In der Jüdischen Galerie in Berlin-Tempelhof hat sich gerade einmal eine Handvoll Interessierte eingefunden, um die Ausstellung der Künstlerin Alisa Poplavskaya zu besuchen. Dann plötzlich kommt ein Gast nach dem anderen, die beiden kleinen Ausstellungsräume im Erdgeschoss sind voll, ungefähr 30 Menschen drängeln sich dicht aneinander. Viele scheinen sich zu kennen, die Stimmung ist ausgelassen, einige schauen sich schon die Bilder an, andere bedienen sich am Buffet.
Poplavskayas Ehemann, der Autor Martin Schubert, macht sich bereit für eine kurze Einführung in die Arbeiten seiner Frau, während das Duo Biwald, Julia Bilat am Cello und Daniel Schwarzwald am Keyboard, zum Ausstellungsauftakt drei Stücke spielt. »Ich freue mich, dass ihr hier seid«, sagt Poplavskaya zu den beiden Musikern. »Schön, dass ihr kommen konntet.«
orte Für die 30-jährige Künstlerin ist es die dritte Ausstellung in Berlin. Zuvor hat sie ihre Werke bereits im Art Center und in einem Raum in Schöneberg gezeigt. Die aktuelle Ausstellung in der von der Zentralwohlfahrtsstelle gegründeten Jüdischen Galerie trägt den Titel »Spiritellectual«.
Seit Dezember letzten Jahres lebt die aus dem ukrainischen Nikolaev stammende Poplavskaya in Berlin. »Ich mag die Stadt, und ich denke, ich werde bleiben«, sagt sie.
Das will etwas bedeuten, immerhin ist die Künstlerin in den vergangenen zehn Jahren nie lange an einem Ort geblieben, sie hat zum Beispiel in Israel, der Ukraine, Schweden und zuletzt in Nepal gelebt. In Schweden hat Poplavskaya sich intensiv mit den mystischen Lehren der Kabbala auseinandergesetzt. Dies schlägt sich nieder in ihren Bildern. Sie habe sich damals tagelang mit kabbalistischen Traditionen beschäftigt, sagt sie. »Das musste ich verarbeiten.«
granatapfel Während Julia Bilat und Daniel Schwarzwald einen Tango anstimmen, stehen Poplavskaya und ihr Mann vor einem der großflächigen Bilder: »Pomegranate of Commandments« – Granatapfel der Gebote. Zu sehen ist ein offener Granatapfel, in seinem Inneren nicht etwa Kerne, sondern hebräische Buchstaben – ein Symbol für die Heiligkeit von Sprache. Unten ist ein dunkler Pfad zu sehen, der sich nach oben hin goldfarben öffnet. Dies spiele auf den Exodus der Israeliten aus der ägyptischen Sklaverei an, sagt Poplavskaya, hin zu dem Land, in dem Milch und Honig fließen.
Ihre älteren Bilder, wie dieses aus dem Jahr 2008, beziehen sich deutlich auf die Tora. Zudem sind sie dunkel, die Farben kräftig. Poplavskayas neuere Bilder – auch in Berlin hat sie bereits gearbeitet – sind freundlicher, heller, oft hat sie Pastellfarben benutzt. »Ich habe auch andere Ansätze und Konzepte verarbeitet, zum Beispiel habe ich mich beeinflussen lassen vom Thema Freiheit«, erklärt Poplavskaya.
Auch nepalesische Kunst, Ausdrucksformen und Philosophie sind nun in ihrer Arbeit von Bedeutung. Zusammen mit ihrem Mann war Poplavskaya in Nepal, hat dort mit Kindern gearbeitet und sich mit Kunst beschäftigt. »Trotz all der Einflüsse«, erklärt Martin Schubert, »haben die Bilder eines gemeinsam: das Streben nach etwas Höherem.«
bibel Tatsächlich findet sich in jedem von Poplavskayas Bildern ein Licht, ein heiliges Symbol oder eine mystische Anspielung. In ihrem Bild »Tree of the knowledge of good and evil, twelve tribes, three fathers« (Baum des Wissens von Gut und Böse, zwölf Stämme, drei Väter) kann der Betrachter den Baum als mystische Anspielung deuten – schließlich steht der Baum des Wissens im Garten Eden.
Oder aber es sind die Wurzeln des Baumes, die von unten nach oben streben, zu etwas Höherem. Die zwölf Wurzeln symbolisieren die zwölf israelitischen Stämme in der Bibel, die drei Verzweigungen die »Fathers in Life«, wie Poplavskaya es beschreibt, Abraham, Isaak und Jakob. Poplavskayas Bilder sind förmlich aufgeladen mit religiöser und mystisch-kabbalistischer Symbolik.
»Spiritellectual«, Ausstellung von Alisa Poplavskaya, bis zum 25. Oktober in der Jüdischen Galerie, Kaiserin-Augusta-Straße 63 in Berlin-Tempelhof
www.alisapoplavskaya.com