Zum Holocaust-Gedenktag am 27. Januar zeigt der Kieler Flandernbunker eine Ausstellung über die Blockade Leningrads im Zweiten Weltkrieg. Zu seinen schlimmsten Erinnerungen gehöre der Geruch verbrannten Zuckers der Lebensmittellager während der Bombenangriffe, sagte der russische Arzt Ilja Zuckermann (86) am Montag bei der Vorstellung der Ausstellung, die von Donnerstag bis Mitte April zu sehen ist. Er hatte die Hungerblockade der Nationalsozialisten Anfang der 40er-Jahre als Siebenjähriger in Leningrad überlebt.
HUNGERSNOT Die Blockade Leningrads durch die Nazis dauerte vom 8. September 1941 bis zum 27. Januar 1944. Schon zu Beginn des Oktobers 1941 begann die Hungersnot. Lebensmittelkarten wurden ausgegeben. Die Einheimischen kämpften um ihr Überleben, zuerst aßen sie die Tiere, schließlich auch die Toten. Eine Million Menschen starben an Hunger und Kälte – etwa die Hälfte der Stadtbevölkerung.
»Ich kann mich an vieles erinnern. Es war schrecklich«, sagte Zuckermann und deutete auf eine Bildtafel in der Ausstellung. Sie zeigt die Lebensmittelabgabe während der Hungerblockade durch die Nazis. 125 Gramm wurden an Kinder ausgegeben, 250 Gramm an Arbeiter.
ÜBERLEBENDE Zuckermann kritisierte, dass über die Belagerung Leningrads, dem heutigen St. Petersburg, zu wenig in den Schulen gesprochen werde. Deshalb müssten es die wenigen Überlebenden tun, sagte er. Der Jüdischen Gemeinde in Kiel gehören außer ihm noch sechs weitere Überlebende der Leningrader Blockade an. Weltweit sind es noch einige Tausend. Am Kragen seines Jackets trägt Zuckermann eine kleine, runde Plakette mit der Leningrader Stadtsilhouette. Das Abzeichen wurde jedem Überlebenden verliehen. Es sei seine wichtigste Medaille, so Zuckermann.
In der Ausstellung Niemand wird vergessen und nichts wird vergessen sind Bilder von ausgemergelten Menschen und Leichenberge zu sehen. Die Texte sind auf russisch und deutsch. Im Zentrum der Schau steht eine Raum-Klang-Installation der Kunststudentin Roma-Nastasia Nebel. epd