House of One

In den Startlöchern

Baustelle am Petriplatz Foto: Rolf Walter/xpress.berlin

Das Datum hat er sich schon vor geraumer Zeit in seinem Terminkalender rot angestrichen – Rabbiner Andreas Nachama kann den 27. Mai kaum erwarten. »Jetzt geht es endlich los, die bauliche Vollendung unseres interreligiösen Friedensprojekts bekommt ihren Startschuss«, sagt der Berliner Rabbiner und Vorsitzende des Stiftungsrats des »House of One«. »Ich freue mich schon wirklich sehr auf diesen Tag.«

Am 27. Mai wird der Grundstein des gemeinsamen repräsentativen Baus der drei monotheistischen Religionen Judentum, Christentum und Islam in der Baugrube auf dem Petriplatz im Zentrum Berlins gelegt. Das interreligiöse Projekt »House of One«, das vor mehr als zehn Jahren als Beitrag zum Dialog der Religionen begann, soll nun endlich seinen baulichen Rahmen bekommen. Wegen der Corona-Pandemie wird die Grundsteinlegung vor Ort nur in kleinem Rahmen stattfinden. Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU), Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) sowie Azza Karam, die Generalsekretärin von »Religions for Peace«, haben sich als prominente Gäste zu der Feierstunde angekündigt. Interessierte aus aller Welt können dem festlichen Akt per Livestream im Internet folgen.

ANLIEGEN »Seit vielen Jahren sind wir bereits im interreligiösen Dialog aktiv und tragen in unserer täglichen Arbeit in der Stiftung House of One immer wieder aufs Neue unseren Beitrag zu mehr Verständnis, Toleranz und Miteinander in unserer Gesellschaft bei«, sagt Rabbiner Nachama. Er habe den Eindruck, dass die Initiative seit ihrem Bestehen schon eine Menge in Sachen interreligiöser Dialog bewegt hat – auch ohne steinernes Gebäude. »Ich denke, wir konnten mit unserem Anliegen bereits in die Berliner Stadtgesellschaft hineinwirken und uns auch darüber hinaus bemerkbar machen«, sagt der Rabbiner. Mit »wir« meint er seine beiden Mistreiter in dem Projekt, Pfarrer Gregor Hohberg und Imam Kadir Sanchi.

Parallel zur Bauphase soll der Dialog weiter in die Stadtgesellschaft hineingetragen werden.

Auch der evangelische Geistliche fiebert der Grundsteinlegung Ende Mai entgegen. »Es ist für mich der Moment, an dem aus einer Idee, die vor zwölf Jahren geboren wurde, bauliche Realität wird«, sagt Hohberg. Die Zusammenarbeit der drei House-of-One-Gemeinden sei jetzt schon Realität – ebenso die Gebete, Dialoge und Veranstaltungen, die die drei gemeinsam, analog und in der Pandemie auch digital, durchführen.

Träger des Projekts sind von Beginn an die evangelische Kirchengemeinde Sankt Petri − Sankt Marien, die Jüdische Gemeinde zu Berlin und der muslimische Verein Forum Dialog. Auch das Abraham Geiger Kolleg beteiligt sich. »In Berlin hat sich im Bereich des Dialogs der Religionen in den vergangenen zehn Jahren sehr viel zum Positiven entwickelt«, sagt Pfarrer Hohberg. Nun, nachdem das Vertrauen zueinander gewachsen sei, könne auch das Haus beginnen zu wachsen.

FINANZIERUNG Ursprünglich war die Grundsteinlegung für das Mehrreligionengebäude, in dem es eine Synagoge, eine Kirche und eine Moschee mit viel gemeinsamem Raum zum Austausch geben soll, bereits vor rund einem Jahr, Mitte April 2020, geplant. Corona hat wie an so vielen Stellen auch beim House of One zu Verzögerungen bei der Planung gesorgt.

Insgesamt rechnet man mit einer Bauzeit von fünf Jahren bis Ende 2026, wie House-of-One-Sprecherin Kerstin Krupp mitteilt. »Die vergleichsweise lange Bauzeit ist darauf zurückzuführen, dass nicht mit Beton, sondern mit solidem Steinwerk gebaut wird«, erklärt Krupp.

Die Kosten für das rund 40 Meter hohe, wuchtige Gebäude belaufen sich nach aktuellen Berechnungen auf circa 47 Millionen Euro, sagt die Sprecherin. Eigentlich hatte man mit rund 43,5 Millionen Euro Baukosten gerechnet. Doch auch hier machen sich die durch die Krise gestiegenen Materialkosten sowie die nach den terroristischen Anschlägen von Halle und Hanau nochmals erhöhten Sicherheitsauflagen, wie etwa der Einbau einer Security-Schleuse, bemerkbar.

spendenbereitschaft Die gute Nachricht: Die große Mehrheit der Gelder ist bereits gesichert. 20 Millionen Euro stellt der Bund zur Verfügung, zehn Millionen Euro kommen vom Land Berlin. Weitere zehn Millionen Euro sind schon durch private Spenden und andere Zuwendungen zusammengekommen. Und die fehlenden sieben Millionen? Die werden auch zeitnah gesichert werden können, wie Projektsprecherin Krupp zuversichtlich sagt. »Das Berliner Stadtschloss hat gezeigt, dass die Spendenbereitschaft noch einmal steigt, wenn das Bauvorhaben erst einmal angelaufen ist und sich auf der Baustelle sichtlich etwas tut«, erläutert sie.

Bei der Sammlung von Spendengeldern setzt das Projektmanagement auch auf die Ausstrahlungskraft des 20-köpfigen Stiftungskuratoriums des House of One, das sich im November vergangenen Jahres gegründet hat. Unter den Mitgliedern sind neben Vertretern aus Politik und der Berliner Kulturlandschaft wie dem Generalintendanten des Humboldt-Forums, der Direktorin des Jüdischen Museums und des Präsidenten der Stiftung Preußischer Kulturbesitz auch Vertreter der drei Religionen, darunter der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster. »Ein friedliches, kreatives Miteinander von Judentum, Christentum und Islam mitten in Berlin, inmitten dieser auch politisch alles andere als ruhigen Zeit: Das Konzept hat mich persönlich überzeugt«, sagte Schuster bei der konstituierenden Sitzung des Stiftungskuratoriums.

Rabbiner Nachama, Pfarrer Hohberg und Imam Sanci wollen die Bauphase ihres Gebäudes aktiv begleiten. »Parallel zum Bau werden wir natürlich unsere Anstrengungen für einen Dialog, der verschiedenste Gruppen unserer Gesellschaft zusammenbringt, weiter ausweiten«, sagt der evangelische Geistliche. So wolle man mit den Architekten die Planung des Inneren des Gebäudes gemeinsam begleiten, am künftigen Festkalender und Veranstaltungsprogramm des House of One arbeiten, theologische und liturgische Fragen bedenken und die nationalen und internationalen Partnerprojekte weiter unterstützen. »Wir werden das äußere Wachstum des Gebäudes mit dem inneren Gedeihen verknüpft halten.«

Meinung

An Purim wird »We will dance again« wahr

Das Fest zeigt, dass der jüdische Lebenswille ungebrochen ist – trotz der Massaker vom 7. Oktober

von Ruben Gerczikow  12.03.2025

In eigener Sache

Zachor!

Warum es uns besonders wichtig ist, mit einer Sonderausgabe an Kfir, Ariel und Shiri Bibas zu erinnern

von Philipp Peyman Engel  11.03.2025 Aktualisiert

Militärseelsorge

Militärrabbiner Ederberg: Offenes Ohr für Soldaten im Norden

Arbeit bei der Bundeswehr sei Dienst an der Gesellschaft insgesamt, den er als Rabbiner gerne tue, sagt Ederberg

 11.03.2025

Buchvorstellung

Parallelen zum BDS-Boykott von heute

Andreas E. Mach untersuchte die Geschichte jüdischer Familienunternehmer in München

von Luis Gruhler  10.03.2025

Interview

»Wir reden mehr als früher«

Rabbiner Yechiel Brukner lebt in Köln, seine Frau Sarah ist im Herbst nach Israel gezogen. Ein Gespräch über ihre Fernbeziehung und eine Spendenkampagne für Familien israelischer Soldaten

von Christine Schmitt  10.03.2025

Antisemitismus

Rabbiner Pinchas Goldschmidt zu Vorfall in München: »Abschieben! Noch heute!«

Drei junge Syrer randalierten am Samstag vor dem jüdischen Gemeindezentrum - in ersten Reaktionen forderten Rabbiner harte Konsequenzen

 10.03.2025

München

Hilfe von »Ruth«

Der Jüdische Frauenverein ermöglicht Bedürftigen ein Leben in Würde

von Luis Gruhler  09.03.2025

Berlin

Des Nougats Kern

Yahel Michaeli lädt in ihrer Patisserie zu Kursen ein, in denen sie die Kunst der Schokoladen- und Pralinenherstellung lehrt. Ein Besuch zwischen Mousse und Callets

von Alicia Rust  09.03.2025

Dialog

Buber-Rosenzweig-Medaille wird am Sonntag in Hamburg verliehen

In diesem Jahr geht die Medaille an das Ehepaar Meron Mendel und Saba-Nur Cheema. An der Auszeichnung gab es im Vorfeld scharfe Kritik aus der jüdischen Gemeinschaft

 09.03.2025