Ein 39-jähriger Jude ist am Donnerstagnachmittag in Berlin-Wilmersdorf antisemitisch beschimpft worden. Wie die Polizei mitteilte, war der Mann äußerlich als Jude erkennbar, er trug eine Kippa. Der Berliner war zu Fuß in der Rudolstädter Straße unterwegs, als er aus einem vorbeifahrenden Auto heraus von einem Mann judenfeindlich beleidigt wurde.
Der Täter saß auf der Rücksitzbank des Autos, auf dem Beifahrersitz saß ebenfalls ein Mann. Anschließend sei der Wagen weitergefahren. Der Staatsschutz beim Landeskriminalamt Berlin hat – wie bei antisemitischen Delikten üblich – die Ermittlungen übernommen. Weitere Angaben zu dem Fall können bislang nicht gemacht werden, teilte die Polizei der Jüdischen Allgemeinen mit.
Angriffe In den vergangenen Monaten haben sich antisemitische Beleidigungen und körperliche Angriffe auf Juden in Berlin gehäuft. Ende Mai wurden vier Jugendliche am Berliner Bahnhof Zoo antisemitisch beleidigt, bedroht, geschlagen und getreten. Die 16 und 17 Jahre alten Jugendlichen hatten laut Musik gehört, unter anderem einen hebräischsprachigen Song.
Daraufhin wurden sie von drei – laut Eigenaussage der Täter – palästinensischen jungen Männern angegriffen; mit leichten Verletzungen musste eines der Opfer in einem Krankenhaus behandelt werden. Der Polizeiliche Staatsschutz beim Landeskriminalamt Berlin übernahm die Ermittlungen.
Mitte April hatte ein syrischer Flüchtling einen 21-jährigen Israeli beleidigt und mit einem Gürtel geschlagen. Daraufhin saß der Täter mehrere Wochen lang in Untersuchungshaft. Vor wenigen Wochen erhob die Berliner Staatsanwaltschaft vor dem Jugendschöffengericht Tiergarten Anklage gegen den 19-jährigen Täter Knaan Al S. wegen gefährlicher Körperverletzung und Beleidigung.
statistik Im Dezember 2017 wurde ein jüdischer Restaurantbesitzer in Berlin massiv antisemitisch beschimpft. Das Verbrennen der israelischen Flagge vor dem Brandenburger Tor von überwiegend arabisch- und türkischstämmigen Migranten sorgte ebenfalls für Schlagzeilen und Entsetzen in Gesellschaft und Politik.
Laut Polizeistatistik haben sich die antisemitischen Taten in Berlin seit 2013 verdoppelt. Die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Berlin (RIAS) registriert ebenfalls einen enormen Zuwachs antisemitischer Taten in Berlin. Wie RIAS Mitte April mitteilte, wurden in Berlin 2017 insgesamt 947 antisemitische Vorfälle erfasst.
Dies entspreche einem Zuwachs von über 60 Prozent. Davon entfallen 325 Fälle auf Anfeindungen in sozialen Netzwerken, E-Mails oder Kommentaren. Die Dunkelziffer indes sei mit großer Wahrscheinlichkeit bedeutend höher, weil viele Opfer antisemitischer Delikte die Angriffe nicht bei der Polizei anmelden.
Resolution Um dem zunehmenden Antisemitismus zu begegnen, hat das Berliner Abgeordnetenhaus vor zwei Wochen mit großer Mehrheit eine Resolution gegen Antisemitismus verabschiedet. Zu den konkreten Maßnahmen gehören laut der Resolution die konsequente Bekämpfung, Verfolgung und Erfassung von antisemitisch motivierten Straftaten, der Opferschutz, die Stärkung der Zivilgesellschaft sowie die Sensibilisierung für judenfeindliche Denkmuster und Einstellungen.
In dem Beschluss heißt es zudem, dass der Senat bis Februar 2019 ein Präventionskonzept vorlegen und dabei auch die Stadtgesellschaft einbeziehen soll. Das Amt eines Antisemitismusbeauftragten – wie in vielen anderen Bundesländern üblich – will der Rot-Rot-Grüne Senat aber nicht einrichten. Der Senat verweist auf die bisherigen Initiativen gegen Judenhass im Land Berlin, mit denen der Antisemitismus zu verhindern und zu bekämpfen versucht werde.