Spenden

Helfer in der Not

Retten, was der Brand übriggelassen hat: Finanzielle Hilfe wird dringend gebraucht. Foto: Flash 90

»Dürfen wir unter diesen Umständen Chanukka feiern? Mit Tanzen, mit Kinderkonzerten und mit süßen Sufganiot?« Diese Frage stellte sich nicht nur Max Privorozki, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde zu Halle, angesichts der Feuerkatastrophe im Norden Israels. Als am ersten Chanukkatag die verheerenden Brände ausbrachen, war es vielen jüdischen Gemeinden in Deutschland nicht zum Feiern zumute. Doch statt die Feste abzusagen, nutzten sie die Feiern zum Sammeln von Spenden.

So stieg auch in Halle an der Saale der Chanukkaball wie geplant, aber die gesamten Einnahmen aus dem Ticketverkauf, insgesamt 2.380 Euro, gingen an den Jüdischen Nationalfonds Keren Kayemeth LeIsrael (KKL). Die gemeinnützige Organisation will die zerstörten Pinien- und Kiefernwälder im Karmel-Gebirge wieder aufforsten und das Ökosystem nach und nach wiederherstellen. Mehr als vier Millionen Bäume fielen dem Feuer zum Opfer.

Obdachlos Denselben Betrag legte die Gemeinde noch einmal aus ihrer eigenen Schatulle drauf, um damit Keren Hayesod zu unterstützen. Der Fonds hilft den Menschen, die durch die Brände ihr Zuhause verloren haben, den Angehörigen der 42 Todesopfer und den Feuerwehrleuten.

Auch die Jüdische Gemeinde Mainz nutzte ihren Chanukkaball zur Spendensammlung. Die Gemeinde Hagen widmete ihr Chanukkakonzert den Betroffenen und nahm gut 400 Euro an Spenden für die Nothilfe ein. Und auch die Kölner reagierten spontan: Während einer Chanukkafeier im Kindergarten landeten fast 600 Euro in der Sammelbox. »Das ist zwar nur ein kleiner Betrag, doch er zeigt, dass in Notfällen gern gespendet wird. In solchen Situationen ziehen alle jüdischen Gemeinden an einem Strang«, meint Benzion Wieber, Geschäftsführer der Synagogen-Gemeinde Köln.

Der Zentralrat der Juden in Deutschland hat die jüdischen Gemeinden aufgerufen, Spenden zu sammeln und selbst 10.000 Euro an den Jüdischen Nationalfonds überwiesen. Zahlreiche Gemeinden folgen dem Appell und bitten Mitglieder und Freunde um Unterstützung. Die Jüdische Gemeinde zu Berlin veröffentlicht den Aufruf prominent auf ihrer Webseite. In Leipzig organisieren die Gemeindemitglieder eine Spendenaktion. »Der Erlös wird vermutlich bescheiden ausfallen, denn wir haben keine reichen Gemeindemitglieder. Trotzdem ist es uns wichtig, zumindest symbolisch Solidarität zu bekunden«, sagt Küf Kaufmann, Vorsitzender der Israelitischen Religionsgemeinde zu Leipzig. Aus ihren eigenen Mitteln will die Gemeinde 1.000 Euro an KKL überreichen. »An den Jüdischen Nationalfonds spenden wir jährlich kleine Summen, werden die Unterstützung in der jetzigen Situation aber aufstocken«, verspricht Kaufmann.

Spendenbereitschaft Leere Kassen und schlecht gefüllte Portemonnaies erschweren vielerorts die Hilfsbereitschaft. »Das Spendenaufkommen ist generell seit Jahren rückläufig, weil viele Gemeindemitglieder in sozial schwierigen Verhältnissen leben«, bedauert Peter Pöll, Sekretär der Synagogengemeinde Bonn. Was gespendet wird, fließt zum großen Teil an den KKL, an Keren Hayesod und an die Jewish Agency for Israel (JAFI), die in erster Linie den Familien hilft, die ihr Zuhause durch das Feuer verloren haben.

Einige Gemeinden wählen spezielle Projekte für ihre Hilfe aus. Die Jüdische Gemeinde Wiesbaden wirbt um Spenden für das Dorf Yemin Orde, das fast zur Hälfte zerstört wurde. Hier leben 500 Kinder aus aller Welt, unter ihnen 100 äthiopische Waisenkinder. Wohnhäuser und die Bibliothek sind abgebrannt, die Krankenstation und der Speisesaal schwer beschädigt.

Die Synagoge Lev Tov in Berlin bittet um Spenden für die Operation eines schwer verletzten Feuerwehrmanns. »Der junge Mann braucht eine Hauttransplantation«, erklärt Rabbiner Chaim Rozwaski. Über persönliche Kontakte wurde der Rabbiner auf den Fall aufmerksam und bot dem Verantwortlichen der israelischen Feuerwehr seine Hilfe an. Auch andere Verletzte will Lev Tov unterstützen.

Hilfsmaßnahmen Mehrere Gemeinden wollen in den nächsten Tagen weitere Spendenaktionen starten. Eine gute Nachricht für die Helfer, die langfristig Geld brauchen, um die zerstörten Häuser wieder aufzubauen, den traumatisierten Menschen zu helfen, die vernichteten Wälder wieder aufzuforsten. »Das ist eine Monsteraufgabe«, heißt es beim KKL. Einige tausend Euro sind bisher auf dem Spendenkonto des Jüdischen Nationalfonds in Frankfurt eingegangen.

Am vergangenen Schabbat hat die Gemeinde Oldenburg den israelischen Organisationen KKL und KH spontan 500 Euro zur Verfügung gestellt. »Es ist eine erste Hilfe, was noch gebraucht wird, werden wir erst nach und nach sehen«, sagt Gemeindevorsitzende Sara-Ruth Schumann. Denn neben den Todesopfern, Verletzten und dem enormen ökologischen Desaster, sei durch den Brand in den Weinbergen ein erheblicher wirtschaftlicher Schaden entstanden, mutmaßt Schumann. »Wir haben ohnehin 400 Euro für Israel im Etat vorgesehen. Den haben wir nun aufgestockt und zu gleichen Teilen den beiden Hilfsorganisationen überwiesen.«

Am Montag beschloss der Vorstand der Jüdischen Gemeinde Braunschweig 300 Euro an den KKL zu überweisen. »Möglicherweise werden wir eine solche Aktion im nächsten Jahr noch einmal wiederholen«, sagte Gemeindevorsitzende Renate Wagner-Redding. Nichtjüdische Freunde, die bei der Gemeinde angefragt hatten, habe sie ebenfalls an den KKL verwiesen. Außerdem werde der Vorstand im nächsten Gemeinderundschreiben noch einmal auf die Brandkatastrophe im Karmelgebirge aufmerksam machen und zu Spenden aufrufen.

Meir Panim
Konto: Bank für Sozialwirtschaft, Nr: 9430900, BLZ 25120510

Synagogue Lev Tov, Berlin Yeshiva Academy
Konto Dresdner Bank Berlin, Nr: 0419289800 BLZ: 10080000, Stichwort: Israeli firefighters

Jüdische Gemeinde Wiesbaden
Konto: Naspa Wiesbaden, Nr: 277003505, BLZ: 510 500 15, Stichwort: Spende für Israel

Deutsch-Israelische Gesellschaft
Konto: Berliner Sparkasse, Nr: 1010009199, BLZ 10050000

Keren Kayemeth LeIsrael, Jüdischer Nationalfonds (KKL-JNF)
Konto: SEB AG, Nr: 100 500 7001, BLZ: 500 101 11,
Stichwort: Waldbrand Haifa

Gespräch

»Es ist noch längst nicht alles verloren«

Sie sind jung, jüdisch und leben in Ostdeutschland. Zwei Wochen nach den Erfolgen der rechtsextremen AfD in Thüringen und Sachsen fragen sie sich: Sollten wir gehen? Oder gerade jetzt bleiben?

von Joshua Schultheis, Mascha Malburg  20.09.2024

Vertreibung

Vor 600 Jahren mussten die Juden Köln verlassen - Zuflucht auf der anderen Rheinseite

Die älteste jüdische Gemeinde nördlich der Alpen - und dann ist auf einmal Schluss. Vor 600 Jahren verwies Köln seine Juden der Stadt. Viele zogen darauf gen Osten, manche kamen dabei nur ein paar Hundert Meter weit

von Johannes Senk  19.09.2024

Magdeburg

Jüdischer Kalender für 5785 in Sachsen-Anhalt veröffentlicht

Bereits vor Rosch Haschana ist er als Download verfügbar

 18.09.2024

Augsburg

Jüdische Kulturwoche beginnt in Bayerisch-Schwaben

Führungen, Konzerte und Workshops stehen auf dem Programm

 18.09.2024

Berlin

Für die Demokratie

Ehrenamtspreis für jüdisches Leben für das EDA-Magazin und »BeReshith«

von Katrin Richter  17.09.2024

Hochschule

»Herausragender Moment für das jüdische Leben in Deutschland«

Unter dem Dach der neuen Nathan Peter Levinson-Stiftung werden künftig liberale und konservative Rabbinerinnen und Rabbiner ausgebildet. Bei der Ausbildung jüdischer Geistlicher wird die Uni Potsdam eng mit der Stiftung zusammenarbeiten

von Imanuel Marcus  17.09.2024

Würdigung

Ehrenamtspreise für jüdisches Leben verliehen

Geehrt wurden das »EDA-Magazin« und der Verein BeReshit aus Sachsen-Anhalt

 16.09.2024

Hannover

Leib und Seele sind vereint

Die bucharische Gemeinde eröffnete in ihrem neuen Zentrum drei Mikwaot

von Michael B. Berger  16.09.2024

München

Wehmütig und dankbar

Die Religionslehrerin Michaela Rychlá verabschiedet sich nach knapp 30 Jahren in den Ruhestand

von Luis Gruhler  15.09.2024