Ohne Smartphone ginge wohl nichts im Leben des Nils Busch-Petersen. Denn der 48-jährige Rostocker hat zwei Berufe. Auf einer seiner beiden Visitenkarten steht, dass er Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Berlin-Brandenburg (HBB) ist. Auf der anderen steht »Festivaldirektor« des Louis-Lewandowski-Festivals. Der Eindruck, dass das eine nichts mit dem anderen zu tun haben könnte, täuscht.
Bei dem Festival, das zum ersten Mal stattfindet, werden acht der bekanntesten Chöre der Welt Musik von Louis Lewandowski, dem bedeutendsten Erneueres synagogaler Musik, aufführen. Geplant sind nicht nur Konzerte in den Berliner Synagogen, sondern auch in Kirchen. Eine organisatorische Mammutaufgabe, die Busch-Petersen übernommen hat. »Es ist, als würde man einen Sack Flöhe hüten.«
Liberal Jeder Chor hat so seine Eigenheit, was nicht nur mit der unterschiedlichen regionalen Herkunft – Jerusalem, Toronto oder Straßburg – zu tun hat. »Die einen wollen zum Beispiel nicht in Kirchen singen«, sagt der Festivaldirektor. »Und kurioserweise wollen manche ausschließlich dort auftreten. Andere dagegen möchten keinesfalls in Synagogen, die liberal sind.« Kleine Herausforderungen, die zur Abschlussveranstaltung des Festivals in der Synagoge Rykestraße dann wohl überwunden sein werden.
Denn zu diesem Zeitpunkt treten die acht Chöre gemeinsam auf. »Jeder darf nur zwei Lieder vortragen, doch dieses reduzierte Programm wird allein schon zweieinhalb Stunden dauern«. Nils Busch-Petersen hat bereits eine Choreografie ausgeklügelt, eine »Art Reise nach Jerusalem«. Denn bei 300 Menschen, die nacheinander auf die Bühne kommen, müsse man aufpassen, dass sie sich nicht auf die Füße treten.
Und dann wäre da noch eine Vielzahl anderer Herausforderungen zu meistern. Zum Beispiel der Schabbat, an dem keine Aufführungen stattfinden dürfen. Oder die Unterbringung der Chormitglieder und ihrer Familien. Weil viele Musiker mit Anhang anreisen möchten, wäre das ohnehin schon knappe Hotel-Budget beinahe gesprengt worden.
Supermarkt Doch das vielleicht größte Problem bestand darin, koscheres Essen für eine so große Menschenmenge zu organisieren. Da unterscheidet sich die deutsche Metropole noch immer von Paris, London oder Tel Aviv. Doch allmählich werde es besser, meint Busch-Petersen, denn inzwischen haben einige Supermärkte ein kleines koscheres Sortiment. Was aber sein zweites Leben als »Lobbyist«, wie er sich selbst nennt, mit dem Festival zu tun hat, ist leicht beantwortet: »Das hat natürlich mit Geld zu tun«, sagt Busch-Petersen. »Denn das kommt von den Händlern.« Mit denen ist Busch-Petersen sozusagen auf Du und Du.
Und so erzählt der BAG-Hauptgeschäftsführer, dass der Handel durch das Festival einen zusätzlichen verkaufsoffenen Sonntag, der ihnen sonst juristisch untersagt worden ist, zugestanden bekomme. Was an so einem Tag umgesetzt werde, könne man sich ja ausmalen.« Da gebe man im Gegenzug gerne mal ein wenig Geld für ein jüdisches Chorfestival. Und deshalb hat Busch-Petersen auch schon fast die Finanzierung für das nächste Event in der Tasche.
Das Festival findet vom 16. bis 18. Dezember statt.
Weitere Informationen gibt es auf der Homepage
www.louis-lewandowski-festival.de
Pünktlich zum Festival erscheint das Buch von
Jascha Nemtsov und Hermann Simon: Louis Lewandowski. »Liebe macht das Lied unsterblich«. Hentrich & Hentrich, Berlin 2011, 80 S., 8,90 €