das jüngste Mitglied, das es im Frankfurter Gemeinderat je gegeben hat. Am 3. Juli wurden Sie mit knapp 500 Stimmen gewählt. Was ist Ihr Hintergrund?
Ich bin 22 Jahre alt und wurde in Hildesheim geboren. Als ich sechs Monate alt war, zog meine Familie nach Frankfurt. Ursprünglich kommen meine Eltern aus Georgien – ich habe viele Verwandte überall auf der Welt: in Israel, Australien, Großbritannien, den USA, Moskau und Antwerpen. In Frankfurt habe ich den jüdischen Kindergarten und die Lichtigfeld-Schule besucht und an einem staatlichen Gymnasium Abitur gemacht. Zurzeit mache ich meinen Bachelor an der International School of Management in Frankfurt. Nach dem Abschluss werde ich zum Masterstudium an die European Business School in Oestrich-Winkel wechseln.

Warum haben Sie für den Gemeinderat kandidiert?

Im Januar 2015 bin ich für ein Auslandssemester ans Berkeley College nach Kalifornien gegangen, anschließend habe ich als Praktikant bei der Vertretung der Hessischen Landesbank in New York gearbeitet. Die Erfahrungen, die ich vor allem dort sammeln konnte, haben mich geprägt: Ich habe gesehen, wie selbstverständlich man dort als Jude leben kann. Wenn ich abends nach Hause kam, hatte ich jeden Tag die Möglichkeit, etwas Jüdisches zu unternehmen. So hat die Synagoge, die ich zum Gottesdienst besucht habe, organisiert, dass ich am Schabbat immer von einer Familie zum Essen eingeladen wurde. Das hat meine jüdische Identität gefestigt und intensiviert.

Welche Altersgruppen haben vorwiegend für Sie gestimmt?
Ich habe vor allem viele Stimmen von den ganz jungen und den älteren Wählern erhalten. Das ist für mich eine Verpflichtung.

Inwiefern? Welche Ziele und welches Programm wollen Sie umsetzen?
Ich möchte zum einen erreichen, dass das Gemeindeleben gerade für junge Erwachsene mithilfe von interessanten Angeboten aus Religion und Kultur in Zukunft attraktiver wird. Auch möchte ich fördern, dass Senioren und Jugend stärker in Verbindung zueinander treten. Für besonders wichtig halte ich außerdem die geplante Einführung einer gymnasialen Oberstufe am Philanthropin, der jüdischen Schule in Frankfurt. Dass dieses Vorhaben Realität wird, dafür werde ich mich mit aller Kraft einsetzen.

Was wollen Sie außerdem für die Frankfurter Gemeinde erreichen?
Als ich in den USA wohnte, habe ich gespürt, wie selbstverständlich Diversität ist. Als ich bei meiner Ankunft am New Yorker Flughafen einen orthodoxen Rabbiner mit Kippa und Schläfenlocken sah, war ich der Einzige, der ihn anstarrte – für alle anderen war der Anblick nichts Besonderes. Das möchte ich auch für Frankfurt erreichen.

Über welche politischen Erfahrungen verfügen Sie?

Ich bin seit einigen Jahren Mitglied einer großen deutschen Volkspartei, der SPD, und engagiere mich in der Kommunalpolitik. Daher habe ich sehr gute Kontakte auch zu anderen Parteien. Ich kämpfe dafür, dass alle ein gemeinsames Bündnis gegen Antisemitismus schmieden.

Mit dem neuen Frankfurter Gemeinderepräsentanten sprach Barbara Goldberg.

Gedenktag

Uraufführung mit den »Violins of Hope«

Ein besonderes Konzert anlässlich des 80. Jahrestags der Befreiung von Auschwitz hat sich das Rundfunk-Sinfonieorchester vorgenommen. Es interpretiert ein Werk für die Geigen, die die Schoa überstanden haben

von Christine Schmitt  08.01.2025

Universität

Preise der »World Union of Jewish Students« in Berlin vergeben

Die weltweite Vertretung jüdischer Studierender hat ihr 100-jähriges Bestehen gefeiert und besonders verdienstvolle Personen und Verbände ausgezeichnet

 07.01.2025

Interview

Katholischer Verband verwaltet Sparbücher der SS: »Falls noch jemand kommt«

Seit rund 70 Jahren verwaltet die Katholische Jugendfürsorge München (KJF) Geld, das die SS einst für unehelich geborene Kinder anlegte. Die rechtmäßigen Besitzer könnten ja noch aufkreuzen, sagt KJF-Vorständin Barbara Igl

 07.01.2025

München

»Das ganz Andere fremder Welten«

Die Volkshochschule und das IKG-Kulturzentrum gedachten des 130. Geburtstags der Dichterin Gertrud Kolmar

von Helen Richter  05.01.2025

Feier

Dem Herzen folgen

Die IKG München und Oberbayern bedankt sich bei den ehrenamtlichen Mitarbeitern für ihr Engagement

von Luis Gruhler  05.01.2025

Würzburg

Kreuzfahrer am Main

Die Abiturientin Nele Fackler wird für einen Aufsatz zur Lokalgeschichte des Antisemitismus ausgezeichnet

von Gerhard Haase-Hindenberg  05.01.2025

Buch

Jüdisch im Sauerland

Hans-Ulrich Dillmann aktualisiert seine Studie über die Gemeinde in Lüdenscheid

von Martin Krauß  05.01.2025

Apolda

Schweinekopf vor jüdischem Gedenkort abgelegt

Unbekannte Täter haben einen Schweinekopf vor einem jüdischen Gedenkort im thüringischen Apolda abgelegt – nicht zum ersten Mal

 05.01.2025

Gespräch

»Berlin glänzt nicht mehr so wie früher«

Die Hauptstadt war lange ein Magnet für junge Israelis. Ist das noch immer so? Ein Gespräch über Döner-Preise, jüdische Identität und wachsenden Antisemitismus

von Joshua Schultheis, Mascha Malburg  05.01.2025