»An der nachhaltigen Förderung jüdischen Lebens in Bayern wollen wir in den kommenden Jahren weiterarbeiten und dabei klare Kante gegen Antisemitismus zeigen.« Dies betonten am heutigen Donnerstag Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, und Bayerns Antisemitismusbeauftragter Ludwig Spaenle nach einem Treffen in Würzburg.
Erfreut zeigten sich beide über den baldigen Start des neuen niedrigschwelligen Meldesystems für antisemitische Vorfälle in Bayern. »Ich bin froh, dass die bayerische Sozialministerin Kerstin Schreyer die nötigen Mittel bereitgestellt hat. Die Hotline soll noch im März an den Start gehen. Ich bin den jüdischen Gemeinden, die dieses Anliegen mit uns voranbringen, sowie dem Bayerischen Jugendring für seine organisatorische Unterstützung sehr dankbar«, sagte Ludwig Spaenle.
STRAFVERFOLGUNGSBEHÖRDEN Betroffene können sich online oder per Telefon mit ihren Erfahrungen, Sorgen und Anliegen dorthin wenden. Die Meldestelle wird auch mit Strafverfolgungsbehörden zusammenarbeiten.
»Es wird höchste Zeit, dass wir ein realistisches Bild der Situation von Jüdinnen und Juden in Bayern bekommen«, betonte der Zentralratspräsident. »Dafür müssen wir auch antisemitische Vorfälle erfassen, die unterhalb der Strafbarkeitsschwelle liegen und in der polizeilichen Kriminalstatistik nicht auftauchen.« Nur mit einem vollständigen Bild seien wirksame Strategien gegen Antisemitismus zu entwickeln.
Schuster, der auch Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Würzburg und des Landesverbandes der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern ist, und Spaenle äußerten ihre Sorge über steigende antisemitische Vorfälle. »Bei Antisemitismus gibt es für uns null Toleranz«, betonte Spaenle für die Staatsregierung.
»Angesichts der besorgniserregenden aktuellen Entwicklung in Deutschland ist es von zentraler Bedeutung, dass der Staat und die Zivilgesellschaft sich klar gegen Antisemitismus und für Jüdinnen und Juden einsetzen«, sagte Spaenle weiter.
DIALOG Schuster betonte, dass er den Impuls des bayerischen Antisemitismusbeauftragten zu einem gesamtgesellschaftlichen Dialog über den Antisemitismus sehr befürwortet. Spaenle hatte jüngst Parteien, Gewerkschaften, Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbände, Sozial- und Jugendverbände, Kulturvereinigungen und Sportverbände aufgerufen, sich auf der Grundlage der Definition der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) mit dem Problemkreis Antisemitismus auseinanderzusetzen und sich zu dieser zu bekennen. »Diese Initiative ist sehr zu begrüßen. Am Beispiel des Beschlusses des Münchner Stadtrates gegen BDS lässt sich ablesen, wie die Annahme der IHRA-Antisemitismus-Definition in der Praxis wirken kann. Das sollte in Bayern Schule machen.«
Der Zentralratspräsident und der Landes-Antisemitismusbeauftragte setzen mit Blick auf eine gemeinsame Zukunft auf die Begegnung zwischen jungen Bayern und Israelis. Deshalb engagieren sich beide für ein Bayerisch-Israelisches Jugendwerk: »Durch den gegenseitigen Besuch, die direkte Begegnung und den Austausch können die jungen Menschen Freundschaften entwickeln und Vorurteile abbauen«, waren sie sich einig.
ARCHIVALIEN In Bayern werden derzeit die Archivalien von mehr als 300 ehemaligen jüdischen Gemeinden, die von den Nationalsozialisten zerstört wurden und deren Dokumente sich im Zentralarchiv des Jüdischen Volkes in Israel befinden, aufbereitet, um sie zu digitalisieren. Sie sollen dann von Wissenschaftlern wie auch Familienforschern in staatlichen bayerischen Archiven genutzt werden können.
Mit seinem Besuch bei der Israelitischen Kultusgemeinde Würzburg und Unterfranken setzte Ludwig Spaenle seine Gespräche mit den jüdischen Gemeinden in Bayern fort. In den vergangenen Monaten hatte er bereits die Gemeinden in München, Nürnberg und Augsburg besucht. ja