Festakt

Lob für christlich-jüdische Zusammenarbeit

Gegen Antisemitismus und für ein gutes Miteinander: Vertreter aus Politik und Religion haben am Wochenende die christlich-jüdische Zusammenarbeit gewürdigt.

Anlass war das 70-jährige Bestehen des Deutschen Koordinierungsrats der Gesellschaften für Christlich- Jüdische Zusammenarbeit (DKR), das mit mehreren Veranstaltungen am Wochenende begangen wurde.

FESTAKT Am Samstag war Generalsekretär Rudolf W. Sirsch nach 19 Jahren in den Ruhestand verabschiedet worden. Seine Nachfolgerin ist Ilona Klemens, die erste Frau in dem Amt. Am Sonntag gingen die Feierlichkeiten mit einem prominent besetzten Festakt zu Ende, der auch im Zeichen des Anschlags von Halle stand.

Der Koordinierungsrat setzt sich vorbildlich für die Verständigung zwischen Christen und Juden ein, betonte Schäuble.

Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble würdigte in seinem Festvortrag die Arbeit und die Verdienste des Deutschen Koordinierungsrats der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit. Die bundesweit rund 80 Gruppen setzen sich vorbildlich »für die Verständigung zwischen Christen und Juden, den Kampf gegen Antisemitismus und Rechtsradikalismus sowie für ein friedliches Zusammenleben der Völker und Religionen« ein, so Schäuble.

GRÜNDUNG Angesichts des Gründungsjahres des DKR 1949 kurz nach dem Ende der Schoa betonte Schäuble, dass es große Anerkennung verdiene, »dass ein Miteinander entstand und der Dialog in Gang kam«.

Er sagte, dass es für Juden sehr schwer gewesen sein müsse, »sich den Schuldigen zuzuwenden«. Sie seien offen gewesen für den Dialog mit Christen, »die sich mit der Schuldfrage auseinandersetzen und die Ursachen des christlichen Antijudaismus erforschen und bekämpfen wollten«.

Die einzelnen Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit träten heute für Verständigung und gegen Antisemitismus ein, sagte Schäuble. Sie prägten in »entscheidender Weise« die religiöse Toleranz in Deutschland. Auch wenn »wir offensichtlich nicht so weit gekommen sind in der Verteidigung unserer Werte, wie wir hofften«. Die Gesellschaft müsse zudem immer wieder an den »Wert der Verständigung« erinnert werden.

Schäuble sagte, dass es für Juden sehr schwer gewesen sein müsse, »sich den Schuldigen zuzuwenden«.

Anders als in den Gründungstagen des DKR sei heute die Gesellschaft vielfältig und säkular. »So ist die jüdisch-christliche Deutung des Lebens und der Welt längst nicht mehr das einende Dach über unserer Gesellschaft«, sagte Schäuble. Insgesamt brauche es »die laute Stimme derer, die für die Werte unserer Demokratie und für die Anbindung an Werte der jüdischen und der christlichen Religion und Tradition einstehen«.

KIRCHE Der katholische Bischof Ulrich Neymeyr sagte in Richtung der Akteure des DKR: »Sie haben immer wieder die Verantwortlichen in den Kirchen ermahnt, sich mit dem antijüdischen Erbe christlicher Verkündigung auseinanderzusetzen, und Sie haben die Personen und Gruppen in den Kirchen unterstützt, die sich für ein neues Verhältnis zum Judentum eingesetzt haben.«

Das Wirken der Gesellschaften innerhalb des DKR habe in den vergangenen Jahrzehnten »reiche Früchte« getragen, so der Vorsitzende der Unterkommission für die religiösen Beziehungen zum Judentum der Deutschen Bischofskonferenz.

Seit Jahrzehnten stehen die Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit an der Seite der Juden, lobte der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster.

Die stellvertretende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, würdigte die Arbeit der vielen Einzelgesellschaften in den jeweiligen Regionen: Sie lebten »echte Gemeinschaft im Alltag«. Der DKR fördere auch mit der jährlichen Verleihung der Buber-Rosenzweig-Medaille in Wissenschaft, Kultur und Politik die Verständigung zwischen Juden und Christen. Insgesamt gingen vom Koordinierungsrat immer wieder »starke Impulse« aus.

FUNDAMENT Seit Jahrzehnten stünden die Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit an der Seite der Juden, betonte der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster. »Hier waren die Antennen für die Lage der jüdischen Gemeinschaft schon immer besser als in anderen Teilen der Gesellschaft.« Vor 70 Jahren hätten mutige und kluge Frauen und Männer das Fundament für ein »Haus des Dialogs der beiden Religionen« gelegt. »Heute muss ich sagen: Sie waren Visionäre.«

Den Anschlag auf eine Synagoge in Halle vor etwa zweieinhalb Wochen sei nicht nur für die jüdische Gemeinschaft eine »tiefe Zäsur«, so Schuster. Schäuble bezeichnete es als eine »Schande«, dass viele Juden schon lange keine Sicherheit mehr in Deutschland spürten. »Offenkundiges Versagen« müsse nun gründlich aufgearbeitet werden.  kna

Interview

»Wir reden mehr als früher«

Rabbiner Yechiel Brukner lebt in Köln, seine Frau Sarah ist im Herbst nach Israel gezogen. Ein Gespräch über ihre Fernbeziehung

von Christine Schmitt  13.03.2025

Bundeswehr

»Jede Soldatin oder jeder Soldat kann zu mir kommen«

Nils Ederberg wurde als Militärrabbiner für Norddeutschland in sein Amt eingeführt

von Heike Linde-Lembke  13.03.2025

Hamburg

Hauptsache kontrovers?

Mit der Verleihung der Buber-Rosenzweig-Medaille wurde die »Christlich-Jüdische Zusammenarbeit 2025 – 5785/5786« eröffnet. Die Preisträger sind in der jüdischen Gemeinschaft umstritten

von Heike Linde-Lembke  13.03.2025

Purim

Schrank auf, Kostüm an

Und was tragen Sie zum fröhlichsten Fest im jüdischen Kalender? Wir haben uns in der Community umgehört, was in diesem Jahr im Trend liegt: gekauft, selbst gemacht oder beides?

von Katrin Richter  13.03.2025

Feiertag

»Das Festessen hilft gegen den Kater«

Eine jüdische Ärztin über Alkoholkonsum an Purim und die Frage, wann zu viel wirklich zu viel ist

von Mascha Malburg  13.03.2025

Berlin

Persien als Projekt

Eigens zu Purim hat das Kunstatelier Omanut ein Wandbild für die Synagoge Pestalozzistraße angefertigt

von Christine Schmitt  13.03.2025

Wilmersdorf

Chabad Berlin lädt zu Purim-Feier ein

Freude sei die beste Antwort auf die aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen, sagt Rabbiner Yehuda Teichtal

 12.03.2025

Purim

An Purim wird »We will dance again« wahr

Das Fest zeigt, dass der jüdische Lebenswille ungebrochen ist – trotz der Massaker vom 7. Oktober

von Ruben Gerczikow  12.03.2025

In eigener Sache

Zachor!

Warum es uns besonders wichtig ist, mit einer Sonderausgabe an Kfir, Ariel und Shiri Bibas zu erinnern

von Philipp Peyman Engel  11.03.2025 Aktualisiert