Lang anhaltender Applaus im ehemaligen Frachtraum des Jüdischen Kulturschiffes – das Publikum ließ sich von den Künstlern, die einen Kurt-Weill-Abend auf die kleine Bühne brachten, mitreißen und spendete ordentlich Beifall. »Die Hütte war ausverkauft«, sagt Vorsitzender Peter Sauerbaum. Und das würden sich sein Team und er öfter wünschen.
Das Jüdische Kulturschiff lädt seit einem Jahr zu einem abwechslungsreichen Programm ein, mal liegt es in Spandau, mal am Wannsee, in Mitte oder es ist auf den Wasserstraßen Brandenburgs unterwegs. Zeit, auf die vergangenen zwölf Monate zurückzublicken: »Unsere schwimmende Bühne entwickelt sich immer mehr zu einer lebendigen, interkulturellen Plattform des Austauschs und der kreativen Begegnung, aber bei unserer Auslastung ist noch Luft nach oben«, so Sauerbaum.
finanzierung Die größte Schwierigkeit liege derzeit in der Finanzierung. Über den Ticketverkauf und durch die Unterstützung von Sponsoren werden die Kosten bestritten. »Aber die werden – wie in allen Bereichen – immer höher«, so Sauerbaum. Die Refinanzierung klappe nicht so wie gedacht, denn der Berliner Senat engagiere sich nicht wie erhofft. »Wir sind ein Newcomer und nur ein Mosaik-Steinchen in der vielfältigen Kulturlandschaft Berlins, aber wir gehen einer wichtigen Aufgabe nach«, so Sauerbaum. »Da hätte ich mir auch von dieser Seite mehr Unterstützung gewünscht.«
Neben Konzerten, Theaterinszenierungen, Filmvorführungen und Lesungen gibt es auch das Programm »Meet a Rabbi«, bei dem Schüler von der siebten Klasse an aufwärts Rabbiner und Kantoren kennenlernen, die ihnen das Judentum erklären. Auch angehende Polizisten nutzen das Angebot.
»Wir lösen erfolgreich unseren Anspruch ein, mit den Mitteln der Kultur gegen Antisemitismus, Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Demokratie-Verdrossenheit anzukämpfen.« Demnächst soll es auch Workshops über den Islam geben.
Die »MS Goldberg«, so der Name des Schiffes, wurde 1964 gebaut. »Sie ist nicht mehr die Jüngste, aber es geht ihr gut.« Nur ein Sensor, der für den Anker zuständig ist, schwächelte kurzfristig. Geändert wurde noch die Bestuhlung, von 190 auf 160 Plätze, damit alle Zuschauer mehr Platz haben.
heimathafen Im Heimathafen Spandau, in der von Migranten geprägten Wilhelmstadt, hätten die Mitarbeiter keine Schwierigkeiten gehabt. Wenn, dann kamen mal interessierte Nachfragen, was es mit dem jüdischen Kulturschiff auf sich habe. Ganz anders ist die Erfahrung am Wannsee: »Da haben wir antisemitische Beleidigungen erlebt.«
Im Spätsommer wird die Goldberg am Schiffbauerdamm anlegen, denn dann finden die Jüdischen Kulturtage statt. Im September und Oktober geht die Crew mit dem Frachter auf Brandenburg-Tournee, im Rahmen der Aktion »Tolerantes Brandenburg«. Ziele sind Brandenburg an der Havel, Schwedt, Eisenhüttenstadt und Frankfurt an der Oder.
Worauf sich Peter Sauerbaum auch sehr freut, ist die neue Filmreihe mit Knut Elstermann, der alte DEFA-Filme mitbringt. »Wir möchten weiterhin das jüdische Leben in Geschichte und Gegenwart aufzeigen.« Einen Traum teilen alle Mitglieder des Kulturschiffs: ein Café auf dem Deck. Aber das würde dann gleich wieder teuer. »Es ist ja nicht mit ein paar Liegestühlen an Deck getan. Wir brauchen ein stabiles Geländer, das während der Fahrt schnell zusammengeklappt werden müsste. Sonst passen wir in Berlin nicht unter allen Brücken durch.«
Mehr Informationen unter www.goldberg-kulturschiff.de