Es war eine besondere Form des Erinnerns an Kitty und Rupprecht Neustätter. Ihrer wurde in Form einer Feierstunde, der Übergabe von Erinnerungszeichen und einer Filmvorführung im Kino gedacht. Der Termin in der vergangenen Woche, der 25. November, war nicht zufällig gewählt worden. An diesem Tag vor genau 80 Jahren wurden die beiden in München lebenden Juden von den Nazis ermordet.
Kitty Herz wurde 1902 in Wien geboren. Es war die Liebe, die sie schließlich zu einer Münchnerin und Frau Neustätter machte. Im Jahre 1928 heirateten sie und Rupprecht, der als Prokurist im Familienunternehmen, einer Papierwarenfabrik, tätig war. Ihren biografischen Daten ist aber auch zu entnehmen, dass das Glück der Pferdeliebhaberin und des leidenschaftlichen Fotografen nur eine sehr begrenzte Zeit hielt.
verfolgung Mit der Naziherrschaft begann für die Juden gerade in der einstigen »Hauptstadt der Bewegung« eine Zeit von Unterdrückung und Verfolgung, Ausgrenzung und Enteignung, Entrechtung, Verschleppung und des systematischen Massenmords. Kitty und Rupprecht Neustätter hatten noch vergeblich versucht, aus Deutschland zu emigrieren. Rupprecht Neustätter war in der berüchtigten Pogromnacht nach Dachau verschleppt und wochenlang inhaftiert worden.
Der Gedenkfeier für die beiden Holocaust-Opfer, die im November 1941 zusammen mit fast 1000 jüdischen Frauen, Männern und Kindern aus München und dem Umland in den ersten Deportationszug nach Kaunas (Litauen) gepfercht und unmittelbar nach der Ankunft von SS-Kommandos erschossen wurden, fand im Prinzregententheater statt. In unmittelbarer Nähe, in der heutigen Prinzregenstraße 83 (damals 17) hatte das Paar bis 1939 gewohnt.
Zu den Rednern der Feierstunde gehörte auch Charlotte Knobloch, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern. Sie nahm das Schicksal von Kitty und Rupprecht Neustätter zum Anlass, auf die Notwendigkeit einer ausgeprägten Kultur des Erinnerns hinzuweisen.
schlussstrich Manche würden die Erinnerung an die Gräuel der Nazizeit heute am liebsten als abgeschlossenes Kapitel der Geschichte sehen, als etwas, worunter ein Schlussstrich gezogen werden könne, erklärte sie. Gleichzeitig verwies Knobloch auf den heute wieder zunehmenden und den immer offener zutage tretenden Antisemitismus und Israelhass.
Ein außergewöhnliches Erlebnis bot indes der Abend im ARRI-Kino mit der Filmvorführung Der lange Weg ins Ghetto, der Einblicke in das Leben der sogenannten Judensiedlung Milbertshofen vermittelte. Von dort aus mussten Kitty und Rupprecht Neustätter die Reise in den Tod antreten. Gezeigt wurden zum ersten Mal auch bisher unbekannte private Fotos und Filme von ihnen. Veronika Heyde-Görtz, deren Großmutter eng mit Kitty befreundet war, hat sie dem Stadtarchiv zur Verfügung gestellt.