Wie buchstabiert man Max Mannheimer? Für die Schüler des Josef-Effner-Gymnasiums in Dachau was das eine ganz einfache Aufgabe: Menschlichkeit, Anteilnahme, Xenophilie und weiter M wie Mut, A wie Aktivität, N wie Neuanfang, N wie Nie wieder, H wie Humanität, E wie Engagement, I wie Information, M wie Mannigfaltigkeit, E wie Erinnerung – »weil das als Vermächtnis für die Zukunft wichtig ist« – und keinesfalls Rassismus. 13 Buchstaben, die 13 Gymnasiasten vom Balkon über dem Foyer im Jugendgästehaus in Dachau entrollten. Anlass war die Benennung des dortigen Bildungstraktes in »Max-Mannheimer-Studienzentrum«. Zahlreiche Persönlichkeiten aus Politik und Kultur sowie Zeitzeugen und Wegbegleiter Mannheimers konnte die pädagogische Leiterin des Hauses, Nina Ritz, zu diesem besonderen Anlass begrüßen. Der Dachauer Oberbürgermeister Peter Bürgel bezeichnete die Benennung des Bildungsbereichs nach Max Mannheimer als »Symbol gegen das Vergessen«. Landrat Hansjörg Christmann erinnerte an den langen Weg, Dachau zu einem Erinnerungsort zu machen.
Jugendgästehaus Die Errichtung des internationalen Gästehauses sei dabei Max Mannheimer zu verdanken – und auch Nikolaus Lehner, der den Entwicklungsprozess in Gang gesetzt habe. An den Schoa-Überlebenden Lehner, der nach der Befreiung aus dem KZ Dachau bis zu seinem Tod 2005 in Dachau lebte, erinnerte auch der Präsident des Deutschen Jugendherbergswerks, Gerhard Koller. Für den Vorsitzenden des Stiftungsbeirates des Jugendgästehauses erinnerte Klaus Schultz an Lehner und unterstrich das Miteinander, indem er sich an Max Mannheimer mit den Worten wandte, dass dieser die Benennung des Bildungstraktes nicht nur als eine Ehrung für sich sehe, sondern auch für die ehemaligen Häftlinge. Für Kultusminister Ludwig Spaenle schloss »sich heute der Kreis: 1945 ist Max Mannheimer in Seeshaupt befreit worden.
65 Jahre später wird das Studienzentrum des Jugendgästehauses nach Max Mannheimer benannt. Da schließt sich etwas, was gut zu werden verspricht.« Nach der Schoa, der größten Wunde, die in Deutschland geschlagen worden ist, seien Menschen, die das überlebt haben, bereit das »Nie wieder« gemeinsam auszusprechen. Es sei eine große Ehre, dass Max Mannheimer die Entscheidung, das Bildungszentrum nach ihm zu benennen, angenommen habe. Einige Überlebende und Wegbegleiter Mannheimers waren zu der Feierstunde gekommen, unter ihnen aus Israel Lydia Landau und Abba Naor. Auch der Präsident des Internationales Lagerkomitees Dachau (CID) Pieter Dietz de Loos war unter den Gästen der Feierstunde. Abba Naor bezeichnete die Benennung des Studienzentrums als eine Ehre auch für die Stadt Dachau. Für ihn, aber auch für viele Freunde sei Max Mannheimer immer ein großes Beispiel und sein persönliches Vorbild: »Du bist einer der bekanntesten Zeitzeugen in Deutschland überhaupt.«
Mit Blick auf die Bedeutung dieser Arbeit, so Naor, habe er gerade »eine E-Mail nach oben« geschickt und eine positive Antwort auf die Bitte nach noch langer Aktivität für den 90-jährigen Mannheimer erhalten. Auch wenn Max Mannheimer nach dieser Prognose noch mindestens 15 Jahre aktive Bildungs- und Erinnerungsarbeit leisten kann, so macht sich der Optimist, als den ihn Abba Naor charakterisiert hatte, gleichwohl Gedanken um die Zukunft (siehe Redeauszug rechts).
Aufklärung Am Tag des Festaktes stand allerdings erst einmal die Freude über die Ehrung im Mittelpunkt – und ein Dank an seine Wegbegleiter: »Viele von Ihnen haben mich in den vergangenen 24 Jahren begleitet und meine Arbeit unterstützt. Vieles wäre mir ohne diese Unterstützung nicht möglich gewesen – dessen bin ich mir bewusst.« Mannheimer verstand die Namensgebung »als Anerkennung für meine langjährige Aufklärungsarbeit«. Dabei vergaß er seinen Mitstreiter nicht: »Dabei möchte ich gerade in diesem Haus an einen Mann erinnern, der sowohl mit der Vorgeschichte wie der Entstehung des Jugendgästehauses maßgeblich verbunden ist. In dieser Feierstunde ist es mir wichtig, auf die Verdienste meines verstorbenen Freundes und Kameraden Nikolaus Lehner hinzuweisen.
Nikolaus Lehner ist mit seiner Familie in Dachau geblieben. Er hat sich nicht nur für eine Begegnungsstätte junger Leute aus allen Ländern unentwegt eingesetzt, er hat auch als Erster vor Dachauer Schülern als Zeitzeuge gestanden und stellte Kontakte her zwischen Gymnasien in Israel und Dachau. An ihn dürfen wir heute in Dankbarkeit denken.« Als der Optimist, als den ihn Abba Naor charakterisiert hatte, versicherte Max Mannheimer: »Ich habe noch viele Pläne und habe die Absicht, mit meiner Zeitzeugentätigkeit weiter zu machen, so lange der Herr mich lässt. Der Dialog mit den Jugendlichen hat bei mir absolute Priorität. Weil ich mir den Glauben an die Menschen bewahrt habe, glaube ich auch an die Möglichkeit, eine bessere Zukunft zu gestalten.«