In Polen entstand 1948 mit Undzere Kinder der letzte jiddische Film. Diese Produktion von Nathan Gross und Shaul Goskind präsentierte kürzlich das Filmmuseum und das IKG-Kulturzentrum im Münchner Filmmuseum am Jakobsplatz.
In dem schwarz-weißen, 68-minütigen Spielfilm besuchten Shimon Dzigan und Yisroel Shumacher, das berühmte jiddische Komikerduo, ein jüdisches Waisenhaus in der Nähe von Lodz. Sie treten vor Waisenkindern auf, die den Holocaust überlebten. Die Szenen aus der Geschichte Kasrilevke Brent von Scholem Alejchem wecken bei den Kindern schmerzhafte Erinnerungen, die sie sich später in der Nacht gegenseitig erzählen. Doch im Film kommen die Kinder selbst auf die Bühne und entdecken mit Tanz und Gesang die befreiende Wirkung der Kunst. Sie werden somit zu einem Symbol für den Neuanfang des jüdischen Lebens nach dem Holocaust.
Sprache Shimon Redlich, emeritierter Professor für Geschichte an der Ben-Gurion-Universität und der Historiker Gabriel N. Finder, der an der University of Virginia lehrt, sprachen bei der Vorführung im Filmmuseum und beantworteten die Fragen des Publikums. Shimon Redlich, im Film stellte er einen Jungen dar, wurde von Ellen Presser, Leiterin des Kulturzentrums der IKG, mit den Worten angekündigt: »Ich glaube, dass sie Shimon Redlich verstehen werden, mit den Ohren und auch mit dem Herzen!«
Er sprach auf Jiddisch, einer Sprache, die er erst später gelernt hat. Bei der Entstehung des Films, so erzählte er, hatte er –gerade 13 Jahre alt – ganze jiddische Texte mit polnischen Buchstaben geschrieben und dann gelernt. Er selbst hatte in einem Versteck bei einer ukrainischen Bäuerin überlebt.
Der andere Gast, Gabriel N. Finder, stellte die Geschichte des Films vor: 1945 gründete der Filmproduzent Shaul Goskind in Lodz sein eigenes Filmatelier »Kinor«. Damit wollte er Filme, die das Leben der Juden im Polen der Nachkriegszeit reflektieren, auf Jjiddisch drehen. Drei Jahre später drehte der junge Regisseur Nathan Gross nach einer Reihe von Dokumentationen den Spielfilm Undzere Kinder, den er zusammen mit Shaul Goskind 1949 bearbeitete.
Das Besondere dabei ist, dass die Rollen von Kindern gespielt wurden, die aus jüdischen Schulen in Lodz oder aus dem jüdischen Kinderheim Helenówek stammten und den Holocaust überlebt hatten.
Finder betonte, »die Existenz jüdischer Kinder diente immerhin dazu, die Behauptung zu verstärken, dass das jüdische Volk trotz der Vernichtung der meisten der Seinigen immer noch überlebte und eine Zukunft hatte.«