Frankfurt

Kultur und Hilfe

WIZO-Bücherstand: »Jeder Cent des Basars sollte nach Israel gehen«, sagt Simone Graumann. Foto: screenshot

»Jeder ist Jemand«: Die Überzeugung des Dramatikers George Tabori gilt auch für die vielen Mitstreiterinnen der WIZO Frankfurt. Mit der Kampagne »WIZO Safety« werden Frauen und Kinder in Israel, die Opfer von häuslicher Gewalt geworden sind, in einer eigens gegründeten Notunterkunft aufgenommen.

»Jeder Cent des Basars sollte nach Israel gehen«, sagt Simone Graumann, ehemalige Präsidentin der WIZO Deutschland. Doch statt des freudig erwarteten Basars fand wegen der Corona-Auflagen am vergangenen Sonntag eine von Bärbel Schäfer moderierte »Zoom«-Veranstaltung im Netz statt – mehr als 100 Teilnehmer waren dabei. Motto des Nachmittags: »Wir sind zusammen – Basarfeeling für alle«. Sie ist ab Donnerstag im Internet zu verfolgen.

Gründungsmitglieder Familiär, nahbar und »very busy«, so kennt man den Frankfurter WIZO-Basar, der zum ersten Mal vor 60 Jahren im Römer abgehalten wurde. Mehrere Gründungsmitglieder gaben Statements ab wie Esther Sharell, die bekannte: »Hätten wir gewusst, worauf wir uns einlassen, hätten wir es nicht gemacht.«

Und sechs Jahrzehnte später – die Verordnungen zu Covid 19 unterbinden nicht nur Veranstaltungen wie den WIZO-Basar – sagte Rachel Singer, ebenfalls eine WIZO-Dame der ersten Stunde und Ehrenpräsidentin von WIZO Deutschland, fügte hinzu: »Was uns aktuell am meisten fehlt, ist der Duft der weiten Welt.«

»Jeder ist Jemand«: 160 Frauen und etwa 250 Kinder fanden bisher in der Notunterkunft ein temporäres Zuhause. In einem kleinen Filmbeitrag berichten Betreuerinnen von den Nöten der Frauen. Moderatorin Bärbel Schäfer erklärt: »Der Lockdown im Frühjahr war die schlimmste Zeit, die Frauen waren eingesperrt, bedroht und ihren Tätern ausgeliefert, manche hat gesagt, mein größter Feind liegt neben mir im Bett.« Wenn möglich, sollen Frauen und Kinder nach kurzem Aufenthalt in der Notunterkunft in eines der 14 Frauenhäuser in Israel umziehen. Die WIZO betreibt zwei. Finanzielle und ideelle Unterstützung ist also wichtiger denn je.

wizo-kids »Macht doch eine Tombola, wenn der traditionelle Basar schon nicht stattfinden kann«, hatte ein Frankfurter Sponsor vorgeschlagen. »Aus dieser Idee wurde unsere über zweistündige Zoom-Veranstaltung«, verrät Simone Graumann der Jüdischen Allgemeinen. Eine gute Gelegenheit, auch den potenziellen Nachwuchs, die WIZO-Kids, vor der Kamera zu präsentieren. »Das Schönste am WIZO-Basar«, sagte eines, sei doch, »den Kindern in Israel zu helfen«.

»Die Corona-Krise zeigt uns wie mit einem Scheinwerfer, welche gesellschaftlichen Probleme wir in Wissenschaft und Glauben haben.«

Michel Friedman

In dem Gespräch zwischen Michel Friedman und der Journalistin Esther Schapira kamen ernste Töne in den digitalen Talk. »Corona legt es bloß – die geostrategische Welt wird neu verhandelt«, sagt Friedman. Gemeinsam mit dem Soziologen Harald Welzer hat er das Buch Zeitenwende geschrieben. Die EU verbrösele wie selten zuvor, Deutschland habe es 20 Jahre zu spät erkannt, der zivilisatorische Rückschritt sei dramatisch, so Friedman.

»Die Corona-Krise zeigt uns wie mit Scheinwerfern, welche gesellschaftlichen Probleme wir in Wissenschaft und Glauben haben«, ist Friedman überzeugt. Und er sei »erstaunt, wieviele Menschen auch in Bezug auf den Antisemitismus beruhigt« seien, nachdem Motto: Ich habe nichts damit zu tun, also geht es mich auch nicht an. Das Buch Zeitenwende solle beunruhigen.

Bücher Wenn schon kein israelischer Wein, keine exotischen Früchte, nicht der wunderbare Schmuck und die Spenden durch eine Tombola bei einem fröhlich-turbulenten WIZO-Treffen im Ignatz-Bubis-Gemeindezentrum derzeit zum Erlös für die Hilfe in Israel beitragen können, dann vielleicht der Verkauf von Büchern.

In einem Filmbeitrag, der ein wenig den »Duft der weiten Welt« über die Bildschirme brachte, durfte Masterkoch Tom Franz für sein neues Kochbuch Israel kocht vegetarisch werben.

»Es war einmal und wird auch wieder.« Mit hoffnungsvollen Worten von Nicole Faktor, Präsidentin von WIZO Deutschland, sehen alle Frankfurter Mitstreiterinnen dem nächsten Basar entgegen.

Forschung

Vom »Wandergeist« einer Sprache

Die Wissenschaftlerinnen Efrat Gal-Ed und Daria Vakhrushova stellten in München eine zehnbändige Jiddistik-Reihe vor

von Helen Richter  14.01.2025

Nachruf

Trauer um Liam Rickertsen

Der langjährige Vorsitzende von »Sukkat Schalom« erlag seinem Krebsleiden. Er war ein bescheidener, leiser und detailverliebter Mensch

von Christine Schmitt  14.01.2025

Porträt der Woche

Keine Kompromisse

Rainer R. Mueller lebt für die Lyrik – erst spät erfuhr er von seiner jüdischen Herkunft

von Matthias Messmer  12.01.2025

Familien-Schabbat

Für den Zusammenhalt

In den Synagogen der Stadt können Kinder und Eltern gemeinsam feiern. Unterstützung bekommen sie nun von Madrichim aus dem Jugendzentrum »Olam«

von Christine Schmitt  12.01.2025

Köln

Jüdischer Karnevalsverein freut sich über großen Zulauf

In der vergangenen Session traten 50 Neumitglieder dem 2017 gegründeten Karnevalsverein bei

 11.01.2025

Vorsätze

Alles neu macht der Januar

Vier Wochen Verzicht auf Fleisch, Alkohol und Süßes? Oder alles wie immer? Wir haben Jüdinnen und Juden gefragt, wie sie ihr Jahr begonnen haben und ob sie auf etwas verzichten

von Brigitte Jähnigen, Christine Schmitt, Katrin Richter  09.01.2025

Würdigung

»Vom Engagement erzählen«

Am 10. Januar laden Bundespräsident Steinmeier und seine Frau zum Neujahrsempfang. Auch die JSUD-Inklusionsbeauftragte Jana Kelerman ist dabei

von Katrin Richter  09.01.2025

Gedenktag

Uraufführung mit den »Violins of Hope«

Ein besonderes Konzert anlässlich des 80. Jahrestags der Befreiung von Auschwitz hat sich das Rundfunk-Sinfonieorchester vorgenommen. Es interpretiert ein Werk für die Geigen, die die Schoa überstanden haben

von Christine Schmitt  08.01.2025

Universität

Preise der »World Union of Jewish Students« in Berlin vergeben

Die weltweite Vertretung jüdischer Studierender hat ihr 100-jähriges Bestehen gefeiert und besonders verdienstvolle Personen und Verbände ausgezeichnet

 07.01.2025