Chuppa

Liebe in Zeiten des Krieges

Das Foyer des Hotels ist festlich geschmückt, im kleinen Garten wartet die Chuppa auf Eliza Chaya und Gabriel. Während Eliza strahlend auf dem weißen Sofa sitzt und sich geduldig fotografieren lässt, wirkt ihr Bräutigam im Tagungsraum eine Etage höher sehr ernst.

Auf dem Tisch liegen weiße Blumen, stehen Teller mit Gebackenem und Getränke bereit. Und langsam füllt sich auch der Raum – der Rabbiner und die Jungen, die ihre Barmizwa bereits gefeiert haben, treten ein. Rabbiner Yehuda Teichtal von Chabad Lubawitsch setzt noch die Namen in die Ketuba, und schließlich unterschreiben zehn Rabbiner. »Es ist ein wundervoller, schöner Tag«, betont Rabbiner Teichtal.

freude Ein Tag, auf den Eliza und Gabriel gewartet haben und der sie nach langer Zeit voll Bangen wieder mit Freude erfüllen soll. Im März flüchteten die beiden 21-jährigen Studenten vor dem Krieg in der Ukraine. Schutz fanden sie, wie viele andere Juden aus Odessa, in Berlin, wo sie von der Chabad-Gemeinde aufgenommen wurden.

Vor drei Jahren hatten sie sich beim Studium in Odessa kennengelernt, sind seitdem zusammen und haben sich schließlich verlobt. Doch es gab keine Möglichkeit mehr für sie, noch in Odessa zu heiraten. Und auch in Berlin erschien die Lage aussichtslos, da sie sich eine Feier finanziell nicht leisten konnten. »Also baten wir um Spenden, die auch kamen«, erzählt Yehuda Teichtal.

Vor drei Jahren hatten sie sich beim Studium in Odessa kennengelernt, sind seitdem zusammen und haben sich schließlich verlobt.

An diesem sonnigen Nachmittag ist es nun so weit: Die zweite Festlichkeit innerhalb weniger Tage ist voll im Gang, denn erst neulich hatten Eliza Chaya und Gabriel bereits ihre Hochschulexamen feiern können. Sie beendete ihr Jurastudium, er schloss sein Kunststudium ab. Am Freitag gab es ein Zoom-Meeting mit den Professoren aus Odessa – jetzt steht ein weiterer Schritt in ein neues Leben an.

foyer Im Foyer erklingt Musik. Kinder laufen umher, Babys werden herumgetragen, Mädchen kichern. Etwa 500 Gäste sind gekommen – viele auch aus einem Hotel, in dem Geflüchtete untergebracht sind, die von Chabad Lubawitsch unterstützt werden. So wie auch das Hotel, in dem Eliza und Gabriel heiraten werden.

Vor der Hoteltür wird derweil Rabbiner Yehuda Krinsky empfangen, der aus den USA angereist ist. Tagsüber hatte sich der Generalsekretär von Chabad in den USA die jüdische Traditionsschule angeschaut, und als er von der Hochzeit erfuhr, wollte er gerne dabei sein. Und nun sieht er auch Gabriel, der im Kittel die Treppen hinunterkommt. Er ist für einen neuen Lebensabschnitt bereit.

Eliza wird von mehreren Frauen zur Chuppa geführt. Die Mütter der beiden sind bei der Zeremonie dabei. Sieben Mal wird Eliza um ihren Bräutigam herumgeführt, dann stehen beide nebeneinander. Ein Rabbiner liest den Text des Hochzeitsvertrags vor, er sagt dem jungen Paar, dass sie ein Haus bauen, sich ehren und viele Kinder bekommen sollen. Es folgen die sieben Segenssprüche, bei denen sich die Rabbiner abwechseln.

schleier Gabriel nimmt ihr den Schleier ab. Die Brautleute trinken zusammen vom Wein, und schließlich steckt er ihr einen schlichten Ring aus Gold an. Als Gabriel auf das Glas tritt und es zerbricht, rufen alle »Masal Tow«. Nun können sie sich in die Arme fallen, gratulieren und Geschenke überreichen.

Draußen warteten unterdessen bereits mehrere Autos, um die Gäste in ein anderes Hotel zu bringen, wo bis tief in die Nacht gefeiert werden sollte.
Die Fahrt in das Hotel ist zugleich auch eine Fahrt zurück in die Realität nach der Hochzeit, denn die mehreren Hundert ukrainischen Geflüchteten, die dort derzeit wohnen, können laut Teichtal nur noch bis Ende August bleiben. »Wir brauchen dringend eine neue Unterkunft«, sagt Rabbiner Yehuda Teichtal.

Forschung

Vom »Wandergeist« einer Sprache

Die Wissenschaftlerinnen Efrat Gal-Ed und Daria Vakhrushova stellten in München eine zehnbändige Jiddistik-Reihe vor

von Helen Richter  14.01.2025

Nachruf

Trauer um Liam Rickertsen

Der langjährige Vorsitzende von »Sukkat Schalom« erlag seinem Krebsleiden. Er war ein bescheidener, leiser und detailverliebter Mensch

von Christine Schmitt  14.01.2025

Porträt der Woche

Keine Kompromisse

Rainer R. Mueller lebt für die Lyrik – erst spät erfuhr er von seiner jüdischen Herkunft

von Matthias Messmer  12.01.2025

Familien-Schabbat

Für den Zusammenhalt

In den Synagogen der Stadt können Kinder und Eltern gemeinsam feiern. Unterstützung bekommen sie nun von Madrichim aus dem Jugendzentrum »Olam«

von Christine Schmitt  12.01.2025

Köln

Jüdischer Karnevalsverein freut sich über großen Zulauf

In der vergangenen Session traten 50 Neumitglieder dem 2017 gegründeten Karnevalsverein bei

 11.01.2025

Vorsätze

Alles neu macht der Januar

Vier Wochen Verzicht auf Fleisch, Alkohol und Süßes? Oder alles wie immer? Wir haben Jüdinnen und Juden gefragt, wie sie ihr Jahr begonnen haben und ob sie auf etwas verzichten

von Brigitte Jähnigen, Christine Schmitt, Katrin Richter  09.01.2025

Würdigung

»Vom Engagement erzählen«

Am 10. Januar laden Bundespräsident Steinmeier und seine Frau zum Neujahrsempfang. Auch die JSUD-Inklusionsbeauftragte Jana Kelerman ist dabei

von Katrin Richter  09.01.2025

Gedenktag

Uraufführung mit den »Violins of Hope«

Ein besonderes Konzert anlässlich des 80. Jahrestags der Befreiung von Auschwitz hat sich das Rundfunk-Sinfonieorchester vorgenommen. Es interpretiert ein Werk für die Geigen, die die Schoa überstanden haben

von Christine Schmitt  08.01.2025

Universität

Preise der »World Union of Jewish Students« in Berlin vergeben

Die weltweite Vertretung jüdischer Studierender hat ihr 100-jähriges Bestehen gefeiert und besonders verdienstvolle Personen und Verbände ausgezeichnet

 07.01.2025