Ob mit Ei, Tahina, Favabohnen oder pur – im Lokal Bahadunes in der Oranienburger Straße dreht sich alles um die Kichererbse. Nicht irgendeine, sondern die, aus der die Brüder Amir und Eran Yazkan ihren Bahadunes-Hummus anrühren. Cremig, würzig, authentisch israelisch mit Olivenöl, Zitronensaft, Salz und Knoblauch und – koscher.
Die Hummus-Kette Bahadunes hat sich in der israelischen Restaurantszene bereits vor Jahren einen Namen gemacht. Nun wollen die beiden israelischen Gastro-Unternehmer das Konzept auch in Berlin etablieren – samt Koscherzertifikat. Die Kichererbsen beziehen die Inhaber, so wie auch die meisten anderen Zutaten, direkt aus Israel von der Kult-Kette Bahadunes.
franchise Dass es überhaupt zur Filialgründung kam, hat mit den Verzögerungen beim Bau des Berliner Flughafens BER zu tun – die in diesem Fall sogar ihr Gutes haben. Denn ursprünglich zogen die Yazkan-Brüder 2009 in die deutsche Hauptstadt, um im größten Terminal eine Filiale ihrer Franchise-Café-Kette »My smart break« zu eröffnen.
Der BER wartet noch immer auf seine Eröffnung. Doch die erfindungsreichen Geschäftsmänner sahen sich derweil nach anderen Standorten in Berlin um: Erst eröffneten sie ein Café in der Rosenthaler Straße, kurz darauf eines am Flughafen Tegel. Beide Lokale laufen gut.
Doch je länger Amir und Eran in Berlin leben, desto mehr sehnen sie sich vor allem nach einem: Hummus, der unangefochtenen Leibspeise vieler Israelis. »Immer mehr Freunde sprachen uns darauf an, ob es nicht vielleicht eine gute Gelegenheit wäre, ein koscheres Hummus-Restaurant zu eröffnen«, erzählt Amir Yazkan und streicht sich dabei lächelnd eine Strähne seiner langen dunklen Haare hinters Ohr. Das Angebot an Hummus in der deutschen Hauptstadt sei zwar mittlerweile recht groß, doch so richtig überzeugend schmeckte den Brüdern bislang keiner. »Deshalb haben wir uns gedacht: Okay, dann machen wir das eben«, sagt Amir.
authentisch Der erfahrene Franchise-Gastronom sitzt im hinteren Bereich seines frisch eröffneten Lokals Hummus & Friends in der Oranienburger Straße. Die Inneneinrichtung ist stilvoll und schnörkellos: Rustikal-abgewetzte Holztische stehen neben Designerstücken, hinter dem langen Glastresen steht Eran Yazkan in schwarzer Chefkoch-Montur und richtet liebevoll Teller um Teller voll mit Hummus an, die er über die Theke reicht. Aus den Boxen klingt dezente Swingmusik, aus der offenen Küche strömt der würzige Geruch von gekochten Kichererbsen – Berlin-Mitte-Chic trifft auf israelisches Hummus-Original.
»Wir haben hier wirklich die perfekte Location gefunden«, sagt Amir. »Das Restaurant liegt direkt neben der Synagoge, daher zieht es viel jüdische Laufkundschaft an.« Für Touristen ist Hummus & Friends nicht zu übersehen, doch auch viele Berliner, die im Kiez leben oder arbeiten, haben das Restaurant schon Wochen vor der offiziellen Eröffnung für sich entdeckt und kehren seitdem regelmäßig hier ein. Berlin hat offenbar Lust auf Kichererbsen.
Das Konzept könnte aufgehen. Neben »My smart break« ist Hummus & Friends bereits das zweite gastronomische Franchise-Konzept, das die beiden Brüder zusammen entwickelt haben. Bei dem unternehmerischen Geschwisterduo ist Amir für die Geschäftsführung zuständig, während Eran sich um die Sicherung der kulinarischen Qualität kümmert. Neben Hummus mit Pita-Brot stehen Quinoa-Kichererbsenbällchen, Aubergine in Tahina und zwei Salate auf der Speisekarte – alles vegetarisch und koscher zubereitet.
zubereitung Im Hummus stecken nicht nur die Liebe einer gekonnten Zubereitung und jede Menge Mineralstoffe wie Magnesium, Eisen und Zink, sondern vor allem eines: viel Zeit. Exakt 17,5 Stunden dauert es, bis aus den in Wasser eingelegten Kichererbsen ein würziges Püree geworden ist. Leidenschaft und Zeitaufwand in der Zubereitung und Genauigkeit bei der Produktauswahl – diese beiden Werte sind für Amir und Eran das Fundament ihrer Arbeit.
Bei den Gästen scheint das Konzept jedenfalls gut anzukommen. Anja Kennedy etwa hat in ihrem Leben schon oft Hummus gegessen – sie kennt sich aus. Bei Hummus & Friends schmecke der Kichererbsenbrei »so cremig und geschmeidig«, so habe sie Hummus bisher noch nie gekostet.
Die junge Amerikanerin glaubt auch eine Antwort auf die Frage zu kennen, warum Menschen auf der ganzen Welt sich für die breiige Speise begeistern können: »Hummus ist einfach extrem nahrhaft, leicht zuzubereiten und dabei noch außerordentlich lecker«, meint sie, bevor sie sich noch ein Stück Pita-Brot abreißt, um die letzten Reste von ihrem Teller zu wischen.
koscher Für die jüdischen Gäste ist allerdings nicht nur der Nährwert des Kichererbsenpürees entscheidend, sondern auch seine Zubereitungsart: Seit der Eröffnung besitzt Hummus & Friends einen eigenen Koscherstempel und ist damit Berlins erstes koscheres Hummus-Restaurant. Rabbiner Shlomo Afanasev von der orthodoxen Yeshivas Beis Zion im Lauder Yeshurun Zentrum prüft und beaufsichtigt die Einhaltung der koscheren Standards von der Ausstattung bis zu den Gerichten.
Er verbrachte in den vergangenen Wochen viel Zeit in der Küche, um die Zubereitung zu überwachen und das Zertifikat auszustellen. Dabei konnte er beobachten, dass das Lokal bereits vor der offiziellen Eröffnung prall gefüllt war. »Die Leute kaufen Hummus wie meschugge«, sagt er.
Durch Afanasevs Koscherstempel wird das Lokal nun auch zu einer Alternative fürs freitägliche Schabbatdinner. »Der Hummus ist viel frischer ist als im koscheren Supermarkt«, sagt der Rabbiner. »Man muss ihn nur am selben Tag kaufen, an dem man ihn auch verzehren möchte.« Mit dem eigens eingerichteten Lieferservice des Restaurants sei das allerdings kein Problem.
kulturerbe Hummus ist nicht nur nahrhaft, sondern im israelisch-palästinensischen Dauerkonflikt mittlerweile auch zu so etwas wie einem Politikum geworden. So nehmen Gastronomen beider Seiten für sich in Anspruch, dass die Speise einzig und allein zum eigenen kulinarischen Kulturerbe gehöre und von der anderen Seite schlichtweg gestohlen worden sei.
Der Streit geht mitunter sogar so weit, dass Politiker erklären, Hummus sei die israelische – beziehungsweise palästinensische – Nationalspeise und die jeweils andere Seite könne kein Recht darauf für sich in Anspruch nehmen.
Für Amir und Eran Yazkan ist das nur eine weitere Absurdität, die der Nahostkonflikt zutage gefördert hat. Für sie liegt der Schlüssel in einem verständigen Miteinander zum Beispiel bei einem gemeinsamen Hummus-Essen für alle.
Auch in ihrem neuen Restaurant soll deshalb Platz für diese Botschaft sein. Über einem kleinen Olivenbaum steht an der Wand unübersehbar in großen schwarzen Buchstaben geschrieben: »Make Hummus, not walls!«