Projekt

Mehr als nur ein Stein

Seit zwei Jahren engagiert sich Gregorio Ortega Coto für ein würdiges Andenken an Albert Einstein

von Philipp Peyman Engel  02.01.2013 15:01 Uhr

Gregorio Ortega Coto Foto: Mike Minehan

Seit zwei Jahren engagiert sich Gregorio Ortega Coto für ein würdiges Andenken an Albert Einstein

von Philipp Peyman Engel  02.01.2013 15:01 Uhr

Wer sich auf die Spuren von Albert Einsteins früherem Wohnsitz in Berlin-Schöneberg begibt, ist erst einmal nur ratlos. Hier soll der Physiker über 15 Jahre lang gelebt haben? Vor dem Haus in der Haberlandstraße 8 erinnert auf den ersten Blick nichts daran, dass Einstein hier bis zur Machtübernahme der Nazis 1933 zu Hause war. Kein Denkmal, keine Infotafel – nichts.

Erst bei genauerem Hinsehen erblickt man im Vorgarten des Mehrfamilienhauses eine verwitterte, moosbewachsene Steinplatte. Um ihre Inschrift zu entziffern, muss man zuerst über einen kleinen Zaun klettern und das Grundstück betreten. »Hier wohnte Albert Einstein« ist auf dem Stein in kleiner, eher schlecht als recht zu lesender Schrift eingraviert.

Touristen »Das ist doch eine Schande«, sagt Gregorio Ortega Coto und deutet auf die Steinplatte. »Ein Mensch wie Albert Einstein hat mehr verdient als so ein liebloses Ding.« Seit über zehn Jahren wohnt der 66-jährige Rentner dort, wo früher Einsteins Wohnhaus stand. Dass im Sommer täglich Dutzende Touristen aus aller Welt aus Interesse an dem Nobelpreisträger nach Schöneberg kommen und dort nicht mehr als die alte Steinplatte vorfinden, ist Ortega Coto nachgerade peinlich. »Es ist ein fatales Signal, dass heute fast nichts mehr daran erinnert, wie die Nazis Einstein von hier verjagten.«

Albert Einstein ein würdigeres Andenken zu geben, das ist seit rund zwei Jahren die Mission von Gregorio Ortega Coto. Das würde der unaufgeregte Spanier so selbst zwar nicht sagen. »Mission«, das klingt ihm zu angestrengt und militärisch, findet er. Und doch kommt es seinem Anliegen am nächsten. Er hat sich ein Ziel gesetzt und verfolgt es seitdem beharrlich. Eine Gedenkstele für Einstein – nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Um auf das Projekt aufmerksam zu machen, hat Ortega Coto in den vergangenen zwei Jahren Postkarten mit Informationen über seine Idee verteilt. Rund 2000 Euro sind auf diesem Wege zusammengekommen für die Stele, auf der Fotos und biografische Informationen zu sehen sein sollen. Wenn das Sammeln der Spenden wie in den ersten beiden Jahren verlaufen wäre, hätte er 2016 die nötige Summe von insgesamt 6000 Euro beisammen gehabt. »Ein Langzeitprojekt«, sagt er und lacht.

Klassenlotterie In diesen Tagen nun hat Ortega Coto von der Stiftung Deutsche Klassenlotterie Post erhalten. Diese hat sich bereit erklärt, die fehlenden Mittel bereitzustellen. »So viel Glück hat man selten«, erklärt der Rentner zufrieden. Eine Designerin, die die Stele gestalten wird, hat Ortega Coto mittlerweile ebenfalls gefunden. Voraussichtlich im Mai dieses Jahres wird die Stele vor dem Haus in der Haberlandstraße aufgestellt.

Dabei sah sein Projekt zu Beginn alles andere als Erfolg versprechend aus. Insgesamt sieben Monate hat es gedauert, bis er beim Tiefbauamt Tempelhof-Schöneberg die entsprechende Genehmigung erhielt. Man brauche keine Erinnerung an die Nazizeit, das sei doch alles Schall und Rauch, habe ihm die Sachbearbeiterin zugeraunt, erinnert sich Ortega Coto. Und auch in der Hausgemeinschaft der Haberlandstraße ist er mit seinem Vorhaben auf Widerstand gestoßen. Man müsse das Geschehene doch endlich einmal vergessen, meinten zwei Nachbarinnen. Über so viel Herzlosigkeit ärgert sich Ortega Coto maßlos. »Ich bin zum Glück ein hartnäckiger Mensch und habe mich nicht verunsichern lassen.«

Nun könnte man sich fragen, warum Ortega Coto seit zwei Jahren viel Zeit und Engagement in das Projekt investiert. Auf diese Frage scheint er gewartet zu haben. »Ich habe das Bedürfnis, Deutschland etwas zurückzugeben«, erklärt der 66-Jährige. Seit 1972 lebt er in der Bundesrepublik, damals hielt er es nicht länger im faschistischen Spanien unter Franco aus. »Für mich steht Einstein für das bessere Deutschland, für die Werte des Humanismus und der Demokratie, die man nur allzu schnell als selbstverständlich annimmt.« Oder, um es auf Jiddisch zu sagen, fügt Ortega Coto nach einer kleinen Pause hinzu: »Einstein war wahrlich a Mensch. Warum sollte man das verschweigen?«

Burgenlandkreis

Stolpersteine in Zeitz werden neu verlegt

Durch Spenden seien rund 53.000 Euro für den Ersatz zusammengekommen, so ein Stadtsprecher

 25.11.2024

Berlin

»Im Geiste jung«

Das jüdische Begabtenförderwerk ELES feiert seinen 15. Geburtstag

von Imanuel Marcus  25.11.2024

Hochschule

Das Jüdische Studienwerk ELES feiert sein 15. Jubiläum

Als Begabtenförderungswerk will es junge jüdische Studenten auch weiter für das Gespräch stärken - gerade in Zeiten von Krisen und Konflikten

von Stefan Meetschen  25.11.2024

Berlin

Spendenkampagne für House of One startet

Unter dem Dach des House of One sollen künftig eine Kirche, eine Synagoge und eine Moschee Platz finden

von Bettina Gabbe, Jens Büttner  25.11.2024

Gemeinden

Blick auf ein besonderes Jahr

Die Ratsversammlung des Zentralrats der Juden tagte in München. Für große Begeisterung im Saal sorgte die Rede des Bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder

von Katrin Richter  24.11.2024

Gastro

Wie bei Muttern

Das Flair der 1920er-Jahre trifft auf die Moderne. In Clärchens Ballhaus hat das Restaurant Luna DʼOro eröffnet. Es gibt Tatar-Igel, Spreewald-Gurken und Broiler

von Alicia Rust  24.11.2024

Gemeinden

Ratsversammlung des Zentralrats der Juden tagt in München

Das oberste Entscheidungsgremium des jüdischen Dachverbands kommt traditionell einmal im Jahr zusammen – am letzten Sonntag im November

 24.11.2024 Aktualisiert

Porträt der Woche

Familie als Sujet

Elinor Sahm ist Israelin, Künstlerin, Mutter und lebt jetzt in Berlin

von Alicia Rust  23.11.2024

Berlin

Hommage an jiddische Broadway-Komponisten

Michael Alexander Willens lässt die Musik seiner Großväter während der »Internationalen Tage Jüdischer Musik und Kultur« erklingen

von Christine Schmitt  21.11.2024