Am Dienstag vergangener Woche war bei den Vereinten Nationen in New York Premiere. Einen Tag vor dem 30. November, dem 2014 in Israel eingeführten Gedenktag für die Vertreibung von rund 900.000 Jüdinnen und Juden aus arabischen Ländern sowie dem Iran, eröffnete Gilad Erdan, Israels Vertreter bei der UN, eine Ausstellung, die an ihr Schicksal erinnern soll.
Am vergangenen Donnerstag gab es dann auch in Berlin im Centrum Judaicum eine Gedenkveranstaltung, organisiert von der israelischen Botschaft sowie dem World Jewish Congress. Ehrengast war die israelische Sängerin und Schauspielerin Liraz Charhi.
Perspektive Gründe für ein Erinnern an das Schicksal dieser vergessenen Flüchtlinge gibt es einige. »Wenn man fragt, wann der Zweite Weltkrieg zu Ende gegangen ist, lautet die Antwort stets, dass dies nach dem Abwurf der beiden Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki im August 1945 der Fall gewesen ist«, sagte Gideon Joffe.
Doch das sei eine klassisch nichtjüdische Sicht, betont der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Berlin. Denn aus Perspektive der Juden war es mit dem Grauen noch lange nicht vorbei. »Es folgten die Pogrome in Polen, der Antisemitismus in der Sowjetunion und schließlich die Vertreibung von fast einer Million Jüdinnen und Juden aus großen Teilen der islamischen Welt.«
Nur sind diese Menschen im historischen Gedächtnis wenig präsent, wie Josef Schuster hervorhebt. »Vielleicht wollen viele sich diesem Thema nicht nähern, weil es ihre einfache Sicht auf den komplexen Nahostkonflikt stört«, betonte der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland.
obsession Geradezu exemplarisch zeigt sich das im Umgang mit den jüdischen Flüchtlingen auf dem internationalen Parkett, allen voran bei den Vereinten Nationen, wo es geradezu eine Obsession zu sein scheint, Israel an den Pranger zu stellen, und es sogar eigene Institutionen gibt, die sich ausschließlich dem Schicksal der palästinensischen Flüchtlinge widmen. »Aber nur eine einzige UN-Resolution beschäftigte sich jemals mit den aus den arabischen Ländern vertriebenen Juden, und das war 2008.«
»Heute Abend sprechen wir viel über die Vergangenheit«, erklärte Ron Prosor. Doch es solle ebenfalls um die Gegenwart gehen. »Wir wollen heute auch zeigen, dass Israel an der Seite der mutigen Frauen und Männer im Iran steht, die gegen das Regime der Mullahs auf die Straße gehen und Freiheit fordern«, so der israelische Botschafter.
Genau deshalb habe man Liraz Charhi nach Berlin eingeladen. Aber es geht nicht nur um die musikalische Begleitung eines wichtigen Gedenktages – schließlich ist die Sängerin und Schauspielerin selbst Tochter von Juden, die den Iran verlassen mussten. »Zugleich verkörpert sie die Idee, dass ein einziger Mensch bereits etwas bewirken kann.«
Entdeckungsreise Trotz der Tatsache, dass Liraz Charhi 1978 in Israel geboren wurde, blieb sie der iranischen Kultur eng verbunden. Für Charhi war die persische Musik der 70er-Jahre der Anfang einer Entdeckungsreise, die in ihrer Kindheit begann und noch lange nicht abgeschlossen ist. »Auf der einen Seite der schreckliche Mahmud Ahmadinedschad, auf der anderen diese wunderschöne Kultur«, schilderte sie der Journalistin Antonia Yamin, die den Abend moderierte, die Schwierigkeiten dabei.
Bald aber schon begann Liraz Charhi, auf Persisch zu singen, was dazu führte, dass sie ebenfalls im Iran populär wurde. In Istanbul nahm sie sogar mit iranischen Musikern gemeinsam ein Album auf. Monate später traf man sich erneut, und zwar auf dem Jüdischen Kulturfestival im polnischen Krakau. »Wir standen zusammen auf der Bühne, haben Musik gemacht, und das in einer Synagoge.«
Einige ihrer Lieder wurden nun aufgrund von Textzeilen wie »Bis wann werden wir schweigen, bis wann werden wir den Kopf einziehen?« zu Hymnen auf den aktuellen Demonstrationen. Mittlerweile hat sie eine riesige Fan-Gemeinde im Iran, was die Mullahs gewiss zur Weißglut bringt – keine schlechte Bilanz für die Tochter jüdischer Flüchtlinge