Berlin

Mahnwachen für ermordete Teenager

They Killed Our Boys» hat Mike Delberg auf ein Plakat geschrieben und hält es hoch. Gilad, Eyal und Naftali sind tot – und zur Mahnwache am Dienstagabend am Bebelplatz in Berlin-Mitte sind etwa 100 Teilnehmer gekommen, um gemeinsam zu trauern. Während wenige Meter weiter vom Sommerfest der Humboldt-Uni Dixieland-Jazz erschallt, wird auf dem Platz gemeinsam gebetet und das Kaddisch gesprochen.

«Unsere Gedanken sind bei den Familien», sagt Nicole Petrahn. Sie ist kein Gemeindemitglied, kennt aber Israel von mehreren Besuchen und trägt den Davidstern an der Halskette. Entsetzt ist sie von der Todesnachricht, aber auch darüber, was nun auf vielen Foren im Internet los ist.

Israel werde viel beschimpft – und das sei für sie noch ein weiterer Grund, die Israel-Fahne von der Wand ihres Wohnzimmers abzunehmen und zur Mahnwache zu kommen. «Es ist wichtig, ein Zeichen zu setzen», meint auch Andre Walde, der am Dienstagabend ebenfalls zum Bebelplatz gekommen ist.

Namen Jakob Ben-Kanaan und Sebastian Mohr, die die Mahnwache organisiert haben, haben Kerzen und Israel-Fahnen mitgebracht. Ebenso Fotos und Blätter, auf denen die Namen der drei Schüler stehen. Etliche stellen die Kerzen dazu. Neben Gemeindemitarbeitern und Mitgliedern kam auch Tal Gat von der israelischen Botschaft und einige, die mit der jüdischen Gemeinde gar nichts zu tun haben, aber über diese Tat schockiert sind.

Nach der 45-minütigen Mahnwache geht es spontan im Schweigemarsch zum Brandenburger Tor. Etwa 50 Menschen schließen sich an. «Vor einer Woche hatten wir hier gestanden mit unserer Bring-Back-Our-Boys-Aktion», sagt Mike Delberg. Doch schon damals waren Gilad, Eyal und Naftali nicht mehr am Leben.

Hoffen Zentralratspräsident Dieter Graumann reagierte am Montagabend entsetzt: «Die schreckliche Nachricht von der Ermordung der drei Jugendlichen hat mich persönlich zutiefst schockiert und macht mich ganz fassungslos. Wir alle haben 18 Tage lang so sehr gehofft und gebetet. Nun wissen wir: Drei völlig unschuldige junge Menschen sind Opfer von brutalen und bösartigen Terroristen geworden. Unser tiefes Mitgefühl gilt den Familien in dieser so schweren und schmerzhaften Zeit.» Er hoffe, dass die Entführer und Mörder der Jungen bald gefasst und ihrer Strafe zugeführt würden, sagte Graumann weiter.

Gemeinsam mit jüdischen Organisationen weltweit schließt sich der Zentralrat einer Initiative des World Jewish Congress an: Am Donnerstag, den 3. Juli, wird er seine Website www.zentralratdjuden.de um 21.25 Uhr, der Zeit der Entführung der drei israelischen Jungen am 12. Juni, für drei Stunden schwärzen.

Außerdem ruft der Zentralrat alle jüdischen Organisationen und Schulen in Deutschland dazu auf, ebenfalls am Donnerstag öffentlich ein Zeichen der Trauer und der Solidarität mit den Familien der Jungen zu setzen.

In Köln und Frankfurt wurde für Mittwoch, 18 Uhr, zu einem Schweigemarsch in den Innenstädten aufgerufen, in München, Hamburg und Wien wollten sich Menschen zu Mahnwachen versammeln.

Porträt der Woche

»Ich glaube an junge Menschen«

Ruchama Stern arbeitet mit Kindern und engagiert sich im Schüleraustausch

von Alicia Rust  23.02.2025

Bundestagswahl

Sie wollen mitentscheiden

Warum die Bundestagswahl für viele Jüdinnen und Juden etwas Besonderes ist

von Christine Schmitt  22.02.2025

München

Mäzen und Mentsch

Der Tod von David Stopnitzer ist ein großer Verlust für die jüdische Gemeinde

von Ellen Presser  22.02.2025

Oldenburg

Judenfeindliche Schmierereien nahe der Oldenburger Synagoge   

Im vergangenen Jahr wurde die Oldenburger Synagoge Ziel eines Anschlags. Nun meldet eine Passantin eine antisemitische Parole ganz in der Nähe. Die Polizei findet darauf noch mehr Schmierereien

 21.02.2025

Berlin

Eine krasse Show hinlegen

Noah Levi trat beim deutschen Vorentscheid für den Eurovision Song Contest an. In die nächste Runde kam er nicht, seinen Weg geht er trotzdem

von Helmut Kuhn  20.02.2025

Thüringen

Antisemitismus-Beauftragter soll »zeitnah« ernannt werden

Seit Dezember ist der Posten unbesetzt. Dem Gemeindevorsitzenden Schramm ist es wichtig, dass der Nachfolger Zeit mitbringt

 19.02.2025

Weimar

Erlebtes Wissen

Eine Fortbildung für Leiter jüdischer Jugendzentren befasste sich mit der Frage des zeitgemäßen Erinnerns. Unsere Autorin war vor Ort dabei

von Alicia Rust  18.02.2025

Bundestagswahl

Scharfe Worte

Über junge politische Perspektiven diskutierten Vertreter der Jugendorganisation der demokratischen Parteien in der Reihe »Tachles Pur«

von Pascal Beck  18.02.2025

Justiz

Vorbild und Zionist

Eine neue Gedenktafel erinnert an den Richter Joseph Schäler, der bis 1943 stellvertretender IKG-Vorsitzender war

von Luis Gruhler  18.02.2025