Wir tun was! ist auf dem Flyer des Kreisjugendrings München Stadt zu lesen. Die Auseinandersetzung mit Demokratie und Geschichte ist dabei eines der Themen. So freuten sich die Verantwortlichen, als ihnen der Wunsch nach der Realisierung eines Films über Kurt Landauer vorgetragen wurde. Kurt Landauer war Präsident des FC Bayern. Er führte den heutigen Rekordmeister 1932 das erste Mal zur Deutschen Meisterschaft.
Noch vor Machtantritt der Nationalsozialisten trat der jüdische Münchner von seinem Amt zurück. Nach der Schoa kehrte er in seine Heimatstadt zurück und half »seinem« Verein, im Nachkriegsdeutschland wieder Fuß zu fassen. Kurt Landauer war und ist ein Vorbild, wie die Gründungsdirektorin des NS-Dokumentationszentrums, Irmtrud Wojak, in ihrer Rede hervorgehoben hat. Seine Biografie zeige, dass ein vermeintlich unpolitischer Teil des Lebens im Spannungsfeld der politischen und gesellschaftlichen Ereignisse und Systeme steht. »Heute zeigt sich dies auf erschreckende Weise wieder, nämlich dann, wenn der Sport für politische Zwecke missbraucht wird«, mahnte sie. So nutze die sogenannte neue Rechte den organisierten Breitensport vielfach als Plattform, um junge Menschen für ihre braune Ideologie zu ködern. Hier heiße es, aufmerksam zu sein und junge Menschen zu sensibilisieren, damit sie gegen die Parolen rechtsextremer Gruppen von Anfang an gefeit seien.
Premiere Diese Sensibilisierung ist den Jugendlichen in ihrem Film gelungen. Gemeinsam mit der Projektleiterin Sylvia Schlund haben sie ihre Idee in Kooperation mit dem Kreisjugendring München Stadt und dem NS-Dokumentationszentrum verwirklicht. Dabei haben sie sich nicht auf eine bloße Biografie und das Erzählen historischer Abläufe beschränkt. Sie banden auch das Hier und Heute des FC Bayern mit ein. Die Umsetzung konnten die Premierenbesucher im Hubert-Burda-Saal im Jüdischen Zentrum am 6. Juni erleben, unter ihnen auch der frühere Bayernpräsident Willi O. Hoffmann. Die anderen Bayern waren bereits auf dem Weg zur Weltmeisterschaft nach Südafrika.
Bei den Arbeiten zum Film Kick it like Kurt wurde – wie es Tom Rausch vom Kreisjugendring in seiner Ansprache formulierte – aus dem mit respektvollem Abstand genannten Landauer allmählich das vertraute Projektmitglied Kurt. Um sich ihm so weit nähern zu können, hatten sie auch dessen Neffen, den Münchner Rechtsanwalt Uri Siegel, interviewt. Dieser kam in mehreren Filmpassagen zu Wort. Er erzählte von dem Triumph, den er gemeinsam mit seiner Familie von einem Fenster in der Kaufingerstraße aus erlebte, als der Onkel und die Spieler vom Hauptbahnhof zur Meisterfeier auf den Münchner Marienplatz zogen. Interviews, historische Bilder und Filmsequenzen mischten sich mit aktuellen Aufnahmen aus dem Stadion und Gespräche mit Fans von heute. Da waren auch die Aktionen des TSV Maccabi nicht vergessen – bis hin zur Einweihung des neuen Kurt-Landauer-Fußballplatzes auf dessen Gelände in München-Riem.
FC Bayern Das Filmteam hatte Mitglieder vom FC Bayern und Maccabi auch begleitet, als sie Kurt Landauer in der Gedenkstätte des KZ Dachau gedachten. Dort war der auch 1938 noch prominente ehemalige Fußballpräsident nach der Pogromnacht inhaftiert worden. Und dort hatte er auch häufig bei Appellen an dem Reihenende gestanden, an dem die NS-Schergen Schläge austeilten. Diese Tatsache ebenso wie die weiteren persönlichen Eindrücke seines Neffen Uri Siegel standen für diesen im Widerspruch zu dem Bild, das die Jugendlichen in dem Zeichentrickfilm wiedergaben, der eine Begegnung von Bayernspielern mit ihrem früheren Präsidenten in der Schweiz illustrieren sollte. Dort wird er einsam, alleine und relativ unglücklich gezeigt. Was für Siegel nicht der Persönlichkeit seines Onkels entspricht, vermittelt dem von historischen Fakten unbelasteten Zuschauer aber eine Gefühlslage: die unterbrochene Verbindung Landauers zu »seinem« FC Bayern. Berührend ist die Szene, in der er sich zum Spiel ein Abzeichen der Bayern ansteckt.
Fans Diese emotionale Bindung führt zurück zu Landauers Engagement für seinen alten Verein. Er ebnete den Weg für den späteren Erfolg – in Gesprächen mit Verantwortlichen und auch mit Geld. Die jungen Filmemacher wollten aber mehr zeigen als die Geschichte des früheren Bay- ernpräsidenten. Es ging auch um das Miteinander mit dem Lokalrivalen 1860 und um das Engagement gegen Rechts. Vertreter der »Schickeria«, einer Fangruppe gegen Rechts, kamen ebenso zu Wort, wie von den »Weiß-Blauen«.
Und so waren sich am Ende des Films beim anschließenden Empfang generationsübergreifend alle einig in dem, was Präsidentin Charlotte Knobloch bereits in ihrem Glückwunsch an die jungen Filmemacher in Worte gefasst hatte: »Hervorragend gelingt es ihnen, Geschichte und Gegenwart in einen Dialog treten zu lassen. Und ich kann mich dem Appell nur anschließen: Kick it like Kurt – spielt, denkt und handelt wie Kurt – mutig, respektvoll und tolerant und vor allem verantwortungsvoll für das Kapitel des 21. Jahrhunderts in den zukünftigen Geschichtsbüchern.«