Daniil Fissenko aus Hamburg ist regelrecht im »Medaillenstress«. Wenn er selbst als Schwimmer ins Wasser springt, muss er später meist aufs Treppchen. Mehrmals Silber und Gold hat er bereits in der Tasche. Worauf er besonders stolz ist: Die Juniorenstaffel, deren Schwimmer er trainiert, hat Bronze und Gold geholt.
Zum ersten Mal sind Nachwuchssportler im Alter von 14 bis 18 Jahren gemeinsam bei den European Maccabi Games (EMG) angetreten, die am Dienstagabend in Budapest zu Ende gingen. Und wenn die Junioren-Schwimmer an den Startblock treten, dann wird das ganz groß gefeiert. »Wir haben blaue Badekappen mit Makkabi-Aufschrift und tragen rote Bademäntel, deren Kapuzen wir über den Kopf ziehen. Alles wie beim Boxen – fehlt nur noch die Musik«, sagt Trainer Daniil lachend.
Zum ersten Mal sind Nachwuchssportler im Alter von 14 bis 18 Jahren gemeinsam bei den European Maccabi Games in Budapest angetreten.
Seine Mutter hatte ihn als Kind in einem Schwimmverein angemeldet – und die Begeisterung für den Sport hält immer noch an. In Budapest hat Daniil Fissenko noch eine weitere Aufgabe: Er muss beim Wasserball aushelfen, denn die Mannschaft ist wegen Verletzungen unterbesetzt. »Eine fünf Kilometer lange Strecke zu schwimmen, ist nicht so anstrengend wie Wasserball. Da braucht man eine ganz andere Beintechnik«, sagt der Medizinstudent.
Triathlon Auch Alex Mirsky mag Herausforderungen. Gerade steigt er aus dem Schwimmbecken – der Münchner absolviert Triathlon: »Jeden Tag trainiere ich jede Disziplin. Schwimmen, Radfahren und Laufen.« Allerdings glaubt der 39-Jährige, dass er kein sehr guter Schwimmer ist. »Normalerweise werden die drei Disziplinen hintereinander angegangen – dann weiß man, wo man steht.«
Besonders spannend sei dabei, ob man beispielsweise einen perfekten Wechsel der Sportarten und das damit verbundene Umziehen ohne Probleme schafft. Doch bei diesen Maccabi Games sind die Disziplinen voneinander gelöst und finden einzeln statt.
Für Alex Mirsky war es auch eine kleine Nervenprobe, ob sein Rad überhaupt in Budapest ankommt. Denn der ursprüngliche Transport mit einem Lastwagen klappte nicht, es musste per Flugzeug geschickt werden. Sechs weitere Teilnehmer sind beim Triathlon dabei. Mirsky hofft, dass sich in Zukunft mehr Menschen für diesen Sport interessieren und die Delegation in zwei Jahren größer wird: »Es ist ein schönes Gefühl, dabei zu sein.«
Tischtennis Diese Erfahrung macht auch die Familie Michajlova, die schon mehrmals bei den Maccabi Games dabei war. Das große Finale ihrer beiden Töchter, Lisa gegen Katharina, konnten sich Tatjana und Alexander Michajlova aber gar nicht ansehen – denn sie standen da selbst an der Tischtennisplatte und holten Gold. Erst beim letzten Ballwechsel wurde der 20-jährigen Lisa bewusst, dass sie ihre Schwester gleich besiegt haben könnte. »Katharina spielt viel, viel besser als ich«, sagt Lisa.
Laut Makkabi Deutschland erzielte das »Team Germany« mehr als 100 Medaillen.
Beide nahmen es mit Humor. Die Schwestern haben jeweils drei Gold- und eine Silbermedaille gewonnen, ihre Eltern einmal Gold und einmal Silber. »Meine gewonnenen Pokale und Medaillen hebe ich bei meinen Eltern in Gelsenkirchen auf«, sagt Lisa, die Mathematik studiert. Aber die Edelmetalle der Makkabiade vor zwei Jahren nahm sie mit in ihr Studentenzimmer, »weil sie so schön sind«.
Budapest sei »cool«, sagt Lisa. Doch die Makkabiade in Israel vor zwei Jahren fand sie noch besser, weil der Strand fast vor der Tür lag. Und das nächste Mal möchte sie auch als Betreuerin bei den European Maccabi Games agieren.
Erfolge Die erste Goldmedaille für Deutschland bei den EMG in Budapest holte übrigens das Säbelfechter-Team. Mit dabei: der 15-jährige Samuel Bondar aus Rostock, der sich ein Edelmetall nach dem anderen erkämpfte.
An einigen Tagen regnete es regelrecht Medaillen, wie Makkabi Deutschland mitteilte. Mitunter mehr als 30 an einem Tag. Somit schien das Ziel von Makkabi Deutschland, die meisten Wettkämpfe für sich entscheiden zu können, realistisch.
Der Verband teilte am Dienstagabend auf Facebook mit, das »Team Germany« habe insgesamt über 100 Medaillen erzielt. Erwähnenswert auch die Teilnahme eines Rabbiners: Jonah Sievers aus Berlin landete beim Radrennen auf dem siebten Platz.
Finanzen Jonathan Ben-Shlomo war vor 22 Jahren das erste Mal bei der Makkabiade dabei. 2011 fuhr er zu den European Maccabi Games in Wien, bei denen erstmals Schwimmen als Disziplin angeboten wurde. Ben-Shlomo ist mittlerweile auch Trainer, hilft bei den Wasserballern aus und ist außerdem Makkabi-Vizepräsident für Finanzen. »Das nimmt viel Zeit in Anspruch.« Der Freiburger ist nicht nur mit seinen Goldmedaillen zufrieden, sondern ebenso mit der finanziellen Lage der European Maccabi Games.
»Das Bundesinnenministerium und der Zentralrat der Juden in Deutschland haben ihre finanzielle Unterstützung erhöht, weshalb es auch möglich wurde, dass 300 Sportler mit nach Budapest fahren konnten«, sagt Ben-Shlomo. »Zusätzlich konnten wir einen weiteren Hauptsponsor, Israel Bonds, gewinnen.«
Auch Alon Meyer, Präsident von Makkabi Deutschland, zieht eine positive Bilanz.
Auch Alon Meyer, Präsident von Makkabi Deutschland, zieht eine positive Bilanz: »Das Bild, das in Deutschland über Antisemitismus, rechte Gewalt und ein vermeintlich ängstliches Gefühl von Juden hier in Ungarn vermittelt wird, hat sich zum Glück nicht bestätigt«, sagt er.
Sicherheit In Gesprächen mit den jüdischen Gemeinden im Land erkenne man »eine sehr positive Haltung gegenüber der aktuellen Regierung. Denn Einrichtungen hier erfahren eine Unterstützung, die sie viele Jahre nicht erhalten haben. Zumindest in Budapest und auch in Debrecen fühlt man sich als Jude sicher«, bilanzierte Meyer.
Sein Fazit: »Für die deutsche Delegation waren es extrem erfolgreiche und gute Spiele. Spiele, bei denen wir eine neue deutsch-jüdische Selbstverständlichkeit zeigen konnten. Wir sind stolz auf Deutschland und auf unser Judentum.«