Seit Jahren wuchert auf einer Brache im Potsdamer Stadtzentrum der Wildwuchs, die Fläche in der Nähe des Landtags wird für den Bau einer Synagoge freigehalten. Doch unterschiedliche Auffassungen der beiden jüdischen Gemeinden in Potsdam über Gestaltung und Nutzung des Gotteshauses haben den Baubeginn bisher verzögert.
Nun scheint der Durchbruch gelungen. 80 Jahre nach den antijüdischen NS-Novemberpogromen ist der Vertrag über Bau, Trägerschaft und Betrieb des Synagogen- und Gemeindezentrums am Mittwoch in Potsdam unterzeichnet worden.
vertragsunterzeichnung Mit der neuen Synagoge werde jüdisches Leben in Potsdam wieder dort präsent sein, »wo es hingehört, im Herzen der Stadt«, betonte Kulturministerin Martina Münch (SPD) bei der Vertragsunterzeichnung: »Ich freue mich ganz außerordentlich.« Das Land werde acht Millionen Euro für die Errichtung des Bauwerks bereitstellen, sagte Münch.
Zunächst müssten noch einige Gestaltungsfragen geklärt werden. Ziel sei, im Jahr 2020 mit den Bauarbeiten zu beginnen und die Synagoge 2022 fertigzustellen.
Die beiden orthodoxen Gemeinden der Stadt, die Jüdische Gemeinde Potsdam und die Synagogengemeinde Potsdam, sollen das Synagogen- und Gemeindezentrum gemeinsam betreiben, dafür soll ein Israelitischer Kultusgemeindebund Potsdam als Trägerverein gegründet werden. Das Land errichtet das Bauwerk und will auch zusätzliche Mittel unter anderem für den Betrieb und für einen Rabbiner beisteuern. Mit der Bauausführung soll der Landesbetrieb für Bauen und Liegenschaften beauftragt werden.
modell Mit der Vertragsunterzeichnung sei »ein Meilenstein gelungen«, sagte der Vorsitzende der Synagogengemeinde, Ud Joffe. Die langen und intensiven Diskussionen über religiöse und praktische Fragen bei der Gestaltung des Bauwerks seien jedoch wichtig gewesen. Dadurch sei es möglich geworden, »ein sehr flexibles Modell« für das jüdische Zentrum mit einem Synagogenraum für bis zu 300 Gläubige zu entwickeln, betonte Joffe: »Alles braucht seine Zeit, die haben wir uns genommen.« Die Synagoge sei ein Geschenk, das die weitere Entwicklung jüdischen Lebens möglich mache, sagte der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Potsdam, Mykhaylo Tkach.
Die zurückliegenden Planungen und Debatten seien »ein langer und nicht unkomplizierter Weg« gewesen, betonte Münch. Bei den noch offenen Fragen wie der Gestaltung der Fassade sei sie jedoch »zuversichtlich, dass wir hier eine gute Lösung finden«. Eigentümer des neuen Synagogen- und Gemeindezentrums bleibe zunächst das Land, betonte Joffe.
Am Jahrestag der NS-Pogromnacht vom 9. November 1938 soll am Freitag mit einer symbolischen Feierstunde der Fortschritt der Planungen für die Potsdamer Synagoge gewürdigt werden.
staatsvertrag Der Bau einer neuen Synagoge in Potsdam wird bereits seit Jahren geplant. Im Staatsvertrag von 2005 zwischen dem Land Brandenburg und dem Jüdischen Landesverband ist vereinbart, dass das Land den Synagogenbau unterstützt. Geplant war, das Bauwerk bis 2012 fertigzustellen. Das Bauprojekt wurde jedoch 2011 von der Landesregierung gestoppt, weil sich die verschiedenen jüdischen Gemeinden nicht einigen konnten.
Die historische Potsdamer Synagoge überstand zwar die Novemberpogrome 1938, wurde danach jedoch nicht mehr als Gotteshaus genutzt, bei einem alliierten Luftangriff auf den Potsdamer Hauptbahnhof im April 1945 zerstört und später abgerissen. In der DDR wurde am historischen Standort ein Wohnhaus errichtet. Dort erinnert heute eine Gedenktafel an die Synagoge.