Studierendenunion

Kraft aus der Tora

Anna Staroselski ist neue Präsidentin der JSUD. Sie wünscht sich für Juden in Deutschland mehr Selbstverständlichkeit

von Jérôme Lombard  28.05.2020 10:26 Uhr

Anna Staroselski Foto: Gregor Zielke

Anna Staroselski ist neue Präsidentin der JSUD. Sie wünscht sich für Juden in Deutschland mehr Selbstverständlichkeit

von Jérôme Lombard  28.05.2020 10:26 Uhr

Jüdische Werte wahren, Antisemitismus und Israelhass bekämpfen, Frauenpower pushen – wenn Anna Staroselski über ihre Ziele spricht, kommt sie schnell ins Schwärmen. »Ich weiß, dass ich mir eine ganze Menge vorgenommen habe, aber ich weiß auch, dass ich keine Angst vor Verantwortung habe«, sagt sie.

Seit April ist Staroselski die neue Frau an der Spitze der Jüdischen Studierendenunion Deutschland (JSUD). Seit gut zwei Jahren engagiert sich die 24-jährige Wahl-Berlinerin, die derzeit an der Humboldt-Universität im Bachelor Geschichte und Russisch mit Lehramtsoption studiert, in der JSUD. Für sie sei immer wichtig gewesen, sich in einem dezidiert jüdischen Hochschulverband zu engagieren.

»Das Judentum mit seiner vielfältigen Tradition und Kultur ist ein wichtiger Teil meiner Identität«, sagt Staroselski. »Meine Erfahrungen als stolze Jüdin möchte ich mit anderen Altersgenossen teilen.«

RELIGION Geboren ist Staroselski in Stuttgart. Hin und wieder hört man ihren schwäbischen Dialekt noch ein bisschen heraus. Aufgewachsen ist sie in einer jüdischen Familie aus der ehemaligen Sowjetunion. Ihre Eltern waren Anfang der 90er-Jahre als sogenannte Kontingentflüchtlinge nach Deutschland gekommen.

»Religion war bei uns zu Hause immer ein großes Thema«, erzählt sie. Vor allem ihre Mutter habe in der Erziehung viel Wert auf die Vermittlung der jüdischen Tradition gelegt. »Meine Mutter hat mir beigebracht, aus der Tora Kraft für mein eigenes Leben zu schöpfen.«

Vor allem ihre Mutter habe in der Erziehung viel Wert auf die Vermittlung der jüdischen Tradition gelegt.

Nach dem Abitur verbrachte Staroselski ein halbes Jahr in Israel. »Das war eine entscheidende Zeit für mich – mit vielen großartigen Begegnungen und Erfahrungen«, erinnert sich Staroselski, die sich als überzeugte Zionistin bezeichnet. »Jüdischkeit wird in Israel ganz selbstverständlich gelebt. So eine Selbstverständlichkeit wünsche ich mir auch für Deutschland.«

Um jüdisches Leben in ihrer Heimat zu stärken, arbeitet Staroselski als Unterstützung im Bundestagsbüro des FDP-Abgeordneten Till Mansmann mit. »Ich bin überzeugtes Mitglied der FDP«, sagt Staroselski und fügt schnell hinzu: »Auch und gerade, weil ich Jüdin bin.«

MINENFELD Die Anfeindungen gegenüber den Liberalen nach dem Skandal um die Wahl des Ministerpräsidenten in Thüringen Anfang Februar hätten sie sprachlos gemacht. »Ich bin bewusst nach der Regierungskrise in Thüringen in die FDP eingetreten.« Dass sich der liberale Politiker Kemmerich im Erfurter Landtag mit den Stimmen des Rechtsaußenflügels der AfD zum zwischenzeitlichen Landeschef hat wählen lassen, war auch aus ihrer Sicht ein Unding.

Für die jüdische Community sei es wichtig, in der Politik Verbündete zu haben.

»Aber im politischen Minenfeld passieren nun einmal Fehler wie in Thüringen. Es kommt dann entscheidend darauf an, ob man die Klasse hat, sich sein Fehlverhalten einzugestehen und es zu korrigieren«, meint sie. »In der liberalen Partei sehe ich meine politische Heimat, weil sie für Werte wie Freiheit und gesellschaftliche Vielfalt eintritt.«

Für die jüdische Community sei es wichtig, in der Politik Verbündete zu haben. »Wir werden antisemitische Ressentiments in der Gesellschaft nicht allein bekämpfen können«, sagt sie.

ALLIANZEN Deswegen seien auch Allianzen mit anderen Minderheitengruppen von Bedeutung. So rief die JSUD in Kooperation mit der European Union of Jewish Students (EUJS) vor Kurzem eine Online-Kampagne für die muslimischen Uiguren ins Leben, die in China unterdrückt werden. »Ich möchte den interreligiösen Austausch voranbringen und dadurch Brücken bauen«, erklärt die junge Frau.

Bis März 2021 hat sie dafür als JSUD-Präsidentin Zeit. Dann stehen auf dem Jugendkongress die nächsten Wahlen an. Kann sich Staroselski schon eine weitere Amtszeit vorstellen? »Wie schon gesagt, vor Verantwortung schrecke ich nicht zurück.«

Berlin

Hommage an jiddische Broadway-Komponisten

Michael Alexander Willens lässt die Musik seiner Großväter während der »Internationalen Tage Jüdischer Musik und Kultur« erklingen

von Christine Schmitt  21.11.2024

Leo-Baeck-Preis

»Die größte Ehre«

BVB-Chef Hans-Joachim Watzke erhält die höchste Auszeichnung des Zentralrats der Juden

von Detlef David Kauschke  21.11.2024

Düsseldorf

Für Ausgleich und Verständnis

Der ehemalige NRW-Ministerpräsident Armin Laschet erhielt die Josef-Neuberger-Medaille

von Stefan Laurin  21.11.2024

Jubiläum

Religionen im Gespräch

Vor 75 Jahren wurde der Deutsche Koordinierungsrat der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit gegründet

von Claudia Irle-Utsch  21.11.2024

Engagement

Helfen macht glücklich

150 Aktionen, 3000 Freiwillige und jede Menge positive Erlebnisse. So war der Mitzvah Day

von Christine Schmitt  20.11.2024

Volkstrauertag

Verantwortung für die Menschlichkeit

Die Gemeinde gedachte in München der gefallenen jüdischen Soldaten des Ersten Weltkriegs

von Vivian Rosen  20.11.2024

München

»Lebt euer Leben. Feiert es!«

Michel Friedman sprach in der IKG über sein neues Buch – und den unbeugsamen Willen, den Herausforderungen seit dem 7. Oktober 2023 zu trotzen

von Luis Gruhler  20.11.2024

Aus einem Dutzend Ländern kamen über 100 Teilnehmer zum Shabbaton nach Frankfurt.

Frankfurt

Ein Jahr wie kein anderes

Was beschäftigt junge Jüdinnen und Juden in Europa 13 Monate nach dem 7. Oktober? Beim internationalen Schabbaton sprachen sie darüber. Wir waren mit dabei

von Joshua Schultheis  20.11.2024

Porträt

»Da gibt es kein ›Ja, aber‹«

Der Urgroßvater von Clara von Nathusius wurde hingerichtet, weil er am Attentat gegen Hitler beteiligt war. 80 Jahre später hat nun seine Urenkelin einen Preis für Zivilcourage und gegen Judenhass erhalten. Eine Begegnung

von Nina Schmedding  19.11.2024