Sport

Klare Haltung zeigen: Der Kampf im Fußball gegen Antisemitismus

Das Banner im Pariser Stadion zeigte neben der Parole »Free Palestine« einen Terroristen mit Blut am Palästinenserschal und den Felsendom. Foto: picture alliance / Anadolu

Der Antisemitismus hat im Fußball längst besorgniserregende Ausmaße angenommen. Seit dem Terrorangriff der islamistischen Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 und der massiven Reaktion Israels darauf kommt es bei und rundum Fußballspielen immer wieder zu antisemitischen Vorfällen. Nationale und internationale Verbände haben nach Ansicht des Präsidenten des jüdischen Sportverbandes TuS Makkabi Deutschland die Probleme bislang nicht erkannt oder reagieren zu zögerlich. 

»Man muss in erster Linie erkennen, dass die Situation wirklich ernst ist, und ich glaube, diesen Switch gab es bisher noch nicht«, sagte Alon Meyer der Deutschen Presse-Agentur. Vorfälle wie die Jagd auf jüdische Fans in Amsterdam, Übergriffe auf Jugendspieler des TuS Makkabi in Berlin oder die Furcht vor Länderspielen Israels auf europäischem Boden sollten auch die Verbände aufrütteln. 

Fußball »Brennglas der Gesellschaft«

Für Meyer sind die antisemitischen Übergriffe nicht nur ein Problem, das sich auf den Fußball beschränkt, sondern es ist Ausdruck einer gesamtgesellschaftlichen Entwicklung. Der Fußball sei nun mal ein »Brennglas der Gesellschaft«, deshalb »müssen wir nachhaltige Veränderungen herbeiführen, weil uns das sonst um die Ohren fliegt«, sagte der 50-Jährige. Meyer verweist auf das antiisraelische Banner, das beim Champions-League-Spiel am 6. November in Paris gezeigt wurde. Eine Reaktion des europäischen Fußball-Verbandes blieb aus. 

»Da darf man sich nicht wundern, wenn so etwas dann unten bei 14-, 15-, 16-jährigen Kindern ankommt«, sagt Meyer mit Blick auf die Übergriffe bei einem Jugendspiel in Berlin-Neukölln einen Tag später. »Ich hoffe, dass die Leute die Zeichen der Zeit erkannt haben, dass wir uns der Problematik im Sport wirklich ernsthaft nachhaltig annehmen müssen.«

Klare Regeln – klare Konsequenzen

Meyer steht den rund 40 Makkabi-Ortsvereinen in ganz Deutschland vor. Ihm reicht das Gedenken der Deutschen Fußball Liga (DFL) und des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) zum 9. November (Pogromnacht 1938) oder 27. Januar (Holocaust-Gedenktag) nicht. Er fordert ein klares Vorgehen.

Der Sport sei »als Werkzeug ein ganz einfaches Tool, um Vorurteile abzubauen und Brücken zu bauen und um Menschen zu sensibilisieren«, sagt Meyer. »Das heißt, wir holen die Spieler ab und erklären den Spielern, was wir für eine gesellschaftliche Verantwortung hier in Deutschland haben, welche Regeln wir haben, dass wir eine demokratische Werteordnung haben«, zu der auch die Verbundenheit mit dem Staat Israel zähle. »Und wenn sich einer nicht daran hält, dann muss er auch mit den entsprechenden Folgen leben.«

Auch Hans-Joachim Watzke, der am Mittwoch in Berlin mit dem Leo-Baeck-Preis, der höchsten Auszeichnung des Zentralrates der Juden in Deutschland für sein Engagement im Kampf gegen Antisemitismus geehrt wurde, fordert eine klare Haltung, die er als Geschäftsführer von Borussia Dortmund umgesetzt sieht: »Bei Borussia Dortmund weiß jeder: Wer eine antisemitische Haltung einnimmt, der ist bei uns raus. Das sollte man öfter und deutlicher sagen.«

Der BVB tue einiges, um antisemitische Strömungen im Verein gar nicht erst aufkommen zu lassen. »Wir machen Bildungsarbeit, wir fahren nach Yad Vashem, wir fahren nach Auschwitz«, sagte Watzke. Erst am Dienstag gab es einen Vortrag im »Borusseum« über den gegenwärtigen Antisemitismus.

In seinen Funktionen als DFL-Aufsichtsratsvorsitzender und DFB-Vizepräsident will sich Watzke dafür einsetzen, dass von Makkabi Deutschland eingesetzte Präventionsprojekt »Zusammen 1« auch im DFB stärker einzubinden. 

Er selbst hat die Hälfte des mit 10.000 Euro dotierten Leo-Baeck-Preises dem Projekt zukommen lassen, was Meyer freut. Denn das Projekt, das auch in den Nachwuchsleistungszentren von der ersten bis zur vierten Liga zum Einsatz kommt, zeige nachhaltig Wirkung und habe antisemitische Übergriffe erheblich reduziert.

Lesen Sie auch

Sisyphusarbeit im Profibereich

Allerdings habe sich der Profibereich dem Projekt noch verschlossen. So kann die Kampagne zur Sisyphusarbeit werden, wenn ein Profi mit einem antiisraelischen Post die Arbeit mit den Jugendlichen torpediere. 

Meyer fordert auch bei einem solchen Szenario klare Regeln, die in den Arbeitsverträgen der Profis integriert werden müssen: »Und wenn sich daran nicht gehalten wird, muss der Spieler auch mit den entsprechenden Konsequenzen rechnen, etwa mit der fristlosen Kündigung. Und dann überlegt sich so ein Sportler zweimal, ob er etwas postet.«

Oldenburg

Judenfeindliche Schmierereien nahe der Oldenburger Synagoge   

Im vergangenen Jahr wurde die Oldenburger Synagoge Ziel eines Anschlags. Nun meldet eine Passantin eine antisemitische Parole ganz in der Nähe. Die Polizei findet darauf noch mehr Schmierereien

 21.02.2025

Berlin

Wladimir Kaminer verkauft Wohnung über Facebook

Mit seiner Partyreihe »Russendisko« und vielen Büchern wurde Wladimir Kaminer bekannt. Für den Verkauf einer früheren Wohnung braucht er keinen Makler

 20.02.2025

Berlin

Eine krasse Show hinlegen

Noah Levi trat beim deutschen Vorentscheid für den Eurovision Song Contest an. In die nächste Runde kam er nicht, seinen Weg geht er trotzdem

von Helmut Kuhn  20.02.2025

Thüringen

Antisemitismus-Beauftragter soll »zeitnah« ernannt werden

Seit Dezember ist der Posten unbesetzt. Dem Gemeindevorsitzenden Schramm ist es wichtig, dass der Nachfolger Zeit mitbringt

 19.02.2025

Weimar

Erlebtes Wissen

Eine Fortbildung für Leiter jüdischer Jugendzentren befasste sich mit der Frage des zeitgemäßen Erinnerns. Unsere Autorin war vor Ort dabei

von Alicia Rust  18.02.2025

Bundestagswahl

Scharfe Worte

Über junge politische Perspektiven diskutierten Vertreter der Jugendorganisation der demokratischen Parteien in der Reihe »Tachles Pur«

von Pascal Beck  18.02.2025

Justiz

Vorbild und Zionist

Eine neue Gedenktafel erinnert an den Richter Joseph Schäler, der bis 1943 stellvertretender IKG-Vorsitzender war

von Luis Gruhler  18.02.2025

Emanzipation

»Die neu erlangte Freiheit währte nur kurz«

Im Münchner Wirtschaftsreferat ist eine Ausstellung über »Jüdische Juristinnen« zu sehen

von Luis Gruhler  18.02.2025

Portät der Woche

Magische Momente

German Nemirovski lehrt Informatik und erforscht den Einsatz Künstlicher Intelligenz

von Gerhard Haase-Hindenberg  16.02.2025