Ein roter Teppich war zwar nicht ausgerollt, und Bären gab es auch keine. Doch es war durchaus ein glücklicher Umstand, dass einen Tag, nachdem der »Goldene Bär« an den israelischen Regisseur Nadav Lapid ging, im Kölner Gemeindezentrum das erste Filmfest stattfand. Die Kölner Gruppe der Women’s International Zionist Organization (WIZO) hatte unter dem Motto »Bagels & Movies« in den Gemeindesaal eingeladen. Gezeigt wurden drei Filme des preisgekrönten Dokumentarfilmers, Regisseurs und Drehbuchautors Eric Friedler.
»Wie es im Kino üblich ist, gibt es auch bei uns vor dem eigentlichen Film einen Vorfilm«, kündigte Orly Licht, die Vorsitzende der Kölner WIZO-Gruppe, zu Beginn des Filmfests an. Das bedeutete, dass es vor jedem Film von Eric Friedler eine kleine filmische Dokumentation über die segensreiche Arbeit und die Sozialprojekte der weltweit größten Frauenorganisation zu sehen gab.
gespräche »Bitte bleiben Sie auch nach dem Hauptfilm«, ergänzte Orly Licht und wies darauf hin, dass Eric Friedler nach jedem Film für ein Gespräch zur Verfügung stand. Diese Gelegenheit wurde von vielen Zuschauern genutzt, und es ergaben sich sehr lebhafte Gespräche. »Ich bin begeistert, dass so viele Menschen gekommen sind, um sich die Filme zusammen anzuschauen und danach auch noch mit mir darüber so eindringlich zu sprechen«, betonte Friedler. Der 47-Jährige zeigte sich zudem beeindruckt, »dass viele Zuschauer sich so intensiv mit den unterschiedlichen Themen auseinandergesetzt und engagierte Fragen gestellt haben«.
Die WIZO-Damen konnten sich am Ende des Tages nicht nur über einen Erlös für eine Kindertagesstätte in Givat Yearim freuen, sondern vor allem darüber, dass viele Menschen den Weg zur Veranstaltung fanden, die bislang noch keine Berührungspunkte mit WIZO oder mit der jüdischen Gemeinde im Herzen von Köln hatten. »Wir haben neue Mitglieder gewonnen, und viele Personen wollen in unseren Verteiler aufgenommen werden«, fasste die Kölner WIZO-Frau Golda Nasta zusammen.
Die WIZO-Frauen, erkennbar an ihren einheitlichen T-Shirts mit dem markanten Schriftzug der Women’s International Zionist Organization, hatten den Gemeindesaal und das Foyer liebevoll vorbereitet. Sie hatten auch reichlich für das leibliche Wohl der Besucher mit koscheren Speisen und Getränken gesorgt. Und die Besucher kamen in Scharen. Trotz des frühlingshaften Wetters, das viele in die Natur lockte, sahen sich mehr als 300 Gäste – unter ihnen Rabbiner Yechiel Brukner und seine Frau Sarah, der Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Abraham Lehrer, sowie Vorstandsmitglieder der Synagogen-Gemeinde – mindestens einen der drei Filme an.
Die Schauspieler von
»Eis am Stiel« waren
die eigentlichen
Verlierer des Films.
publikum Das Publikum war bunt gemischt: Familien mit Kleinkindern, ältere Menschen, Gemeindemitglieder, Stammgäste des jährlichen WIZO-Balls, begeisterte Cineasten und viele interessierte Menschen aus Köln und Umgebung. »Ich war noch nie in der Synagoge, und ich freue mich sehr, dass dieses Format beim ersten Mal so gut funktioniert hat«, resümierte Thomas Risse, der bereits beim WIZO-Ball als Sponsor engagiert ist. Auch das Filmfest möchte er zukünftig fördern. Besucherin Ute Levy sagte: »Ich unterstütze alles, was der Gemeinde guttut. Die WIZO-Damen sind wirklich sehr kreativ und äußerst professionell.«
Gezeigt wurde mit drei Filmen zwar nur ein kleiner Ausschnitt aus dem umfangreichen Schaffen des Hamburger Regisseurs. Doch mit It Must Schwing!, Eskimo Limon sowie The Voice of Peace bekamen die Besucher einen guten Einblick in die facettenreiche Arbeit des Filmemachers, der unter anderem mehrfach mit dem Grimme-Preis, dem Deutschen Fernsehpreis sowie dem Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis ausgezeichnet worden ist.
Unter welchen drastischen Bedingungen im Jahr 1978 der skandalträchtige Film Eis am Stiel entstand, zeigt Friedler in seinem Dokumentarfilm Eskimo Limon von 2018. In dem von Trude Lehrer nach dem Film moderierten Gespräch wurde deutlich, dass die Hauptdarsteller des einstigen Welthits die eigentlichen Verlierer des Films sind. »Der Dokumentarfilm von Eric Friedler ist für die Schauspieler sicherlich so etwas wie eine Therapie, denn deren Lebensweg nach dem erfolgreichen Film verlief für fast alle von ihnen sehr schwierig«, fasste Trude Lehrer zusammen.
friedensaktivisten Zum Abschluss des Filmfests wurde der Dokumentarfilm The Voice of Peace gezeigt. Darin wird das schillernde Bild des Friedensaktivisten Abie Nathan nachgezeichnet.
Den Auftakt hatte am Mittag der Film It Must Schwing! gemacht.
Eric Friedler erzählt darin die Geschichte des legendären Plattenlabels Blue Note Records, Untertitel: The Blue Note Story. Dabei geht es um die Flucht von Alfred Lion und Frank (Francis) Wolff. Die beiden jungen Emigranten aus Berlin gründeten in New York das Jazz-Label, das sich ausschließlich auf amerikanische Jazzmusik konzentrierte und einen unverwechselbaren Aufnahmestil und -sound entwickelte.
Musikgeschichte Mit It Must Schwing! prägten die beiden Deutschen die Musikgeschichte. In dem von Wim Wenders mitproduzierten Film dokumentiert Friedler einfühlsam auch die Geschichte eines Miteinanders. Denn in den Studios von Lion und Wolff ging es stets um eine Welt ohne Schranken und Rassismus.
Der Dokumentarfilm war bereits bei nationalen und internationalen Festivals im Wettbewerb, etwa beim »New York Doc Film Festival«, dem größten amerikanischen Dokumentarfilmfestival. Im Laufe des Jahres wird It Must Schwing! bei mehr als 30 weiteren Festivals gezeigt.
»Bevor die Bürgerrechtsbewegung in den 50er- und 60er-Jahren ihren Höhepunkt erreichte und Martin Luther King Jr. seine berühmte Rede ›I have a dream‹ in Washington hielt, lebte man bei Blue Note diese Utopie schon lange«, sagte Eric Friedler während der Diskussion über den Film.