Seit 2006 wird in München alle zwei Jahre der Simon-Snopkowski-Preis verliehen. Er erinnert an den Arzt und Schoa-Überlebenden Simon Snopkowski, 30 Jahre lang Präsident des Landesverbandes der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern und Mitbegründer der »Gesellschaft zur Förderung jüdischer Kultur und Tradition«, die diesen Preis verleiht.
Vor allem aber war Simon Snopkowski eine bemerkenswerte Persönlichkeit, an die sich bei der diesjährigen Verleihung viele im Publikum noch nachdrücklich erinnern konnten. Der bayerische Bildungsminister Ludwig Spaenle stellte in seiner Eingangsrede Snopkowskis Lebensgeschichte in den Mittelpunkt: »Irgendwann musste er sich dann entscheiden. Will ich bleiben oder gehen? Für mich beinahe unvorstellbar: Er ist geblieben.«
initiative Zweck der Gesellschaft zur jüdischen Kulturförderung sollte es sein, dass jüdische Kultur wieder ins allgemeine Bewusstsein tritt. Nach der Schoa war das von großer Bedeutung; heute sind die jüdischen Kulturtage, die die Gesellschaft auf Initiative der langjährigen Vorsitzenden Ilse Ruth Snopkowski, Ehefrau von Simon Snopkowski, 1986 ins Leben gerufen hat, eine Institution, auf die die Münchner warten.
Zehn Jahre Simon-Snopkowski-Preis – der Rahmen passte: der Kaisersaal der Münchner Residenz. Die Schirmherrschaft hatte der bayerische Ministerpräsident übernommen. Und es passte auch, dass einige Stuhlreihen von aufgeregt quasselnden und herausgeputzten Jugendlichen belegt waren, zwischen denen Lehrerinnen und Lehrer hin- und herliefen. Ein Preis, der als »besonderes Ziel die Förderung der forschenden Jugend« im Bereich »jüdischer Kultur in Bayern und dem Holocaust« angibt, hat vor allem Schulen und dort angesiedelte Projekte im Blick.
Den ersten Preis erhielt in diesem Jahr die Dietrich-Bonhoeffer-Realschule Neustadt an der Aisch für die Produktion des 24-minütigen Films Stolpersteine, der dem Schicksal von fünf jüdischen Jugendlichen nachgeht, die 1934 die Schule verlassen mussten; vor den Treppen zur Schule erinnern Stolpersteine an sie. Ein zweiter Preis ging an das Dossenberger-Gymnasium Günzburg mit dem schon seit 16 Jahren laufenden Projekt »Der Lernzirkel Judentum«, in dem Neuntklässler für Grundschüler im gesamten Landkreis eine Präsentation über das Judentum vorbereiten. Pro Jahr profitieren davon etwa 1000 Kinder.
publikum Einen weiteren zweiten Preis durfte die Willi-Ulfig-Mittelschule Regensburg entgegennehmen für ihr Projekt »Lernaufgabe: Was Juden heilig ist – Lernen an religiösen Artefakten«. An zwei Vormittagen rücken Sechstklässler jüdischen »Gegenständen« auf die Pelle, lernen kennen, was sie bisher nicht kannten. Ein Film zeigte etwa einen Jugendlichen, der auf Anhieb starke Töne aus einem Schofar zauberte, was beim Publikum für heiteres Staunen sorgte. Von der Moderatorin des Abends, Ilanit Spinner, bekam der Junge gleich ein erstes Jobangebot für Rosch Haschana.
Der Snopkowski-Ehrenpreis ging in diesem Jahr – und das war ein Novum – an eine Institution, nämlich an den Bayerischen Rundfunk (BR), der der breiten Öffentlichkeit »jüdische Geschichte vermittelt, an den Holocaust erinnert und jüdisches Leben in Bayern begleitet«, wie Ilse Ruth Snopkowski sagte.
laudatio Die Laudatio auf den Sender hielt Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, der sich darüber freute, dass es in Bayern junge Menschen gibt, die sich mit dem Thema Judentum befassen. »Die jungen Menschen können Brücken bauen zwischen der nichtjüdischen und der jüdischen Welt, zwischen damals und heute und zwischen den Generationen.« Der BR, so Schuster weiter, habe den Preis »wirklich verdient«, denn der Sender greife viele jüdische Themen auf – »und da geht es nicht nur um die Schoa«.
Ohne das Verdienst des BR schmälern zu wollen, wies Schuster kritisch darauf hin, dass vor einigen Wochen in der »Tagesschau« in einem Beitrag über die Wasserpolitik in Israel »nach einem immer wiederkehrenden Muster Israel als Aggressor dargestellt« worden sei. »Dabei geht es mir nicht darum, Israel zu loben«, betonte Schuster, »es geht mir um einen fairen Umgang. Deutschland hat eine besondere Verantwortung gegenüber dem jüdischen Staat.«
Ulrich Wilhelm, Intendant des BR, der den Ehrenpreis für seinen Sender entgegennahm, sah die Ehrung als Ansporn und Verpflichtung. »Der BR steht für differenzierte, ausgewogene Berichterstattung.« Zur Bemerkung Schusters sagte Wilhelm: »Kritik nehmen wir an und werden darüber nachdenken.«