Als die Wormser Mikwe im November 2016 wegen möglicher Einsturzgefahr für den Publikumsverkehr geschlossen wurde, hörte sich dies gar nicht gut an. Denn die Nachricht platzte mitten in die Vorbereitungen zur Bewerbung der SchUM-Städte, Speyer, Worms und Mainz, um die Aufnahme in die UNESCO-Welterbeliste.
Und dafür will man natürlich zeigen, was man zu bieten hat. Es geht um sechs verschiedene Stätten: in Speyer der Judenhof mit Synagoge und Mikwe, in Worms der älteste jüdische Friedhof Europas, die Synagoge und die 1185/86 errichtete Mikwe sowie in Mainz der »Denkmalfriedhof« an der Mombacher Straße.
Inzwischen aber erweist sich das nun begonnene Pilotprojekt der Sanierung des Ritualbades als zusätzliche Motivation für die Bewerbung. Denn auf diese Weise ist eine Dynamik entstanden, die sich positiv auswirken könnte. Das zeigte sich vor Kurzem in Worms bei einem wissenschaftlichen Kolloquium unter dem Titel »Lebendiges Wasser«, der darauf anspielen sollte, dass Mikwen – so eine These unter vielen – nicht in stehendem Wasser angelegt werden sollen, sondern auf fließendes Wasser angewiesen seien. Die Nähe der SchUM-Städte zum Rhein galt daher als ideal für den Bau von Ritualbädern.
Bauforschung Die Untersuchungen waren kein Selbstzweck, betonte Christian Kayser vom Münchener Büro Barthel und Maus, der die aktuellen Bauforschungsergebnisse präsentierte. Sein Team hat die Mikwe millimetergenau vermessen und dabei viele neue Details entdeckt. So wurden die Baupläne während des Baus offenbar mehrfach korrigiert, um das Bad in seine natürliche Umgebung einzupassen.
Um die Wormser Mikwe trotz der Schließung erlebbar zu machen, haben der Wormser Kulturkoordinator Volker Gallé und Susanne Urban, Geschäftsführerin des Vereins SchUM-Städte, zudem eine Stele für den Synagogengarten anfertigen lassen. Ein QR-Code führt zu einer neuen Internetseite, die die Wormser Mikwe vorstellt und allgemeine Informationen zu jüdischen Ritualbädern liefert. Bildergalerien zur Wormser Mikwe und ihrem größeren, älteren baulichen Vorbild in Speyer vermitteln Eindrücke dieser einzigartigen Räume. Weitere Bildergalerien illustrieren die Bedeutung von Ritualbädern.
Durch die virtuelle Aufarbeitung könne man die Besucher nun wieder in die Wormser Mikwe hineinnehmen, ohne dass sie in das Ritualbad hinabsteigen, erläutert Susanne Urban. Die Restaurierung selbst kann bis zu zehn Jahre dauern. Zunächst müssten weitere Untersuchungen angestellt werden, bevor konkrete Sanierungsschritte angegangen werden können. Bis 2020 soll der detaillierte Antrag der SchUM-Städte dem UNESCO-Welterbe-Komitee vorliegen. 2021 fällt die Entscheidung.