Zum dritten Mal sind am Mittwoch vergangener Woche Vertreter jüdischer Organisationen auf Einladung des Zentralrats der Juden in Berlin zum Runden Tisch zusammengekommen. Im Zentrum der Veranstaltung stand diesmal die Nachwuchsförderung im Ehrenamt – eine Aufgabe, deren Dringlichkeit viele Teilnehmer beim Austausch untereinander offen zur Sprache brachten.
»Wir wollen uns miteinander verbinden und verbünden, vernetzen und verknüpfen – und dafür sorgen, dass wir gemeinsam noch viel, viel mehr erreichen«, sagte Zentralratspräsident Dieter Graumann zur Begrüßung. Der Zentralrat sei inzwischen als jüdisches Kompetenzzentrum und »Power-Station« positioniert. »Doch wenn ich mich hier so umschaue, seid ihr alle Power-Stationen«, ermutigte Graumann die Teilnehmer in ihrer Arbeit.
Daniel Botmann, Geschäftsführer des Zentralrats, appellierte an die Gäste, den Round Table als Angebot zu betrachten: »Kommen Sie auf uns zu, sprechen Sie uns an. Gerne koordinieren wir, helfen, unterstützen bei allem, was anfällt – nach unseren Möglichkeiten und Kräften.«
Vorgeschichte Der erste Runde Tisch auf Einladung des Zentralrats hatte im März 2012 stattgefunden, das zweite Treffen im Juni 2013. Beim dritten Mal waren mehr als 50 Vertreter von über 30 Organisationen gekommen, darunter Child Survivors Deutschland, WIZO, Jewish Agency, das Ernst-Ludwig-Ehrlich-Studienwerk, Limmud, Lauder Yeshurun, das Rabbinerseminar zu Berlin, das Abraham Geiger Kolleg, Masorti, der Bund traditioneller Juden, die Union progressiver Juden, Chabad Berlin, Hagalil und der Jüdische Frauenbund.
Freiwillige gewinnen und junge Menschen für die Arbeit in jüdischen Organisationen interessieren – beim Round Table wurden unterschiedliche Konzepte dafür präsentiert. Das jüdische Lernfestival Limmud, das ausschließlich von ehrenamtlichen Mitarbeitern organisiert wird, stand dabei im Mittelpunkt der diskutierten »Best Practice«-Modelle.
Beispiel Der Limmud-Vorsitzende Jonathan Marcus und die Schatzmeisterin Frauke Ohnholz stellten ihre langjährigen Erfahrungen vor, wie Freiwillige – etwa für An- und Abreise beim jährlichen viertägigen Festival oder das Managen der Unterkünfte – gewonnen und bei der Stange gehalten werden können.
»Wir geben Leuten die Möglichkeit, eigene Entscheidungen zu treffen. Wir lassen ihnen viel Freiheit bei der Umsetzung«, sagte Marcus. Ohnholz ergänzte: »Man muss Vertrauen haben in andere, und akzeptieren, dass jeder Mensch auf eigene Art mit Herausforderungen umgeht.« Aufgaben für Freiwillige müssten klar definiert, relevant und leicht zu bewältigen sein.
Lilian Tichauer, Präsidiumsmitglied der WIZO Deutschland und langjährige WIZO-Aktivistin in Berlin, sagte, es sei zunehmend schwer, junge Frauen zu gewinnen, die sich für Israel engagieren. »Was wir in Frankfurt am Main geschafft haben, haben wir in Berlin leider noch nicht geschafft«, räumte sie ein. In Frankfurt engagierten sich auch jüngere, unverheiratete Frauen für die WIZO; in Berlin gebe es zwar einen Vorstand von Frauen im Alter von etwa 40 bis 50 Jahren, doch mit dem Nachwuchs sei es schwieriger, beklagte Tichauer.
Ein Problem, das den meisten jüdischen Organisationen angesichts der Überalterung der Mitgliederstruktur der Gemeinden gut bekannt ist. Aron Schuster, stellvertretender Vorsitzender der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland (ZWST), sagte, seine Vision sei es, dass Menschen unter 60 Jahren in zehn bis 20 Jahren die deutliche Mehrheit der Gemeindemitglieder stellen könnten.
herausforderung Doch erst einmal kommt im nächsten Jahr auf die jüdische Gemeinschaft eine große Herausforderung bei der Rekrutierung von Freiwilligen zu: Oren Osterer, Chef des Organisationskomitees der European Maccabi Games 2015 (EMG), appellierte beim Round Table an alle, in ihren Organisationen junge Menschen dafür zu gewinnen. 300 Freiwillige sollen die Makkabi-Spiele im Sommer 2015 unterstützen, den Sportlern Wasser reichen und andere Aufgaben übernehmen.
Außerdem warb Osterer für die Teilnahme an der Eröffnungsveranstaltung am 28. Juli in der Berliner Waldbühne. Sie soll mit mindestens 15.000 – nach Möglichkeit vor allem jüdischen – Teilnehmern gefüllt werden.
Rekord Darüber hinaus will Makkabi während der Spiele einen besonderen Rekord aufstellen: Das größte Schabbatessen der Welt, das am 13. Juni im Hafen von Tel Aviv mit 2226 Teilnehmern stattfand, soll getoppt werden. »Wir wollen den schlagen«, sagte Osterer zu dem israelischen Rekord, der ins Guinnessbuch aufgenommen wurde. Er rechnet mit etwa 2500 Essern an der Schabbattafel von Makkabi im Hotel und Kongresszentrum Estrel in Berlin-Neukölln.