Betreuung

Holocaust-Überlebende nicht erneut traumatisieren

Erfurter Soziologin: »Zuallererst ist es wichtig, zuzuhören«

 02.04.2020 11:13 Uhr

Auch eine Hand zu halten, ein wenig wärmender Körperkontakt, kann helfen als Zeichen der Anteilnahme. Foto: imago/Panthermedia

Erfurter Soziologin: »Zuallererst ist es wichtig, zuzuhören«

 02.04.2020 11:13 Uhr

Die Erfurter Soziologin Esther Weitzel-Polzer (69) sieht bei Holocaust-Überlebenden besonderen Pflegebedarf. »Man muss darauf achten, dass man nichts wiederholt, was diese Menschen wieder traumatisiert, etwa bei der Körperpflege. Auch Befehlstöne – eine harte Ansprache allgemein – können sie oft nicht ertragen«, sagte Weitzel-Polzer der Nachrichtenagentur KNA in Erfurt.

»Duschen, besonders wenn das Wasser von oben kommt, ist wegen der Gaskammern, die in KZs als Duschen getarnt waren, mit furchtbaren Erinnerungen besetzt.«

Fachhochschule Sätze wie »Ich kann verstehen, wie du dich fühlst« seien in der Pflegesituation mit Überlebenden grundsätzlich fehl am Platz.

Besonders bei demenzkranken Überlebenden sei Sensibilität nötig.

»Wir können es eben nicht verstehen, ja, es ist völlig unvorstellbar, was diese Menschen erlebt haben«, erklärte die Wissenschaftlerin, die den Studiengang Jüdische Sozialarbeit an der Fachhochschule Erfurt leitet. »Deshalb ist es zuallererst wichtig, zuzuhören. Auch eine Hand zu halten, ein wenig wärmender Körperkontakt, kann helfen als Zeichen der Anteilnahme.«

Sensibilität Besonders bei demenzkranken Überlebenden sei Sensibilität nötig. Traumatische Erlebnisse, die lange zurückliegen, würden bei Demenz wieder präsent. »Sie kommen ganz plastisch zurück und werden wieder erlebt, weil sich die kognitive Fähigkeit, dies zu unterdrücken, ausschaltet«, so Weitzel-Polzer. »Die Betroffenen versinken kontinuierlich in Todesangst. Sie hatten früher den Tod dauernd vor Augen, und das erleben sie innerlich jetzt wieder.«

Grundsätzlich hätten alternde Überlebende lange versucht, ihre zunehmende Schwäche zu verbergen. »Sie haben nur durch eine ungewöhnliche Kraft überlebt und verinnerlicht, dass sie dem Tod geweiht sind, wenn sie krank und schwach werden«, so die Forscherin.

Durch den starken Überlebenswillen erkläre sich auch das häufig sehr hohe Alter der Betroffenen: »Wenn sie die 70 überschritten haben ohne Herzerkrankung, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie sehr, sehr alt werden, sehr hoch. Das ist dann weit über 90 Jahre, teilweise bis an die 100.«  kna

Hamburg

»Our Turn«: Zentralrat und ZWST veranstalten Jugendkongress 2025

Den Teilnehmern sollen »Methoden, Chancen und Vorbilder« gezeigt werden, mit denen sie sich selbst verwirklichen können sollen

von Imanuel Marcus  11.12.2024

Magdeburg

Sachsen-Anhalt setzt Förderung jüdischer Einrichtungen fort

Die Projektauswahl wird vom Beirat für jüdisches Leben begleitet

 11.12.2024

Interview

»Damit ihr Schicksal nicht vergessen wird«

Die Schauspielerin Uschi Glas setzt sich für die Befreiung der israelischen Geiseln ein. Ein Gespräch über Menschlichkeit, Solidarität und Gegenwind

von Louis Lewitan  11.12.2024

Stuttgart

Opfer eines Schauprozesses

Nach fast drei Jahrzehnten Stillstand wurde nun ein Platz eingeweiht, der Joseph Süß Oppenheimer gewidmet ist

von Brigitte Jähnigen  10.12.2024

Esslingen

Antike Graffiti

Der Künstler Tuvia ben Avraham beschreibt das Judentum anhand uralter Buchstaben – und jeder darf mitmachen

von Valentin Schmid  09.12.2024

Berlin

Campus mit Kita und Café

Noch bis zum 10. Dezember können Architekten ihre Entwürfe für den Neubau an der Synagoge Fraenkelufer einreichen

von Christine Schmitt  09.12.2024

München

Mit Erfahrung zum Erfolg

Die Spieler des Schachklubs der IKG gehören zu den stärksten in Bayern – allen voran Leonid Volshanik

von Vivian Rosen  09.12.2024

Bundestag

Zentralrat der Juden schlägt Maßnahmen für Schutz jüdischen Lebens vor

Was der jüdische Dachverband von den Parteien mit Blick auf die Neuwahlen erwartet

 09.12.2024

Frankfurt

»Voll akzeptiert in der Gemeinde«

Rabbinerin Elisa Klapheck über das Jubiläum des Egalitären Minjans und das Konzept »Alle unter einem Dach«

von Ralf Balke  07.12.2024