Mit einem Richtfest ist am Mittwoch in Frankfurt am Main die Fertigstellung des Rohbaus der Jüdischen Akademie des Zentralrats der Juden in Deutschland feierlich begangen worden. An der Zeremonie nahmen Vertreter des Zentralrats der Juden, des Landes Hessen und der Stadt Frankfurt sowie der Jüdischen Gemeinde Frankfurt, des Architekturbüros Turkali Architekten und weiterer Institutionen teil. Traditionsgemäß standen auch die am Projekt beteiligten Handwerker und Bauarbeiter im Fokus der direkt auf der Baustelle ausgerichteten Veranstaltung.
Zentralratspräsident Josef Schuster sprach von einem »sehr erfreulichen Anlass«. Er würdigte seinen Vorgänger Dieter Graumann als Ideengeber der Jüdischen Akademie, die derzeit noch als Bildungsabteilung im Zentralrat fungiert, sowie deren Co-Leiter Sabena Donath und Doron Kiesel. »Ein weiterer jüdischer Leuchtturm« entstehe in Frankfurt, sagte der Zentralratspräsident. Schuster betonte zudem die Rolle der Bildung im Kampf gegen Antisemitismus: »Gerade dieses Haus steht für Bildung und Offenheit auch gegenüber der nichtjüdischen Öffentlichkeit.«
Er dankte zudem den am Bau beteiligten Handwerkern und Bauarbeitern. Nicht zuletzt würdigte Josef Schuster den vor einem Jahr plötzlich verstorbenen Harry Schnabel, der als Präsidiumsmitglied des Zentralrats das Bauprojekt maßgeblich begleitet hat: »Sein Wirken für dieses Haus wird unvergessen bleiben.«
Oberbürgermeister Mike Josef (SPD) dankte dem Zentralratspräsidenten für die Entscheidung, die Jüdische Akademie in Frankfurt am Main zu bauen. Frankfurt sei der richtige Ort für diese Akademie – als Ergänzung zur Jüdischen Gemeinde und zum Jüdischen Museum. Die Jüdische Akademie baue auf Verständigung auf, so Josef. Sie sorge dafür, dass Menschen zusammenkommen, »damit wir die richtigen Schlüsse ziehen aus der Geschichte«. Es sei ein »Bildungsauftrag für die Demokratie«.
Hessens Antisemitismusbeauftragter und Finanzstaatssekretär Uwe Becker (CDU) sprach von einem »markanten Ort«, der »mittendrin in der Gesellschaft, in dieser Stadt, in der Mitte Deutschlands« liege. Die Jüdische Akademie sei ein »Ausrufezeichen des jüdischen Lebens in Deutschlands«, sagte Becker. In seiner früheren Funktion als Frankfurts Stadtkämmerer war er am Zustandekommen des Bauprojekts beteiligt. Auch Becker würdigte Harry Schnabel, dessen Angehörige beim Richtfest anwesend waren.
Nach der Ansprache des federführenden Architekten Zvonko Turkali erlaubte eine 3D-Videosimulation detaillierte Einblicke in das künftige Haus, das aus einem denkmalgeschützten Altbau und einem großzügigen Neubau bestehen wird. Die mit einem fulminanten Ausblick auf Frankfurt ausgestattete Lounge der Jüdischen Akademie werde nach Harry Schnabel benannt, kündigte Zentralratspräsident Josef Schuster an.
Die Frankfurter Gemeinderabbiner Avichai Apel und Julian-Chaim Soussan segneten das Haus, bevor der traditionelle Richtspruch eines Handwerkers erklang und der Richtkranz am Gebäude emporstieg. »Wir bauen ein jüdisches Haus für uns alle. Alle sind willkommen!«, betonte Sabena Donath zum Abschluss der Zeremonie.
Große Pläne für die Jüdische Akademie
Der mehrgeschossige Neubau soll durch ein verglastes Foyer mit einer früheren denkmalgeschützten Professorenvilla verbunden werden. Turkalis Entwurf sieht im neoklassizistischen Altbau unter anderem ein Café sowie Besprechungs- und Verwaltungsräume vor. Insgesamt umfasst der Neubau fünf Ebenen. Im Untergeschoss ist ein Speisesaal geplant, im Erdgeschoss ein Akademiesaal.
Der große Veranstaltungssaal für 200 Personen im ersten Obergeschoss soll in Teilen auch das zweite Geschoss einnehmen, dort kommen Gruppenräume hinzu. Auf dem Dach befindet sich eine Terrasse.
Die Gesamtkosten des Projekts lagen laut Zentralrat ursprünglich bei 34,5 Millionen Euro. Die Stadt hatte 5,5 Millionen Euro zugesagt, die Bundesregierung wollte sich nach einem Beschluss des Deutschen Bundestags mit 16 Millionen Euro beteiligen und die hessische Landesregierung mit sieben Millionen Euro.
Nach dem Spatenstich im September 2021 sollte das Haus ursprünglich in diesem Jahr eröffnet werden. Die aufwendige Sanierung des Altbaus und die Verzögerung bei der Lieferung von Baustoffen nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine haben die Bauzeit nach Angaben des Architekten Turkali verlängert. Nun ist die Eröffnung Ende 2025 vorgesehen. ja/epd