Berlin

Jerusalem am Alexanderplatz

Die Sicherheit Israels ist Teil der deutschen Staatsräson», lautet ein ebenso bekanntes wie viel diskutiertes Zitat von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Doch wie belastbar ist dieses Versprechen jenseits öffentlicher Beteuerungen wirklich? Hält es auch im Fall der Fälle, wenn es darauf ankommen würde?

Um über diese und weitere Fragen zu diskutieren, hatten Sacha Stawski und Melody Sucharewicz am vorigen Sonntag zum Deutschen Israelkongress nach Berlin eingeladen, der erstmals an der Spree stattfand. Mehr als 3000 Menschen besuchten die Konferenz unter dem Motto «Connecting for Tomorrow» im Congress Center am Alexanderplatz – darunter Israels Botschafter Yakov Hadas-Handelsman, KKL-Weltpräsident Efi Stenzler, Verlegerin Friede Springer und Berlins Innensenator Frank Henkel.

Iran Zur Eröffnung des Kongresses sprach Dieter Graumann, Präsident des Zentralrats der Juden und Schirmherr der Konferenz. In seiner Rede benannte er die Herausforderungen für den jüdischen Staat, allen voran die nukleare Bedrohung aus dem Iran. «Das Monster-Mullah-Regime tönt nach wie vor, dass Israel ausgelöscht werden muss», sagte Graumann. «Ich warne davor, auf die Charmeoffensive des iranischen Präsidenten Hassan Rohani hereinzufallen.»

Iran sei weiterhin «Exportweltmeister» in Sachen Terror, Mord und Tod. Zudem griff Graumann die Doppelmoral von Israelkritikern wie Günter Grass und Jakob Augstein an. «Israel ist ein großartiges Land mit wunderbaren Menschen und vielen Inspirationen, Innovationen, Investitionen und Idealen», betonte Graumann, dessen Rede mit Standing Ovations bedacht wurde.

Business Um ebenjenes Israel als Land der Ideen und erfolgreichen Start-up-Unternehmen ging es anschließend im «Business Lab», das junge israelische Unternehmer und Investoren aus Deutschland zusammenbrachte. Hemdat Sagi, die 34-jährige Direktorin des Israel Trade Center Berlin, ist überzeugt: «Neben Los Angeles, New York und Paris ist Berlin mittlerweile der begehrteste Ort für die junge Gründer-Szene in Israel.» Die deutsch-israelischen Beziehungen seien «fit für die Zukunft», befindet die smarte Israelin.

In vier weiteren Labs über Politik, Religion, Wissenschaft und Kultur wurde der deutsch-israelische Dialog fortgesetzt. Zudem wurde im Rahmen des Kongresses erstmals der Arno-Lustiger-Preis vergeben. Die Ehrung erhielt Michael Sommer, weil er sich als Chef des Gewerkschaftsbunds stets gegen den Boykott von israelischen Waren aus dem Westjordanland ausgesprochen hat. «Solange ich der Kopf dieser Organisation bin, wird es nie eine Erklärung geben, die besagt ›Kauft nicht bei Juden‹», bekräftigte Sommer in seiner Dankesrede.

Ein Publikumsmagnet über die Panels hinaus war die KKL-Tombola mit der Moderatorin Susan Sideropoulos. Unter den fast 1500 Teilnehmern der Tombola wurden Flüge mit der israelischen Fluggesellschaft EL AL und eine Kreuzfahrt verlost. Der Gewinner der Flugtickets freute sich: «Wahnsinn!» Was den Glücklichen in Israel erwartet, davon konnte er sich an den vielen Ständen in der Kongresshalle informieren. Unter den Ausstellern waren mehrere Reiseveranstalter sowie einzelne Wein- und Lebensmittelstände vertreten, aber auch Organisationen wie Hadassah Deutschland, das American Jewish Committee und die Internationale Christliche Botschaft Jerusalem.

verantwortung Ganz und gar politisch ging es dann wieder in der Podiumsdiskussion am Nachmittag zu, in dem «die besondere Verantwortung Deutschlands gegenüber Israel» verhandelt wurde. Moderatorin Sylke Tempel, Chefredakteurin der Zeitschrift Internationale Politik, fragte, ob diese Verantwortung mehr sei als eine unverbindliche Sprachregelung. Erhebliche Zweifel daran äußerte Ralf Fücks, Vorstandsmitglied der Heinrich-Böll-Stiftung.

Ganz ähnlich beurteilte das Gert Weisskirchen, ehemaliger außenpolitischer Sprecher der SPD. Er erinnerte an die 70er-Jahre: Als Israel im Jom-Kippur-Krieg mit dem Rücken zur Wand stand, verbot der damalige Bundeskanzler Willy Brandt den USA, Israel über Bremerhaven mit militärischem Nachschub zu versorgen. Brandt wollte seine arabischen Partner nicht verprellen.

Noch deutlicher wurde der Politologe Shlomo Avineri. «Wenn die Stimmung der Deutschen dem widerspricht, wird auch die Kanzlerin einen Rückzieher von ihrem Versprechen machen.» Im Zweifel, betonte er, «ist Israel immer am besten gefahren, wenn es nur auf seine eigene Stärke vertraut hat.»

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