Auch wenn die jüdische Gemeinschaft schon länger das Jahr 5777 zählt, finanz- und steuerrechtlich hat auch für sie vor Kurzem das Jahr 2017 begonnen. Und so haben viele jüdische Gemeinden sich in diesem Kalenderjahr viel vorgenommen.
Die Jüdische Gemeinde Gelsenkirchen startet gleich mit dem zehnjährigen Jubiläum ihrer neuen Synagoge ins neue Jahr. Am 1. Februar steht eine große Feier an. Ebenso bei den Nachbarn, der jüdischen Gemeinde Bochum-Herne-Hattingen. Sie feiert das zehnjährige Jubiläum der Bochumer Synagoge am 16. Dezember. Die Einzelheiten zu den Feierlichkeiten stehen zwar noch nicht fest, sagt Elina Domnina, Mitarbeiterin der Gemeinde. »Es wird aber sicher ein großes Fest!«
Amos-Klub Bisher stehe die Planung noch nicht, sagt Friedrich Thul, Geschäftsführer der jüdischen Gemeinde in Aachen. »Wir machen immer gern von den Veranstaltungsangeboten des Zentralrats Gebrauch.« 2017 steht überdies ein besonderes Jubiläum an: Der Amos-Klub wird 25 Jahre alt. Gegründet 1992 von den Zuwanderern aus der ehemaligen Sowjetunion, veranstaltet der Club wöchentlich Seniorennachmittage und als Highlight Fahrten in die umliegenden Städte oder in die Nachbarländer Niederlande und Belgien. »Bis zu 170 Leute nehmen regelmäßig an den Veranstaltungen teil«, weiß Thul und betont: »Der Geburtstag wird natürlich gebührend gefeiert, und zwar unter anderem mit einem Essen, das wir in der Gemeinde ausrichten werden.«
In Marburg stehen die Feiern zum 700-jährigen Bestehen der Gemeinde an, berichtet Vorsitzende Monika Bunk. Am 15. Mai 1317 wurden Juden in der Stadt erstmals urkundlich erwähnt. Im Kaufvertrag über ein Grundstück heißt es, es liege »gegenüber der Synagoge«, weiß Bunk. Vermutlich war damit die Synagoge am Oberen Markt gemeint, deren Überreste bei Ausgrabungen in den 90er-Jahren gefunden wurden. »Natürlich lebten Juden schon länger in Marburg, aber dies ist eben die erste offizielle Erwähnung«, erklärt Monika Bunk, und das sei doch ein guter Grund zum Feiern.
Aber auch das Lutherjahr spiele in der Stadt eine wichtige Rolle. Dort fand schließlich 1529 das sogenannte Religionsgespräch zwischen Vertretern unterschiedlicher evangelischer Strömungen statt, und die heutige Philipps-Universität wurde 1527 als weltweit erste protestantische Universität gegründet.
Zukunft »Wir müssen uns aber auch mit Zukunftsstrategien beschäftigen und Ideen entwickeln, wie wir zum Beispiel die jüngeren Familien stärker an die Gemeinde binden können. Aber ganz ehrlich, es fehlt uns das Geld, um jemanden anzustellen, der Projekte antreiben und sich um Finanzierungen und Förderungen kümmern kann.«
In Mönchengladbach bereitet man sich dagegen auf Baumaßnahmen vor. »Auf uns wartet eine riesige Sanierung, wir werden nämlich zwei Aufzüge einbauen lassen«, erzählt die Vorsitzende der jüdischen Gemeinde, Leah Floh. »Endlich«, seufzt sie, denn »wir versuchen das schon seit Jahren, aber jetzt haben wir die Finanzierung sichergestellt.«
Die Aufzüge sind dringend notwendig, denn im dritten Stock ist unter anderem die Sozialabteilung untergebracht. »Unsere Senioren können keine Treppen mehr steigen, weswegen wir vor einiger Zeit schon als Zugeständnis unsere Bibliothek im Erdgeschoss untergebracht haben.« Auch vom Kiddusch nach dem Gottesdienst waren viele ältere Mitglieder ausgeschlossen, weil sie den dafür vorgesehenen Raum im Untergeschoss nur über eine Treppe erreichen konnten.
Barmizwafeiern Erfreulich sind die acht Barmizwafeiern, die die Gemeinde in diesem Jahr begehen wird. »So viele hatten wir noch nie, das wird im religiösen Sinne ein sehr gutes Jahr! Das sind die Kinder der Mütter, die als Mädchen das Jugendzentrum und die Sonntagsschule besuchten. So muss es sein: von einer Generation zur nächsten Generation.«
Außerdem wird es, wenn alles so läuft, wie Leah Floh sich das vorstellt, in Mönchengladbach 2017 auch eine Kooperation zwischen Juden und Muslimen geben. Angeregt von guten Erfahrungen bei einer gemeinsamen Veranstaltung der Zentralräte der Juden und der Muslime in Berlin, will sie etwas anschieben. »Wir müssen aktiv werden, denn nur durch Begegnungen können wir gerade den oft aus Unwissen entstandenen Antisemitismus bekämpfen.«
»Unser Kulturprogramm steht im Großen und Ganzen schon seit Rosch Haschana«, sagt Eva Tichauer Moritz, die Vorsitzende der Jüdischen Kultusgemeinde für Göttingen. Dazu gehören auch zwei Veranstaltungen aus dem Angebot des Zentralrats. Und dann ist da noch die Mikwe, die im Keller des Löwensteinhauses wiederentdeckt wurde. Sie soll restauriert werden. »Wir wollen sie so erhalten, wie sie war, aber sie soll kein historisches Ausstellungsstück sein, wir wollen sie nutzen«, freut sich Tichauer Moritz. »Der Landesverband wird uns unterstützen, die Denkmalbehörde in Hannover auch, aber es wird schon alles sehr aufwendig«, weiß die Vorsitzende.