Erich Bethe ist ein vermögender Mann. Aber der gelernte Industriekaufmann und Unternehmer aus Bergisch Gladbach gibt bereits seit 1997 viel Geld für soziale Projekte aus, etwa für das Kinderhospiz oder für Aktionen gegen Kindesmissbrauch und Kinderarmut. Im Herbst 2009 unterstützte er eine Ausstellung in der Alten Synagoge, die jüdische Gebrauchs- und Kultgegenstände zeigte. Jetzt steht er Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers mit sechs Millionen Euro zur Seite.
Rüttgers’ Idee ist, künftig allen Schülern aus NRW eine Reise nach Auschwitz zu ermöglichen. »Die Stiftung. Erinnern ermöglichen« soll die Auseinandersetzung mit dem Holocaust fördern. Wichtig dabei ist, dass nicht nur die Reise finanziert, sondern das Thema im Unterricht behandelt wird. So soll der Holocaust nicht nur im Geschichtsunterricht besprochen, sondern in ein pädagogisches Gesamtkonzept eingebunden werden.
Friedensarbeit Ministerpräsident Jürgen Rüttgers ist daher zuversichtlich: »Was hier passiert, wird unsere Welt ein Stück weit zum Guten verändern«, sagte er am 2. Juni bei der Vorstellung des Konzepts in einer Wuppertaler Schule, deren Schüler gerade von einer Auschwitzreise zurückgekehrt waren. Die Jugendlichen hatten sich von ihren Erlebnissen dort sehr beeindruckt gezeigt, was nicht von Anfang an zu erwarten war. Viele stammen aus Zuwandererfamilien, aus sozial schwachen Familien, und sogar ein bekennender Rechter habe in dem ehemaligen deutschen Vernichtungslager gemerkt, dass er sich mit seiner extremistischen Meinung irrte.
Diese Bekenntnisse haben Erich Bethe wohl überzeugt, Rüttgers in seinem Vorhaben zu unterstützen, »weil kein anderer Erinnerungsort, kein Gedenkstein oder Museum das Gewissen so ansprechen kann. Die NRW-Stiftung soll so viel Geld sammeln, dass jeder Schüler einmal in seinem Schulleben das ehemalige Vernichtungslager besuchen kann. Das Pilotprojekt ist auf zehn Jahre ausgelegt. Erich Bethe hat sie mit sechs Millionen Euro ausgestattet. Schon im Herbst könnte die erste Gruppe fahren.
Anreiz Bethe will aber nicht nur allein spenden, er möchte mit seinem Vorgehen andere Stiftungen anregen, mit einzusteigen, damit dieses Angebot bundesweit gemacht werden kann. Wie Matthias Schreiber von der nordrhein-westfälischen Staatskanzlei mitteilte, hat der Unternehmer schon jetzt von anderen Stiftungen 20 Millionen Euro für das Projekt eingeworben.
Offensichtlich provoziert diese Idee aber auch rechte Sympathisanten. Inzwischen ist ein heftiger Bloggerkrieg ausgebrochen. Während einige Schreiber das Vorhaben unterstützen, kritisieren andere: Mehr als 60 Jahre danach müsse man nicht permanent Schuldgefühle haben, die Bekämpfung der Armut sei wichtiger als diese »alten Kamellen«. Rechte Blogs diffamieren das Ehepaar Bethe. »Wer einmal in Auschwitz war, ist immun gegen rechts«, sagt Matthias Schreiber.