Nachruf

Kay bleibt einer von uns!

Einen Tag, nachdem uns die Nachricht über Kays Tod alle erschüttert hat, fühle ich mich oft noch ratlos, fassungslos und voller Trauer. Es fühlt sich so an, als wäre ein Freund von uns gegangen, und das sagt viel darüber aus, was Kay für ein besonderer Präsident und Mensch war. Ich kann nicht im Entferntesten nachempfinden, was seine Familie und Wegbegleiter gerade durchmachen. In allererster Linie sind meine Gedanken bei genau ihnen. Dennoch will ich versuchen, zum Ausdruck zu bringen, wie viel er in diesem Verein bewegt hat.

Erst im November durfte ich ihn das erste Mal persönlich kennenlernen, als mich der Verein gemeinsam mit Geschäftsführer Thomas Herrich einlud, um über Antisemitismus in Berlin zu sprechen. Kay war vorab nicht involviert, setzte sich dann aber spontan zu uns und hörte aufmerksam zu. Er sagte mir abschließend, er habe großen Respekt vor mir, wie offen ich mit diesem Thema umgehe. Es war nicht viel, was er sagte, aber es war authentisch, empathisch und hat Eindruck bei mir hinterlassen.

Und genau so habe ich sein Wirken im Verein wahrgenommen. Im Sommer 2022 übernahm Kay das Präsidentenamt von Hertha BSC. Abseits des Sports war der Verein am Boden. Präsidium, Geschäftsführung und Mitglieder waren gespalten. Seit Jahren arbeitete man gegeneinander, von Selbstbewusstsein und Identität keine Spur und dazu noch ein Investor, der ständig für Unruhe sorgte. Kay sagte später, dass das die Hauptmotivation für seine Kandidatur war. Er wollte den Verein wieder einen und nahbar machen, sodass Mitglieder und Fans ihn mit Leben füllen.

Genau das hat er geschafft und sogar weit übertroffen. Kay war einer von uns. Und das lag nicht nur an seiner Vergangenheit als Ultra und Vorsänger der Ostkurve. Er hatte für jedes Mitglied ein offenes Ohr. Er war für alle da. Kay fuhr gemeinsam mit Fans mit dem Fahrrad zum Heimspiel, um ein Zeichen für Nachhaltigkeit zu setzen. Er suchte den Dialog mit allen Mitgliedern – egal, ob sie seine Kritiker waren, ihn loben wollten oder einfach nur den Austausch suchten.

Und genau deswegen hatte er diesen Verein geprägt wie wenige. Genau deswegen hat er dem Verein wieder ein Gemeinschaftsgefühl gegeben. In der sportlich schwierigsten Zeit hatte Hertha BSC seit seinem Amtsantritt einen Mitgliederzuwachs von 10.000. Diese Zahl spricht Bände, denn sein Wirken rund um den Verein hat Feuer entfacht und den Stolz, Hertha-Fan zu sein, wiederaufleben lassen. Hertha stieg in die 2. Bundesliga ab, hatte zwei Investoren, die für viele negative Schlagzeilen sorgten und einige Nebengeräusche. Aber Kay verlor in dieser Zeit nie die Zuversicht, war stets positiv und betonte immer: Hier kommen wir nur gemeinsam wieder raus. Was wie eine Plattitüde klingt, hat er gelebt. In jeder Sekunde hatten wir das Gefühl, da hält jemand die Hertha-Familie zusammen. Und genau deshalb ist Lücke riesig, die er hinterlässt.

Als ich ihn im November kennenlernte, hielt er nach dem 3:0-Sieg gegen Mainz den Spielball in der Hand. Der sei für seine Tochter. Er versuche, so oft es geht, ihr einen mitzubringen. Sie freue sich dann immer so. Vielleicht kann er eines Tages auch mal wieder mit uns in der Kurve stehen, sagte er mir an dem Abend. Aber dafür muss erst einmal mehr Ruhe im Verein einkehren. Das sei für ihn das Wichtigste. Und genau dieses Gefühl hatte er nach Erzählungen letzte Woche im Trainingslager in Spanien. Endlich sei es wieder ruhig um Hertha BSC.

Und so bleibt es ein Wunsch, der nicht mehr Realität werden kann. Aber Kay wird immer Teil der Ostkurve und von Hertha BSC sein. Und wenn das nächste Mal ein lautes »Ha Ho He, Hertha BSC« durchs Olympiastadion schallt, dann schreien wir das mit ihm gemeinsam. Denn das, was Kay in diesem Verein begonnen hat, werden wir für ihn weiterleben. Das ist das mindeste, was tun können und wollen.

Der Autor ist Politologe und Hertha-Fan.

Hamburg

»Ich sehe meine Zukunft in Deutschland«

Noam Quensel war einer von 400 Teilnehmern des Jugendkongresses. Wir haben uns mit ihm ausführlich über die Folgen des 7. Oktobers und das Ausmaß des Judenhasses unterhalten

von Michael Althaus  03.03.2025

Hamburg

Igor Levit zum Mord an Kfir, Ariel und Shiri Bibas: Ich kriege diese Bilder nicht mehr aus dem Kopf

Der jüdische Pianist Igor Levit kann die Bilder der von der Hamas ermordeten Familie Bibas nicht vergessen. Sie lassen ihn nicht mehr ans Klavier. Die Anteilnahme an ihrem Schicksal hält er für beschämend gering

von Michael Althaus  03.03.2025

Hamburg

Die Jüdische Studierendenunion hat einen neuen Vorstand

Ron Dekel wurde auf der Vollversammlung der JSUD zum neuen Präsidenten gewählt. Vier weitere Vorstandsposten wurden ebenfalls neu besetzt

von Joshua Schultheis  02.03.2025

Hamburg

Der Jugendkongress 2025 hat begonnen

Unter dem Motto »Our Turn« treffen sich 400 jungen Jüdinnen und Juden ab Donnerstagabend in der Hansestadt

 27.02.2025

AJC/JSUD

Jüdische Studenten fühlen sich nicht mehr sicher

Seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel hat sich auch das Klima an den deutschen Hochschulen verändert. Ein Lagebericht zieht Bilanz und listet Forderungen auf

von Andreas Heimann  27.02.2025

Essay

Ein Davor und ein Danach

Die Ereignisse der vergangenen Jahre haben tiefe Spuren bei jungen Jüdinnen und Juden in Deutschland hinterlassen. Auf dem Jugendkongress in Hamburg verhandeln sie ihr Selbstverständnis neu

von Monty Ott  27.02.2025

Kommentar

Nach dem Erdrutsch

Die Befürchtungen sind wahr geworden – die AfD wurde zweitstärkste Partei. Der künftige Bundeskanzler muss das Land wieder zusammenführen

von Charlotte Knobloch  27.02.2025

JuKo-Umfrage

»Schlafen kann ich später«

400 junge Jüdinnen und Juden aus ganz Deutschland freuen sich auf spannende Tage in Hamburg. Sie haben sich viel zu erzählen. Wir haben uns mit einigen von ihnen unterhalten

 27.02.2025

JUKO

Das sind die Kandidatinnen und Kandidaten für den JSUD-Vorstand

Ein Überblick

 27.02.2025