Frau Erdmann, Chabad Berlin organisiert gerade die Evakuierung von 120 jüdischen Waisenkindern aus Odessa. Wo sind die Kinder jetzt?
Im Moment warten sie an der rumänisch-ungarischen Grenze. Wir erwarten sie heute vor Schabbat in Berlin.
Wie kam die Aktion zustande?
Der Rabbiner aus Odessa, Abraham Wolff, ist an uns herangetreten mit der Bitte, die jüdischen Waisenkinder herauszuholen aus dem Kriegsgebiet. Das wurde »last minute« organisiert.
Wie haben Sie das auf die Schnelle bewerkstelligt?
In der Ukraine selbst wurden drei Busse bereitgestellt für die Kinder und ihre Betreuer. Hier haben wir zu Spenden und Unterstützung aufgerufen. Jetzt erwarten wir sie hier – in enger Abstimmung mit dem Senat und der Bundespolizei.
Wie sieht die Unterstützung seitens des Senats aus?
Man will helfen, eine Bleibe für die Kinder zu finden. Denn sie sollen alle zusammenbleiben.
Wie alt sind die Kinder?
Es sind zwei Kleinkinder dabei, ältere Kinder und Jugendliche. Die Kinder sind zwischen drei und 18 Jahre alt. Es ist auch ein Baby dabei, es wurde im Januar geboren.
Wie sehen die ersten Hilfsmaßnahmen aus?
Es sind mehrere Schritte. Im ersten Schritt mussten wir für diese große Anzahl von Menschen eine Unterkunft organisieren und im zweiten Schritt schauen, wie wir sie verpflegen können – das muss natürlich koschere Verpflegung sein. Wir haben sogar eine Unterkunft in der Nähe zur Synagoge gefunden. Auch für die Verpflegung haben wir vorgesorgt.
Sie haben spontan zu Spenden aufgerufen. Wie ist die Reaktion darauf?
Überwältigend. Wir bekommen Sachspenden, finanzielle Unterstützung, Lebensmittelspenden – also Saft, Bananen, Müsliriegel. Das war nicht alles koscher, aber der Gedanke zählt. Es gab ein riesiges Feedback. Wir haben Kinderschuhe, warme Jacken, Spielzeug bekommen.
Wie ist die Resonanz, was die Helfer angeht?
Sehr groß – jüdische und nichtjüdische Berliner zeigen ihre Anteilnahme, wollen helfen, sortieren Sachen. Viele kamen einfach nur, um Sachen vorbeizubringen – und blieben dann über vier bis fünf Stunden. Jede Hilfe ist willkommen.
Welche Schritte sind noch geplant?
Wir werden eine ärztliche Eingangsuntersuchung veranlassen, um zu schauen, ob jemand speziell medizinisch versorgt werden muss. Danach schauen wir nach psychologischer, seelsorgerischer Betreuung. Die Schwierigkeit ist die sprachliche Barriere. Die Kinder sprechen Russisch und Ukrainisch, die wenigsten sprechen Englisch. Da versuchen wir, kompetente Unterstützung zu organisieren. Aber jetzt müssen sie erst einmal sicher hier ankommen. Ein Schritt nach dem anderen.
Mit der Pressesprecherin des Jüdisches Bildungszentrums Chabad Lubawitsch Berlin sprach Katharina Schmidt-Hirschfelder.
Chabad Berlin hilft. Spendenkonto unter diesem Link.