Kleine Anfangsschwierigkeiten gab es mit der Technik, als Bewohner des Düsseldorfer Nelly-Sachs-Hauses das erste Mal mit Senioren aus der Eltern-Einrichtung Rishonei Ha’Carmel in Haifa skypten.
Dennoch war die Begeisterung bei den Beteiligten groß, via Internet in persönlichen Austausch zu treten – die Düsseldorfer freuten sich, Iwrit zu sprechen, die Teilnehmer aus Haifa nutzten ihre guten Deutschkenntnisse. Man sprach über Angebote und Interessen, über die Häuser und über Persönliches. Nicht immer war das Bild klar, dafür gab es prominente Zuhörer bei der Premiere, darunter den Düsseldorfer Oberbürgermeister Thomas Geisel, der mit einer Delegation die Düsseldorfer Partnerstadt Haifa besuchte.
kooperation Die Düsseldorfer Delegation begleitete auch Bert Römgens, Leiter des Nelly-Sachs-Hauses und Initiator des Pilotprojekts »Altenpflegebrücke Düsseldorf-Haifa«. Skype-Gespräche wie diese soll es künftig regelmäßig geben, sie sind fester Bestandteil der neuen Kooperation zwischen den beiden Pflegeeinrichtungen. »Schon länger habe ich nach einer Anbindung für das Nelly-Sachs-Haus in Israel gesucht«, sagt Bert Römgens.
Ihn trieb die Idee an, den Aspekt der Städtepartnerschaft auch auf soziale Einrichtungen auzuweiten. Die Kooperation mit dem Elternheim Rishonei Ha’Carmel in Haifa konnte nun mit der demnächst aus dem Dienst scheidenden Heimleiterin Sara Weisberger sowie ihrer Nachfolgerin Tslila Ratsin-Nuriel konkretisiert werden.
»Am meisten erhoffen wir uns eine ganz enge Anbindung an Israel, weil Israel uns sehr, sehr wichtig ist«, betont Bert Römgens. Und ergänzt: »Dabei geht es uns um das alltägliche Leben und die Fachebene.« Er habe sich von Anfang an in seinem Vorhaben voll unterstützt gefühlt vonseiten des Vorstands der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf.
ebenen Der interkulturelle Austausch im Rahmen der vollstationären Altenhilfe soll auf verschiedenen Ebenen erfolgen. »Ein Austausch kann nur bereichernd sein«, ist sich Bert Römgens sicher. Wenn die Bewohner nun regelmäßig kommunizieren, mögen sich Alltägliches und Lebensgeschichten verschränken, das werden die künftigen Skype-Gespräche zeigen.
Einige Bewohner des Nelly-Sachs-Hauses hatten schon in Haifa gelebt und freuen sich, auf Hebräisch mit Menschen ihres alten Wohnortes zu reden. Gleichzeitig können viele Bewohner des Haifa-Elternheims Deutsch sprechen. Die Verständigung wird also keine Schwierigkeiten bereiten.
Die Heimleitungen stehen schon seit einigen Monaten in Kontakt. Ob E-Mail, Telefonate oder persönliche Besuche wie jetzt im Rahmen der Düsseldorfer Delegation in Haifa – Informationen fließen, fachliche Diskussionen werden angestoßen. Israelis haben ein ganz anderes System im Rahmen der Versorgung von alten Menschen als in Deutschland. »Das finde ich sehr interessant und spannend, vor allem in Bezug auf Aspekte wie Qualitätsmanagement und praktischen Pflegealltag«, meint Römgens.
freiwilligendienst Auch auf Mitarbeiterebene wird es einen Austausch geben. Es gehe darum, Erfahrungen mit anderen Systemen zu machen, voneinander zu lernen, aber auch alltägliche Probleme und ihre Lösungen zu besprechen. Auch hier wolle man Skype nutzen, auf Englisch und Russisch. Angedacht sei außerdem ein Austausch im Rahmen des Deutsch-Israelischen Freiwilligendienstes, der an den Bundesfreiwilligendienst angedockt ist, etwa mit Düsseldorfern, die eine gewisse Zeit lang in Haifa hospitieren, und umgekehrt. »Das wäre sehr wünschenswert«, sagt Römgens.
Der Projektleiter hat viele Pläne für die Zukunft, um die nun beschlossene Kooperation mit Leben zu füllen. Das Rishonei-Ha’Carmel-Haus in Haifa unterscheide sich insofern von der Düsseldorfer Einrichtung, dass dort auch in einem ambulanten Bereich betreutes Wohnen für selbstständige Bewohner angeboten werde und die Anzahl der Pflegebedürftigen niedriger sei. Das Leistungsangebot im pflegerischen Bereich sei jedoch ähnlich.
»Probleme mit dem Pflegenotstand kennen beide Seiten, hier wie dort ist es schwierig, Mitarbeiter zu finden«, sagt Bert Römgens, der schon Anregungen aus dem Austausch mit Sara Weisberger ziehen konnte und sich auf die weitere Kooperation mit ihrer Nachfolgerin Tslila Ratsin-Nuriel freut. Ein Besuch von ihrer Seite in Düsseldorf ist dann für das kommende Jahr geplant. Vielleicht gibt es dann noch weitere Anregungen zum Bereich »Betreutes Wohnen«. Denn das ist auch für die Düsseldorfer ein Thema: »Daran arbeiten wir aktuell.«
modell »Meines Wissens ist solch eine Partnerschaft zwischen einem deutschen Elternheim und einem israelischen bislang einmalig«, meint Bert Römgens. Er könne sich das Modell auch für nichtjüdische Einrichtungen der freien Wohlfahrtspflege vorstellen – und natürlich für andere Elternheime in Deutschland.
Für ihn ist das Projekt »Altenpflegebrücke Düsseldorf–Haifa« eine besondere Form der Städtepartnerschaft.
Diese nicht nur auf der wirtschaftlichen Ebene zu leben und zu festigen, sondern auch bezogen auf die soziale Arbeit, die Situation von älteren Menschen und den Umgang mit dieser Generation im jeweiligen System könne ergänzend zum übrigen Angebot sein. »Es gibt immer eine Möglichkeit, voneinander zu lernen, Austausch und die Erfahrungen von anderen – das bereichert grundsätzlich«, ist Römgens sicher.
Der umtriebige Leiter des Nelly-Sachs-Hauses kommt mit vielen positiven Eindrücken von seiner ersten politisch begleiteten Reise nach Israel zurück. Der Kontakt zu den Bürgermeistern beider Städte, das Kennenlernen von Start-ups und natürlich der Besuch des Rishonei- Ha’Carmel-Hauses, die Gespräche mit den Heimleiterinnen, Mitarbeitern und Bewohnern sieht er als Gewinn für seine Arbeit.
Und dass die Welt klein ist, zeigte sich in einer Begegnung mit einem Fotografen in Haifa. Der Onkel von dessen Frau lebt in Düsseldorf und ist nun neuer Bewohner im Nelly-Sachs-Haus.