Ab und zu Schabbat? Jüdischer Vater und nichtjüdische Mutter – Identitätskrise?»
«Auch orthodoxe Rabbiner sind Menschen»: Diesen Satz von Rabbiner Zsolt Balla quittierte Moderatorin Adriana Altaras am Schabbatnachmittag mit der Bemerkung: «Das ist doch immerhin eine These!». Lea Wohl von Haselberg und Ruth Zeifert schilderten die Gefühlslage patrilinearer Juden, die in den deutschen Gemeinden nur nach einem Übertritt zum Judentum Mitglieder werden können. Rabbiner Balla und Rabbinerin Gesa Ederberg brachten Empathie zum Ausdruck, betonten jedoch, an den Regeln der Halacha, des jüdischen Religionsgesetzes, könne nicht gerüttelt werden. ag
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«Pluralisierungen jüdischer Identität und Praxis – Schwächung oder Stärkung der jüdischen Gemeinschaft?»
So lautete das Thema eines Vortrags von Rabbiner David Bollag am Freitagnachmittag. Für Bollag, orthodoxer Rabbiner einer Gemeinde in Efrat im Westjordanland und Lehrbeauftragter für Judaistik an den Universitäten Luzern und Zürich, ist die Antwort klar: Als Jude in der Lage zu sein, Andersdenkende und Praktizierende als gleichwertig jüdisch zu akzeptieren, sei «Ausdruck einer inneren Stärke, die unsere Gemeinschaft, wenn wir untereinander sind, stärken wird». Diese Fähigkeit sei aber auch außerhalb der eigenen Gemeinden für Juden unabdingbar: «Weil es uns nur auf diese Art und Weise gelingen wird, unser Anliegen gegen außen zu vertreten.» ag
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«Deutsch-russisch-jüdische Identität – Vom Zwang, sich zu definieren»
Die Zuwanderung von Juden aus der früheren Sowjetunion liegt mehr als 25 Jahre zurück. Damals prallten zwei Welten aufeinander – eine postsowjetische, eher kulturell-historisch geprägte säkulare jüdische Identität traf auf eine sich vielfach religiös und Schoa-definierte Identität. Die Wunden dieses Aufpralls sind offenbar noch nicht verheilt. Das wurde in der Podiumsdiskussion von Anfang an deutlich. Während der Historiker Dmitrij Belkin Konflikte sowohl in den unterschiedlichen Biografien als auch in den Erwartungen alteingesessener Gemeinden an die Zuwanderer, sich religiös zu definieren, verortete, brachte Anastassia Pletoukhina ein anderes Problem zur Sprache. Die Studentenvertreterin und langjährige Leiterin des Lübecker Jugendzentrums plädierte dafür, junge Leute mehr in die Gemeinden zu integrieren – egal, ob sie von Zuwanderern oder Alteingesessenen dominiert werden. Einig waren sich die Referenten, deren Gespräch von Sergey Lagodinsky moderiert wurde, darin, dass die Integration der verschiedenen Zuwanderergenerationen ein Prozess sei. Dass die Identitätsfrage und der Zwang, sich zu definieren, überhaupt so selbstbewusst thematisiert werde, sei ein gutes Zeichen. Der rege Zulauf zeigte vor allem eines: Es gibt noch viel Gesprächsbedarf und mehr Fragen als Antworten. ksh
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«Terror in Tel Aviv, Brüssel, Paris – Wie verändert der Terror unsere Gesellschaften?»
Der Politikwissenschaftler und Terrorexperte Peter Neumann vom King’s College London lenkte bei seinem Vortrag den Blick zunächst auf die historischen Wurzeln des islamistischen Terrors und die bewaffneten Konflikte in Afghanistan. Sie begannen im April 1978 mit einem Staatsstreich durch die kommunistische Volkspartei. Im Dezember 1979 intervenierte die Sowjetunion militärisch. Auch Osama bin Laden habe sich hier als Krieger radikalisiert. Die Kämpfer – teilweise Söldner – hätten nach Ende des Konflikts faktisch keine berufliche Heimat gehabt, sich für weitere Auseinandersetzungen anwerben lassen und sich schließlich zum Terrornetzwerk Al Qaida zusammengeschlossen. Vor diesem Zusammenschluss, so Neumann, habe es eigentlich keine einheitliche islamistische Terrorfront gegeben. Auch heute erkenne man, dass die Täter sehr unterschiedliche Strukturen hätten. Dazu gehörten Einzeltäter, Flüchtlinge, die sich erst im Einwanderungsland radikalisierten, und lediglich eine geringe Zahl an potenziellen Tätern, die mit dem Flüchtlingsstrom eingeschleust würden. «Europa steht vor einer neuen Terrorwelle, die uns noch eine Generation lang beschäftigen wird», so Neumann beim Gemeindetag. hso
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«Muslimische Verbände in Deutschland – Schlüssel oder Hindernis bei der Integration?»
Die Frage der Diskussionsrunde am Freitagnachmittag beantwortete der Grünen-Politiker Volker Beck eindeutig mit dem Verweis darauf, dass muslimische Verbände als «Hindernis» bei der Integration anzusehen seien. Sein Vorwurf sei nicht, dass sie unterschiedliche religiöse Strömungen vertreten. Das, so Beck, sei im Judentum und im Christentum nicht anders. Nur dass sich unter dem Dach des Zentralrats der Juden, der katholischen oder der protestantischen Kirche immer religiöse Menschen wiederfänden. Nicht so bei den Muslimen. Das, was in Moscheen gepredigt werde, sei nicht eine unterschiedliche Auslegung des Koran oder des Islam, sondern hier werde ausschließlich Politik gemacht. Das habe man sehr deutlich im Sommer 2014 im Zusammenhang mit dem Gaza-Konflikt gesehen, als Muslime auf die Straßen gingen und «Scheißjuden, wir kriegen euch!», «Wir bringen euch um!» und «Juden ins Gas» skandierten. Solange muslimische Verbände nicht eindeutig Stellung gegen Antisemitismus in den eigenen Reihen bezögen und nach innen wirkten, seien muslimisch-jüdische Spitzengespräche kaum möglich, so Beck. hso
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«Die Familie in der zeitgenössischen deutsch-jüdischen und israelischen Literatur»
«Die Literatur steht nicht im luftleeren Raum, und die Schriftsteller reagieren auf die Umstände, in denen sie leben.» So eröffnete die Literaturwissenschaftlerin Rachel Salamander den Workshop am Freitagmittag. Der Berliner Schriftsteller Dmitrij Kapitelman, die Professorin für hebräische Literatur, Anat Feinberg, und der Schriftsteller Michel Bergmann diskutierten über Familie in den unterschiedlichsten Konstellationen. Welche Bedeutung hat die Familie im heutigen Judentum? Darauf wusste Salamander die Antwort: Sie biete auf jeden Fall sehr viel Stoff für Literatur. Denn die Familie als Innenwelt stehe der Außenwelt gegenüber. Wenn von außen Gefahr drohe, sei der Zusammenhalt umso stärker. kat