Gemeindemitglieder zum Schabbat-Abendessen einladen, auf die Schnelle die Gebetszeiten abrufen, Nachrichten aus der Gemeinde erhalten und digitale Formulare ausfüllen: All diese Annehmlichkeiten könnte eine App bieten, die die Jüdische Gemeinde Frankfurt derzeit entwickelt. Die Idee entstand, nachdem die Gemeinde 2020 ein Dezernat für Digitalisierung eingerichtet hatte, berichtet Benjamin Graumann, der das neue Dezernat leitet.
»Was kann man im Bereich Digitalisierung machen, um die Gemeindemitglieder mehr zu binden, um ihnen mehr Service anzubieten?« – so umreißt Graumann den Ursprungsgedanken des Projekts. Im ersten Schritt hat die Digitalisierungskommission herausgearbeitet, was eine Gemeinde-App können soll.
Die Gemeinde beauftragte daraufhin eine Agentur, die ein grobes Konzept erstellt hat. »In der zweiten Phase geht es um die Feinkonzeption, wo die einzelnen Features eingearbeitet werden«, sagt Graumann. Die Feinkonzeption soll Ende 2021 fertig sein. »Dann stehen wir vor der Frage, ob wir das in die Produktion geben und in die App-Stores von Android und Apple einpflegen.«
AUSTAUSCH Doch warum braucht die Gemeinde überhaupt eine eigene App? Jüngere Mitglieder schauten sich kaum noch Websites am Computer an, sondern nutzten allesamt das Smartphone, so Graumann. Die App soll sich an unterschiedliche Altersgruppen richten und individuell nach Themen- und Interessensgebieten gestaltet werden können.
»Ein ganz wesentlicher Punkt neben der Bindung der Mitglieder ist auch, dass man den Austausch untereinander fördert«, führt Graumann aus. So sei ein geschützter Bereich für Gemeindemitglieder geplant, in dem sie sich untereinander austauschen und eigene Initiativen entwickeln können.
Die Zielgruppe für den Mitgliederbereich sei indes relativ begrenzt. »Daher stellt sich die Frage, ob es sich überhaupt lohnt«, sagt Graumann. »Das können wir noch nicht abschätzen. Es hängt davon ab, wie das Ganze ankommt.« Im Februar oder März plant die Gemeinde ein Kickoff-Meeting zu dem App-Projekt – um »so viele Mitglieder wie möglich daran zu beteiligen«. »Danach würden wir die finale Entscheidung treffen, um sie zu machen«, kündigt Graumann an.
Einige Bereiche der geplanten Gemeinde-App sollen unterdessen auch der interessierten Öffentlichkeit zugänglich sein – »um die Gemeinde vorzustellen, auch um Menschen, die neu in der Stadt sind, zu zeigen, welche jüdischen Institutionen es in Frankfurt gibt«. Graumann führt einige Beispiele an: »Es gibt hier bald die Jüdische Akademie, es gibt Makkabi, das Jüdische Museum, die ZWST.«
KOSTEN Dass eine Gemeinde-App nicht zum Nulltarif zu haben ist, weiß Benjamin Graumann. Die Kosten für Konzeption, Produktion und Pflege der App seien enorm. Für die ersten beiden Phasen hat die Gemeinde Fördermittel bekommen. Unlängst traf Graumann die neue Digitalisierungsdezernentin der Stadt Frankfurt, Eileen O’Sullivan (Volt), zum Gespräch: »Wir hoffen, dass wir auch von der Stadt eine Förderung bekommen – gerade eben auch für den nicht geschützten Bereich, in dem wir das jüdische Frankfurt und die Gemeinde vorstellen.«
Ob die Gemeinde-App Ende 2022 fertiggestellt und präsentiert wird, ist noch ungewiss. Benjamin Graumann zeigt sich optimistisch. Die App biete einen Mehrwert: »Man hat einen Service für die Mitglieder, vereinfacht viele Sachen, entlastet unsere Verwaltung. Andererseits kann man die Mitglieder viel besser und schneller erreichen und schafft einen Raum für Mitglieder unter sich.« »Und vielleicht«, hofft der Frankfurter Digitalisierungsdezernent, »schließen sich andere Gemeinden unserem Beispiel an.«