Genau an diesem Ort fand vor 20 Jahren die erste Makkabiade seit der Neugründung von Makkabi Deutschland statt», sagte Alon Meyer, Präsident von Makkabi Deutschland, bei der Eröffnungsveranstaltung im Sportpark Wedau. Nun wolle man diese Tradition fortführen. Besonders freue man sich darüber, «dass auch nichtjüdische Sportlerinnen und Sportler dabei sind», betonte Meyer.
Sie seien ein wichtiger Bestandteil der Makkabi-Ortsvereine, und gemeinsam habe man «in Sachen Integration und religiöser Vielfalt Maßstäbe» gesetzt. «Eure Teilnahme zeigt, dass der Sport Menschen unterschiedlichster Kulturen, Herkunft und Religionen zusammenbringt.» So gehörten «Juden, Christen, Muslime und auch Menschen, die keiner Religionsgemeinschaft angehören», zur Makkabi-Familie. Auf und neben dem Sportplatz könne Makkabi somit Integration leben.
Gemeinschaft Es war ein Hinweis von der und für die jüdische Gemeinschaft, aber auch ein sportliches Großereignis. 400 Athleten aus 20 Makkabi-Ortsvereinen zwischen Berlin und Düsseldorf, Bremen und München, auch aus den Niederlanden, Österreich und der Schweiz kamen vom 13. bis zum 16. Mai in Duisburg zusammen, um an den Start zu gehen.
«Ein wunderbares Zeichen jüdischer Lebensfreude» solle von der Makkabiade ausgehen, wünschte sich Abraham Lehrer. In seinem Grußwort erinnerte der Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland an die European Maccabi Games 2015 in Berlin. Ein «Gänsehaut-Feeling» habe sich ausgebreitet, als man dort die Hatikva sang, wo einst die Nazis ihre Parolen brüllten. Doch auch heute noch würden «Sportler von Makkabi-Vereinen immer wieder zur Zielscheibe antisemitischer Pöbeleien», sagte Lehrer. Deshalb müsse gerade in einer Zeit, in der rechte Gruppierungen und Parteien erstarken, die jüdische Gemeinschaft zeigen, «dass man zu Deutschland gehört und sich nicht verstecken muss».
motto Lehrer rief das Makkabi-Motto in Erinnerung: «Competing in Sports – United at Heart» (Konkurrenten im Sport – Vereint im Herzen). Dieser Grundsatz sei es, der den Geist des Sportvereins am besten beschreibe – und weshalb der Zentralrat nicht einen Moment gezögert habe, die Schirmherrschaft für die Veranstaltung zu übernehmen. Dass es künftig erstmals auch eine Deutsche Makkabi-Meisterschaft für Jugendliche und Junioren geben wird, begrüßte Lehrer ausdrücklich.
Zu den wiederholten antisemitischen Beschimpfungen bei Spielen von Makkabi etwa in Berlin und Köln erklärte der Zentralratsvize: «Wir veranstalten dieses Fest hier wohl wissend, dass es Feinde unseres Vereins gibt. Aber wir lassen uns von Angriffen nicht einschüchtern.» Mit Blick auf den zunehmenden Erfolg der rechtspopulistischen AfD sagte er: «Es gibt Menschen, die unser Land spalten wollen. All jenen rufen wir zu: Wir Demokraten sind stärker – und stehen zusammen!»
Als Vertreterin des Gastgeberbundeslandes nahm die nordrhein-westfälische Familien- und Sportministerin Christina Kampmann an der Eröffnungsfeier teil. Die SPD-Politikerin begrüßte die Sportler mit den Worten: «Willkommen in Makkabi-Land!» und erinnerte daran, dass die ersten Deutschen Makkabi-Spiele in Duisburg stattfanden. Auch die Wiedergründung des Vereins 1965 sei in Nordrhein-Westfalen besiegelt worden – in Düsseldorf.
Offene Gesellschaft In ihrem mehrmals von Applaus unterbrochenen leidenschaftlichen Plädoyer für eine offene Gesellschaft nahm sie Stellung zur aktuellen politischen Situation: «Wir dulden antisemitische Schmierereien ebenso wenig wie Anschläge auf Flüchtlingsheime. Wir lassen uns nicht spalten. Demagogen und Rechtspopulisten werden keinen Erfolg haben. Wir wollen keine Spaltung der Gesellschaft, sondern Vielfalt und Pluralität.»
Mit wehenden Fahnen waren die teilnehmenden Ortsvereine bei der Eröffnungsfeier der Makkabi-Meisterschaft auf der Festwiese eingelaufen. Am Sonntagmorgen hängen die weißen Stoffbahnen – vom Regen durchnässt – schwer im kalten Wind. Ein ähnliches Bild geben auch Vladimir Budjastki und seine Mitstreiter ab, als sie vom Fußballfeld schleichen. Das Team aus Rostock hat gerade eine satte 1:15 Niederlage gegen Berlin kassiert. «Es hat geregnet, und wir waren alle verletzt», lamentiert ein Spieler lachend, aber daran habe es selbstverständlich nicht gelegen. «Berlin war einfach zu stark», sagt Vladimir, «und manchmal muss man eben auch verlieren können.»
So schlecht, betont der 25-Jährige dann aber noch, hat sich die Mannschaft aus Rostock bei den anderen Partien gar nicht präsentiert. 7:3 gegen Düsseldorf, 2:4 gegen München. «Aber das hätten wir auch gewinnen können», klingt es fast trotzig. Und dennoch ist immer auch ein Augenzwinkern dabei: Klar gehe es bei der Makkabi-Meisterschaft auch um ein erfolgreiches Abschneiden, aber auch um viel Spaß. Viele Sportler kannten sich schon vorher, treffen sich abseits des Spielfeldes, verbringen Zeit miteinander und feiern.
mannschaften Doch alle wollen dann mit ihren Teams gewinnen. Das wird beim Fußballspiel zwischen Frankfurt und Köln deutlich. Die Mannschaften schenken sich nichts, der gemeinsame Vereinsname kümmert die Spieler herzlich wenig. Man kämpft wie bei jeder anderen Partie in der Saison. «Frankfurt ist der Favorit bei den Spielen hier», erzählt Moshico Saban. Der Berliner verfolgt die Partie vom Spielfeldrand und feuert die Spieler an. Auch die Kölner seien gut, deshalb würde es hier etwas mehr zur Sache gehen.
«Aber grundsätzlich ist alles easy, denn alle wollen Spaß haben und sind freiwillig hier», ergänzt Daniel Soudry, ebenfalls von Makkabi Berlin, das seine komplette zweite Mannschaft nach Duisburg geschickt hat. «Die meisten kennen sich ja auch schon von den Machanot», sagt der 36-Jährige. Moshico deutet wieder aufs Feld: «Der Kapitän zum Beispiel, oder der Torwart von Frankfurt, mit denen habe ich im vergangenen Jahr zusammen bei den European Maccabi Games gespielt», erzählt er. «Es ist schön, jetzt auch einmal gegeneinander anzutreten.»
Favoriten Ganz so vernetzt ist der 19-jährige Jurij Margit aus Mainz noch nicht. Er sitzt in der Tischtennishalle und sieht sich an, mit wem er es bald zu tun bekommen könnte. Bei den European Maccabi Games holte er sich drei Goldmedaillen: Einzel, Doppel, Mannschaft. Deshalb zählt er auch in Duisburg zu den Favoriten. Aber er sei nicht nur gekommen, um an der Tischtennisplatte zu stehen. «Ich bin auch hier, um andere Menschen kennenzulernen.» Dafür könne er ja sonst nicht einfach so beispielsweise nach Bremen fahren. «Aber bei der Makkabiade trifft man sich eben.»
Nach Aprilwetter im Mai mit Wolkenbrüchen und Kälte herrscht am Montagmorgen, kurz vor den letzten Finalspielen, eine wunderbare Idylle im Sportpark Wedau. Die Vögel zwitschern – doch dürfte sich das in den Ohren der meisten Athleten zu schrill angehört haben. Bis in die Morgenstunden hatten sie in der Nacht zuvor bei der Abschlussparty der Makkabi-Meisterschaften gefeiert. Und nicht nur Sportler waren gekommen, junge Menschen aus den Gemeinden rings um Duisburg hatten sich zu den Athleten gesellt, um gemeinsam mit ihnen im Seehaus an der Regattabahn zu tanzen, auf Medaillen anzustoßen und Freunde zu treffen.
Einer von denen, die am Morgen schon wieder fit sind, ist Mark Lektor. Seit vier Tagen steckt er in einem blauen Bärenkostüm und streift als Maskottchen über das Gelände. «Ich bin der Makkabär», ruft er fröhlich und steckt die Besucher mit seiner Laune an. Hier ein Knuff, da ein Winker, eine Umarmung für die Kinder – der Bär hat viel zu tun. «Ich hatte keine Ahnung, was da auf mich zukommt», erzählt der Mönchengladbacher, der sich als Volunteer für die Makkabi-Meisterschaft in Duisburg gemeldet hatte.
Weil er als Maskottchen an allen Ecken und Enden der weiten Sportanlage und bei allen Veranstaltungen auftauchen muss, hat er einen guten Überblick über die Makkabiade. «Und ich muss sagen, dass es supergut gelaufen ist. Die ›Poker-Night‹ war zum Beispiel großartig. Die hat zwar in einer Sporthalle stattgefunden, aber bei der Vorbereitung haben sich die Leute richtig viel Mühe gegeben.» An jedem Tisch stand eine eigene Lampe, die warmes Licht verbreitete, dazu spielte Musik wie in einer Bar, «als ob da gleich Don Corleone antanzt», erzählt Mark.
White Night Auch zur Abschlussparty war er im Bärenkostüm spaziert. «Aber so wollte man mich nicht hineinlassen», entrüstet er sich gespielt. Das Motto lautete ja «White Night» und stand zum 68. Geburtstag des Staates ganz im Zeichen Israels. So musste der dunkelblaue Makkabär draußen bleiben. Ohne dicken Kopf und Fell feierte es sich dann schließlich auch besser, meint Mark: «Die Party war mordsgeil.»
Bei der Abschlussveranstaltung am Montag tritt Mark wieder als Bär auf und jubelt vor der Bühne den Medaillengewinnern zu. In einem kleinen Pavillon daneben suchen Helfer die nächsten Auszeichnungen zusammen, die gleich verliehen werden. Ein ganzer Schwung Goldmedaillen fällt aus kleinen Plastiktütchen, daneben stehen schon die Pokale für die Teamsportarten bereit.
Zwei Frankfurter Fußballer haben sich in den Pavillon geschummelt und proben schon einmal den Jubel, sie werden gleich oben auf dem Treppchen stehen. Doch auch alle anderen bekommen hier ihren verdienten Applaus für die Leistungen im Basketball, Fechten, Tennis, Tischtennis, Schach, Sportschießen oder Volleyball. Gruppenbilder mit dem Makkabären gibt es im Anschluss. Der lüftet seinen großen runden Kopf und beschließt zufrieden: «Man sieht, dass das hier eine Veranstaltung mit Zukunft ist.»