Er gilt als eines der bedeutendsten Baudenkmäler Deutschlands: der WOGA-Komplex am Ku’damm. Das Bauensemble samt früherem Universum-Kino (heute Schaubühne) und Wohnblöcken wurde in den 20er-Jahren vom Berliner Architekten Erich Mendelsohn im Stil der Neuen Sachlichkeit gestaltet. Zur Erschließung des großen Innenhofs kreierte Mendelsohn eine Privatstraße, die Besucher mitten hinein ins Areal führt: zu einer Grünanlage mit öffentlichen Tennisplätzen zur Naherholung der Anwohner.
Schon die Schriftsteller Vladimir Nabokov und Erich Kästner spielten hier Tennis, Johannes Mario Simmel schrieb in der Gastwirtschaft Romane. Bekannt geworden war Erich Mendelsohn durch den Potsdamer Einsteinturm. Später gestaltete er das Verlagshaus Rudolf Mosse. Von 1925 bis 1931 entwickelte er im Auftrag der Familie Mosse das Ku’damm-Grundstück und setzte dabei auf einen Mix aus Kultur, Gastronomie, Geschäften, Sport und Wohnungen für jedermann – statt reiner Wohnbebauung.
Emigration Seit Kurzem sehen Anwohner und Experten das architekturhistorische Erbe jedoch akut bedroht: Die Freifläche in der denkmalgeschützten Anlage soll mit 70 mehrgeschossigen Wohneinheiten bebaut werden. Der Bauherr, eine britische Immobiliengesellschaft, beruft sich dabei auf Pläne, denen zufolge Mendelsohn selbst die Fläche habe bebauen wollen und nur durch seine Emigration daran gehindert worden sei. »Geschichtsfälschung«, meinen Historiker, darunter Regina Stephan, Professorin für Architekturgeschichte an der Universität Mainz und Mendelsohn-Expertin.
Ihre Begründung: Schon im April 1932, ein Jahr vor seiner Emigration, legte Mendelsohn die Tennisplatzgestaltung zur Genehmigung vor. Auch aufgrund dieser Erkenntnisse sprachen sich mittlerweile der Denkmalbeirat von Charlottenburg und die Bezirksverordnetenversammlung für den Erhalt der historischen Anlage aus; der Bezirksstadtentwicklungsausschuss stellte sich einstimmig hinter das Votum für den Erhalt und damit gegen Baustadtrat Marc Schulte (SPD).
Dieser hatte im Februar das Vorliegen eines Bauantrags bekannt gegeben. Experten und Anwohner appellieren nun an den Berliner Senat und das Stadtentwicklungsamt des Bezirks, den bislang geheimen Bauantrag abzulehnen und das »städtebauliche Hauptwerk von Berlins bedeutendstem jüdischen Architekten vor der Zerstörung durch Nachverdichtung« zu schützen. Im Juli entscheidet die Denkmalbehörde darüber. Sollte sie die Aufhebung des Denkmalschutzes befürworten, bedarf es dafür triftiger Gründe.