Es ist ein Dilemma. Um seinen Comicfiguren Ausdruck zu verleihen, stünden ihm ohnehin nur wenige Striche zur Verfügung, sagt Ben Gershon. Dabei sei der Mund besonders wichtig.
Wenn die Figuren aber Corona-bedingt Masken tragen müssen, werde es für ihn schwierig. Diesen Einblick in seine Arbeit gab der niederländische Zeichner am Dienstagabend. Gershon nahm an der digitalen Eröffnung seiner Ausstellung »Jewy Louis – koschere Comics« teil.
Zoom Mehr als 50 Teilnehmer versammelten mithilfe der Videokonferenzplattform »Zoom«. Die Vernissage markierte den Auftakt zur 13. Ausgabe der Veranstaltungsreihe »Tarbut – Zeit für Jüdische Kultur« der Jüdischen Gemeinde Wiesbaden.
Cartoon Ursprünglich sollten Gershons humoristische Cartoons, die jede Woche in der Jüdischen Allgemeinen erscheinen, im Wiesbadener Rathaus gezeigt werden. Um seine Bildergeschichten rund um den Protagonisten Jewy Louis trotz Corona präsentieren zu können, erarbeitete Gershon, unterstützt von Steve Landau, Geschäftsführer der Wiesbadener Gemeinde, eine digitale Version der Ausstellung.
Sie vermittle jüdische Religion und Bräuche mit Wissensgewinn und ohne Umschweife, sagte Gemeindevorstand Jacob Gutmark zur Eröffnung. Oberbürgermeister Gert-Uwe Mende (SPD) würdigte »Tarbut« als unverzichtbaren Teil des kulturellen Lebens der hessischen Landeshauptstadt.
Anschließend befragte Steve Landau Ben Gershon zu seiner Arbeit. Die Idee seiner Comic-Reihe sei, jüdisches Leben in einer nichtjüdischen Gesellschaft zu zeigen, sagte Gershon. Jewy Louis stellte er als praktizierenden Juden vor, der mit einem Fuß in der orthodoxen Welt und mit einem anderen in der deutschen Gesellschaft stehe. Sein Protagonist reagiere auch auf das Tagesgeschehen.
Superhelden Um die jüdische Beziehung zu Comics zu veranschaulichen, betonte Gershon zum einen die reiche Tradition der Buchillustration. Er hob dabei die Pessach-Haggada und das Buch Esther hervor, welches er als »eine Art Graphic Novel« bezeichnete. Zudem verwies er auf viele Superheldencomics, die von jüdischen Autoren erschaffen worden seien. Insbesondere in »Superman«-Comics fänden sich viele Hinweise auf das Judentum. Auch die jüdische Tradition des Humors sei für ihn wichtig, sagte der niederländische Zeichner. In Holland gebe es das Sprichwort »Lachen bringt Gesundheit«, sagte Gershon.
Steve Landau befragte ihn zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf seine Arbeit. Gershon verwies dabei auf das eingangs erwähnte zeichnerische Masken-Dilemma, machte aber ansonsten deutlich, dass seine Arbeitsweise sich kaum verändert habe. Er arbeite schon immer von Zuhause aus und brauche nur Papier und Stifte. Gershon würdigte die Arbeit von Zeitungen, die auch während der Corona-Einschränkungen im Frühjahr bemüht waren, weiterhin zu erschienen.
Zeitung Er stellte zudem sein 2018 erschienenes Buch »Schalömchen« mit ausgewählten »Jewy Louis«-Comics vor. Zur Frage nach einem zweiten Buch sagte Gershon, er seien in der Zwischenzeit viele neue Comics entstanden. Damit meinte er aber nicht nur seine wöchentlichen Zeitungscartoons: Er habe auch eine Geschichte gezeichnet, in der Jewy Louis durch Israel reise, sagte Gershon. Er hoffe, dass das zweite Buch mit seinen Comics bald veröffentlicht werden könne.
Nun war auch schon Zeit für eine gemeinsame Begehung der digitalen Ausstellung. Sie möchte, so Gershon, eine modernere und humorvollere Seite des Judentums zeigen und richte sich an Juden sowie Nichtjuden. Im Mittelpunkt der Schau stehen natürlich die »Jewy Louis«-Comics. Die Ausstellung ist in thematische Säle unterteilt – je ein Raum zu den wichtigsten jüdischen Feiertagen, aber auch zu Themen wie »Mitzvah Day«, »Jewrovision«, »Antisemitismus« und »Andere Religionen«. Erläuterungen zu den jeweiligen Themen sowie persönliche Kommentare von Ben Gershon ergänzen die Präsentation. Die Ausstellungsbesucher erwarten zudem einige digitale Überraschungen.
Die Ausstellung »Jewy Louis – koschere Comics« ist bis 22. September auf Smartphones und Tablets über die App »Artsteps« abrufbar.