In Köln sprechen die Verantwortlichen gern von einer »der aktuell spannendsten Baustellen in Deutschland«. Gemeint ist der Bau des Jüdischen Museums in der Altstadt. Vor einigen Wochen wurde die erste Dachpyramide auf das Stahltragwerk des ersten Bauabschnitts gesetzt. Von einem Meilenstein in der Fertigstellung des MiQua genannten Gebäudes im Bereich des einstigen mittelalterlichen Judenviertels ist die Rede (vgl. Jüdische Allgemeine vom 8. März).
Stadtgeschichte Das Museum wächst sichtbar in die Höhe – die Kosten allerdings auch. Die im März prognostizierte Summe der Baukosten von 95 Millionen Euro ist seit einigen Tagen auf voraussichtlich 127 Millionen Euro neu berechnet worden. Die Fertigstellung des ambitionierten Vorhabens wird weiterhin für das Jahr 2024 avisiert, die Eröffnung im Jahr darauf. Dann soll das vom Landschaftsverband Rheinland betriebene Museum zur jüdischen Geschichte neben dem Besuch des oberirdischen Baus zudem einen 600 Meter langen unterirdischen Rundgang durch 2000 Jahre Kölner Stadtgeschichte ermöglichen.
Die aktuelle Ausgabenrechnung legt die städtische Verwaltung dem Rat der Stadt Köln für dessen Sitzung im Mai zur Entscheidung vor. Eine Zustimmung gilt – trotz zu erwartender Kritik an der neuerlichen Kostenexplosion sowie dem Baustellenmanagement der Stadt als Bauherrin – als sicher, da das einzigartige Projekt von einer breiten Mehrheit der im Stadtparlament vertretenen Fraktionen getragen wird. Eigentlich sollte das Museum pünktlich zum Jubiläum »1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland« in diesem Jahr eröffnet und prominent im Programm platziert werden.
Leitungen im Erdreich und Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg mussten beseitigt werden.
Es gibt mehrere Gründe, warum das komplexe Bauvorhaben mittlerweile 65 Prozent teurer wird, als noch vor vier Jahren angekündigt. Neben der Verbesserung der Barrierefreiheit sind dies auch die notwendig gewordenen baulichen Veränderungen, um die Sicherheitseinschätzungen der Kriminalpolizei zu erfüllen. Insbesondere nach dem Anschlag auf das Jüdische Museum in Brüssel im Jahr 2014 sowie mit Blick auf die jüngsten antisemitischen Vorfälle waren Planungsänderungen hinsichtlich der Sicherheit unumgänglich.
Sanierungsmaßnahmen Erhebliche Kostensteigerungen in allen Gewerken entfallen darüber hinaus auf die Tiefbauarbeiten. Außer Maßnahmen an zahllosen im Erdreich verlegten Leitungen, Beseitigung von Blindgängern im Baugrund sowie nicht vorhersehbaren Sanierungsmaßnahmen am Fundament des nahe gelegenen Rathauses sind darüber hinaus die archäologischen Arbeiten zur Freilegung und Sicherung der historischen Bodenfunde zu nennen. Sand muss abgesaugt, Wanddurchbrüche gesägt, Decken gegossen und historisch relevantes Mauerwerk mit Beton gesichert werden.
Die Fundamente müssen auf über sechs Meter Tiefe angelegt werden. Insbesondere diese Arbeiten machen die Baustelle einerseits so herausfordernd und andererseits eben auch so spannend. Zumal die archäologischen Arbeiten sich derzeit noch in einer Tiefe von mehr als drei Metern bewegen. Wer weiß, was da in den nächsten Jahren noch kommt?