Die Ruine des Neuen Israelitischen Tempels in Hamburg kann jetzt virtuell erkundet werden. Ein interaktiver Rundgang ermöglicht einen dreidimensionalen Einblick in das Gelände, wie die Hamburger Finanzbehörde als Eigentümerin des Gebäudes am Montag mitteilte. Er ist abrufbar über die Internetseite des ehemaligen Tempels in der Poolstraße oder einen QR-Code, der am Eingangstor angebracht wurde.
Der 1844 errichtete Tempel in der Hamburger Poolstraße war die weltweit erste Synagoge des Reformjudentums. Von dort aus verbreitete es sich in alle Welt. Er wurde bis 1931 für Gottesdienste genutzt und musste 1937 unter Wert verkauft werden. Im Zweiten Weltkrieg zerstörte eine Bombe das Hauptschiff. Von dem einst dreischiffigen, neogotischen Bau sind heute nur noch das Eingangsportal und die Apsis erhalten.
Verborgen in einem Hinterhof
"Die Ruine des Neuen Israelitischen Tempels ist ein wichtiges Zeugnis jüdischen Lebens in Hamburg", erklärte Finanzsenator Andreas Dressel (SPD). Der historische Ort liege verborgen in einem Hinterhof und sei bisher für die Öffentlichkeit nur in Ausnahmefällen zugänglich gewesen. "Mit dem virtuellen Rundgang ändern wir das jetzt." Die Stadt wolle das bedeutsame und geschichtsträchtige Areal erhalten und in Zukunft behutsam weiterentwickeln.
Im Jahr 2020 hatte der zur Finanzbehörde gehörende Landesbetrieb Immobilienmanagement und Grundvermögen das Grundstück erworben. Ziel ist, das unter Denkmalschutz stehende Kulturdenkmal dauerhaft zu sichern und für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Texte auf Deutsche und Englisch
Der Rundgang startet mit einer Gesamtansicht des Geländes. Die Betrachter können sich anschließend virtuell frei bewegen und sich jederzeit um 360 Grad drehen. An 18 "Content Points" können sie Texte in deutscher und englischer Sprache zu den einzelnen Gebäudeteilen abrufen. Auch ein Grundriss ist verfügbar. Zur Erstellung des Rundgangs kam laut der verantwortlichen Agentur ein spezielles 3D-Kamerasystem zum Einsatz.
Was in Zukunft mit dem Gelände geschehen wird, ist laut Senator Dressel noch offen. Es laufe ein Dialogprozess mit verschiedenen Interessenten, darunter auch die Liberale Jüdische Gemeinde. In Absprache mit dem Denkmalschutz seien bereits Maßnahmen zur Sicherung der Ruine durchgeführt worden. In diesem Jahr sollten Grabungen auf dem Gelände durchgeführt worden. Es wird vermutet, dass sich im Untergrund weitere Überreste des ehemaligen Tempels wie Wandziegel, gusseiserne Säulen und Treppen befinden.