Zweige mit Rosenblüten, gelbe Blüten vom »Mädchentraum« – und die Kinder sind selig. Alina, Kira und Joshua dürfen die Sukka im Gemeindezentrum der Jüdischen Gemeinde Segeberg, der Synagoge Mishkan HaZafon schmücken. Einen Tag zuvor, einen Tag nach Jom Kippur, haben die Erwachsenen die Sukka direkt vor die Eingangstür des ersten jüdischen Kindergartens Schleswig-Holsteins mit dicken Stämmen, Ästen und belaubten Zweigen gebaut. Der Blick zum Himmel ist frei, Etrog, Lulaw, Hadassin und Arawot stehen bereit.
Die zwei- bis dreijährigen Kinder gehören zu den ersten des jüdischen Kindergartens. Eine ähnliche Einrichtung gab es vor der Schoa nur im »Sidonie-Werner-Heim«, einem Waisenhaus für jüdische Kinder, das von der Frauen- und Kinderrechtlerin Sidonie Werner (1860-1932) gegründet und bis zu ihrem Tod geleitet worden war. In Angedenken an die Pionierin der Frauen- und Kinderrechte benannte die Segeberger Gemeinde den Kindergarten nach ihr.
Eingewöhnung »Alina fühlt sich hier sehr wohl«, sagt ihre Mutter Sonja Schwarzburg. Sie ist Krankenschwester am benachbarten Segeberger Kurklinikum und froh, diesen Kindergartenplatz gefunden zu haben. »Ich habe mit der Kita meiner ersten Tochter so einiges erlebt, und aus dieser Erfahrung heraus finde ich diese Einrichtung einfach nur gut«, sagt Sonja Schwarzburg. »Wo gibt es schon drei Betreuerinnen und Betreuer für nur 15 Kinder?«, fragt sie und lobt die besondere familiäre und kindgerechte Atmosphäre, den Ruheraum und die große Spielwiese mit zahlreichen Klettergeräten, Schaukeln und großer Sandkiste.
Gern greift Sonja Schwarzburg selbst zu einigen Blüten und Zweigen, um die Sukka zu schmücken, denn sie freut sich, dass sich Alina hier wohlfühlt. Dabei war der Anfang kritisch. »Doch dank der langsamen Eingewöhnungsphase, die uns hier gegeben wird, hat sich Alina jetzt gut eingelebt«, sagt die Mutter. In den ersten Tagen hat sie ihre Tochter begleitet, ist mit ihr im Kindergarten geblieben, damit sich die Tochter behutsam an die Umgebung und die neuen Gesichter gewöhnt.
Methode »Wir arbeiten nach dem Erziehungsprinzip Maria Montessoris, die sich konsequent auf die Bedürfnisse der Kinder einstellt und deren Persönlichkeit fördert«, sagt Myriam Blender, Leiterin des Kindergartens. Deshalb kämen auch nicht alle Kleinen auf einmal in den Kindergarten, sondern jede Woche, jeden Monat würden wieder »neue« Kinder begrüßt.
So hätten sie Zeit, sich auf die anderen Kita-Kinder und die Erzieher einzustellen, ohne Konkurrenz von anderen Neuen. »Wir können uns während dieser Zeit den Neuankömmlingen intensiv widmen und ihnen die Eingewöhnungszeit leicht machen«, ergänzt Alexander Bednarsch. Der 25-jährige Heilerziehungspfleger wurde als männliche Bezugsperson zu Kita-Leiterin Myriam Blender und Martina Wecker ins Kita-Team aufgenommen. Wecker ist Sozialpädagogik-Assistentin, Kinderkrankenschwester und Mutter von vier Kindern.
planung »Jetzt haben wir sieben Kinder, sechs davon sind im Krippenalter«, sagt Myriam Blender und verweist darauf, dass der jüdische Kindergarten auch nichtjüdischen Kindern offensteht. Sie hat für ihre Arbeit als Kita-Leiterin eine Fortbildung absolviert, um Migrantenkinder sprachlich optimal betreuen zu können. »Wir wollen Fremdheit, egal, aus welcher Situation sie entstehen könnte, gar nicht erst aufkommen lassen«, erklärt Blender. Im Oktober kommen die nächsten drei Kinder, im November ein weiteres Kind und bis Februar sollen sich alle 15 Kinder eingelebt haben. Schon jetzt existiert eine Warteliste. Und welches Kind ist nun jüdisch? Ziemlich egal. Und prompt mischen Alina, Joshua und Kira »Lama Sukka Zu, Aba Tov She Li«, mit »Laterne, Laterne, Sonne, Mond und Sterne«. Schließlich ist nicht nur Sukkot in Bad Segeberg. Sondern auch Laternenzeit.