Berlin

Judenhass im Klassenzimmer

Diskussion im ZWST-Kompetenzzentrum Foto: Jérôme Lombard

Antisemitische Vorfälle sind an deutschen Schulen keine Seltenheit. Doch was können Lehrer gegen die Feindseligkeiten tun? Vor welchen Herausforderungen stehen die Pädagogen in Bezug auf Antisemitismus im Klassenzimmer, und welche Konzepte der Intervention sind sinnvoll? Diese Fragen standen im Zentrum eines zweitätigen Fachsymposiums, das am Dienstag und Mittwoch in Berlin unter dem Titel »Antisemitismus an der Schule – ein beständiges Problem?« stattfand.

Organisiert wurde die Tagung vom Kompetenzzentrum für Prävention und Empowerment der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland (ZWST). »Antisemitismus ist ein gesamtgesellschaftliches Problem. Gerade in der Institution Schule scheint die antisemitische Diskriminierung aber zu kulminieren«, sagte Heiko Geue vom Bundesfamilienministerium in seiner Begrüßungsansprache.

Nur ein kleiner Teil der antisemitischen Übergriffe im schulischen Raum werde überhaupt öffentlich bekannt. Da viele Vorfälle von den Schulen nicht gemeldet werden, müsse man von einer hohen Dunkelziffer ausgehen, betonte Geue.

Beispiel Ein Fall, der im Sommer bundesweit für Schlagzeilen gesorgt hatte, war der eines jüdischen Schülers in Berlin-Friedenau. Der 14-Jährige wurde von muslimischen Mitschülern über Monate hinweg antisemitisch beleidigt und geschlagen, bis er schließlich die Schule verließ.

Gemma Michalski, die Mutter des Jungen, war zu der Tagung gekommen, um über ihre Erfahrungen zu berichten. »Mein Sohn war wie Freiwild. Mich hat dieser tief sitzende Hass überrascht«, sagte Michalski. Besonders erschreckt habe sie, dass die Schulleitung das Problem überhaupt nicht ernst genommen habe.

Die Verharmlosung antisemitischer Diskriminierung seitens der Lehrer sei viel zu oft ein Problem, kritisierte Marina Chernivsky, Leiterin des ZWST-Kompetenzzentrums. Oftmals sei den Lehrern gar nicht bewusst, in welchen Ausdrucksformen sich Antisemitismus gegenwärtig zeigen könne. »Die Perspektive der betroffenen Schüler und Eltern fehlt meistens. Viel zu häufig wird Antisemitismus ohne Juden verhandelt«, sagte Chernivsky.

Diskriminierung Präventionsstrategien gegen Antisemitismus an der Schule müssten zuallererst an der Ausbildung der Lehrer ansetzen, forderte Saraya Gomis, Antidiskriminierungsbeauftragte des Berliner Bildungssenats. »Angehende Lehrer müssen im Umgang mit multikulturellen Klassen geschult werden, um konsequent gegen Diskriminierungen vorgehen zu können«, sagte Gomis.

Über Interventionsstrategien und pädagogische Handlungsoptionen diskutierten am Mittwoch der Geschäftsführer des Zentralrats der Juden in Deutschland, Daniel Botmann, Andrés Nader, Rechtsanwalt in Berlin, Dervis Hizarci von der Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus und Marina Chernivsky. Die Moderation hatte Christiane Friedrich von »Perspektivwechsel Plus« der ZWST übernommen.

Gemeinden

Ratsversammlung des Zentralrats der Juden tagt in München

Das oberste Entscheidungsgremium des jüdischen Dachverbands kommt traditionell einmal im Jahr zusammen – am letzten Sonntag im November

 23.11.2024

Porträt der Woche

Familie als Sujet

Elinor Sahm ist Israelin, Künstlerin, Mutter und lebt jetzt in Berlin

von Alicia Rust  23.11.2024

Berlin

Hommage an jiddische Broadway-Komponisten

Michael Alexander Willens lässt die Musik seiner Großväter während der »Internationalen Tage Jüdischer Musik und Kultur« erklingen

von Christine Schmitt  21.11.2024

Leo-Baeck-Preis

»Die größte Ehre«

BVB-Chef Hans-Joachim Watzke erhält die höchste Auszeichnung des Zentralrats der Juden

von Detlef David Kauschke  21.11.2024

Düsseldorf

Für Ausgleich und Verständnis

Der ehemalige NRW-Ministerpräsident Armin Laschet erhielt die Josef-Neuberger-Medaille

von Stefan Laurin  21.11.2024

Jubiläum

Religionen im Gespräch

Vor 75 Jahren wurde der Deutsche Koordinierungsrat der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit gegründet

von Claudia Irle-Utsch  21.11.2024

Engagement

Helfen macht glücklich

150 Aktionen, 3000 Freiwillige und jede Menge positive Erlebnisse. So war der Mitzvah Day

von Christine Schmitt  20.11.2024

Volkstrauertag

Verantwortung für die Menschlichkeit

Die Gemeinde gedachte in München der gefallenen jüdischen Soldaten des Ersten Weltkriegs

von Vivian Rosen  20.11.2024

München

»Lebt euer Leben. Feiert es!«

Michel Friedman sprach in der IKG über sein neues Buch – und den unbeugsamen Willen, den Herausforderungen seit dem 7. Oktober 2023 zu trotzen

von Luis Gruhler  20.11.2024