Erfurt, Weimar, Eisenach. Zum fünften Mal finden in Thüringen die Achava-Festspiele statt. Ein Festival mit jüdischem Kern und einer Strahlkraft in die ganze Breite kultureller Begegnungsmöglichkeiten: mit Musik, Tanz, Theater, Bildender Kunst, aber auch Gesprächen über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Vom 19. bis 29. September geht es um die Fragen: »Wo geht es mit uns und der Welt hin? Was treibt uns um, was treibt uns an? Was macht uns Sorgen? Was trennt und was verbindet uns? Das alles ist Achava«, sagt Martin Kranz, Intendant der Festspiele.
Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, hat die Schirmherrschaft übernommen. Er erinnert an die Kraft des Gemeinsamen: »Das hebräische Wort Achava bedeutet Brüderlichkeit. In diesem Sinn bringt das Festival Menschen zusammen und stellt den Austausch zwischen verschiedenen Religionen und Kulturen in den Mittelpunkt.«
Begegnungen Bodo Ramelow, Thüringens Ministerpräsident, nennt in seiner Grußadresse das Festival einen »Aufruf und eine Ermutigung für uns alle, miteinander ins Gespräch zu kommen und anderen Kulturen mit geistiger Offenheit zu begegnen«. Er schätzt besonders die Bildungsarbeit des Festivals. Es bestärke Schülerinnen und Schüler, verschiedene religiöse und kulturelle Überzeugungen wertzuschätzen.
Einige Programmpunkte finden auch in Weimar und Eisenach statt.
Aus der Not hat Festival-Manager Kranz eine Tugend gemacht. Im vergangenen Jahr fand das Kulturereignis immer in der Erfurter Peterskirche statt. Da sie wegen Renovierungsarbeiten nicht zur Verfügung steht, wurden die Veranstaltungen auf Weimar und Eisenach ausgedehnt. Heute ist in Thüringen die Jüdische Landesgemeinde mit rund 700 Mitgliedern engagiert und kulturell gut sichtbar aktiv. Dem gibt Achava Bestätigung und verweist zudem auf die reiche jüdische Geschichte in Thüringen, aber auch auf ihre dunkle Seite, den Kulturbruch in der NS-Zeit.
Für kulturelle Begegnung auf höchstem Niveau und Erinnerung an das Versagen religiöser, humanitärer Standards steht gleich der Auftakt am 19. September in Eisenach. Das Eröffnungskonzert in der Georgenkirche gestaltet der Mandolinen-Weltstar Avi Avital mit dem jungen Thüringer Bach Collegium.
Der Spannungsbogen reicht von Barockmusik bis Jazz. Zu Gehör kommen nicht nur Antonio Vivaldis Mandolinen-Konzert und Johann Sebastian Bachs Cembalo-Konzert d-Moll. Es werden auch Werke des 1942 im Konzentrationslager an Tuberkulose gestorbenen Komponisten Erwin Schulhoff aufgeführt.
Kirchengeschichte Davor lädt die Stiftung Luther-Haus Eisenach zu einer Ausstellung über ein dunkles Kapitel der Kirchengeschichte ein: »Erforschung und Beseitigung. Das kirchliche Entjudungsinstitut 1939–1945«. Aufgezeigt werden die Wurzeln und Aktivitäten dieses Instituts, die Folgen seines Wirkens und der mühsame Weg zur historischen Aufarbeitung nach 1945.
Ein musikalischer Höhepunkt ist das Zusammentreffen der Staatskapelle Weimar mit der A-cappella-Formation Maybebop.
Eisenach erlebt vom 19. bis 22. September ein großes Kulturwochenende mit Schabbatfeier, Kalligrafie-Werkstatt, jüdisch-christlichem Dialog, einer Kinderstadtführung zum Thema jüdisches Leben in Eisenach, einem Konzert des Synagogalchors Leipzig und vielem mehr.
In Erfurt kontrastieren eine Ausstellung des fantastisch-realistischen Lebenswerks Arik Brauers und eine opulente Aufführung der Missa Cum Jubilo des Domorganisten Silvius von Kessel mit der Ausstellung Angezettelt im Erinnerungsort Topf & Söhne.
Buchenwald-Häftlinge In Weimar sind nach wie vor in einer Freilichtausstellung die großen Porträts von Buchenwald-Häftlingen zu sehen. Ein Film und eine hochrangig besetzte Diskussionsrunde, geleitet vom Direktor der Stiftung Gedenkstätte Buchenwald, Volkhard Knigge, geht der Frage nach: »Welche gesellschaftliche Relevanz hat eine KZ-Gedenkstätte mehr als 70 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs?
Ein musikalischer Höhepunkt in der Goethe-Stadt ist das Zusammentreffen der Staatskapelle Weimar, des ältesten Orchesters Deutschlands, mit der jungen, europaweit gefeierten A-cappella-Formation Maybebop. Volkslieder zum Mitsingen sowie internationale Songs stehen auf dem Programm.
Achava ist ein äußerst gelungenes Beispiel dafür, dass die Bündelung von Kulturarbeit zu Ergebnissen führt, die eine Institution allein nicht zustande bringen könnte. Intendant Kranz ist ein Kulturnetzwerker mit besonderem Talent. Er hat Kooperationen geschaffen, die das Festival erst so richtig zum Strahlen bringen und der Aufklärung verpflichtet sind.