Es hat mir sehr viel Spaß gemacht.» Yuval ist auch einen Tag nach dem Mitzvah Day ganz begeistert. Am Sonntag hatten er und seine beiden Brüder Daniel und Roy im Jugendzentrum der Aachener Jüdischen Gemeinde Kekse für Bedürftige gebacken. «Nicht nur gebacken, sondern auch glasiert», ergänzt der 14-Jährige, der im Frühjahr bei The Voice Kids auf der Bühne gestanden hatte und erst kurz vor dem Finale ausgeschieden war.
Was ihm am Tag der guten Taten auch gefallen hat, war, seine beiden Brüder beim Backen zu unterstützen. «Der Teig war sehr lecker», sagt der zwölfjährige Daniel. Er muss es wissen, denn er hat ihn gekostet. Für ihn steht jetzt schon fest: «Nächstes Jahr bin ich wieder dabei.» Auch Roy, sieben Jahre alt, hat der Nachmittag Freude bereitet. Und er findet es toll, dass die Kekse und weitere gespendete Lebensmittel an Menschen gehen, die sie dringend brauchen.
Grüne Luftballons schmückten den Raum. Auf langen Tischen wurde der Teig ausgerollt.
Im Jugendzentrum «Kavanah» war am Sonntag viel los, denn am Mitzvah Day wollten viele dabei sein und etwas Gutes tun. Grüne Luftballons schmückten den Raum, in dem lange Tische aufgebaut wurden, damit jeder genug Platz hatte, den Teig auszurollen. «Wir sind sehr zufrieden», sagt Sofia Boymenblit, Leiterin des Juze.
Blut spenden, Geschenke basteln, Müll sammeln
Blut spenden, Geschenke basteln, Müll sammeln: Viele Freiwillige engagierten sich bundesweit beim Mitzvah Day. Nach Angaben des Zentralrats der Juden in Deutschland gab es rund 150 Aktionen in 50 Städten mit etwa 3000 Beteiligten. Das Motto lautete: «Hand in Hand für eine bessere Welt». «Es geht ausdrücklich nicht um Geld, sondern um gespendete Zeit und das Zupacken jedes Einzelnen», sagte ein Sprecher des Zentralrats.
Die Gießkannen waren mit Wasser gefüllt, die Plastikflaschen mit Spülmittel. Passend zum November nieselte es noch an diesem Sonntag. «Doch wir alle, Madrichim, Kinder und Jugendliche, waren hoch motiviert», sagt Venjamin Makarov, Madrich im Jugendzentrum «Emuna» der Jüdischen Kultusgemeinde Groß-Dortmund. Das jüngste Kind war acht Jahre alt, das älteste 17.
Zusammen fuhren sie zum jüdischen Friedhof, um Gräber zu putzen. «Unser Hauptaugenmerk lag auf Grabstellen, die nicht gepflegt aussahen», so Venjamin. Diese wurden nun mit Putzmittel eingeschäumt und bearbeitet. Später wurden Steine auf die Grabsteine gelegt und Kerzen angezündet. «Alle haben richtig mit angepackt, es stand keiner untätig herum.» Und er habe von allen ein gutes Feedback bekommen, so Makarov.
Kaffee und Kuchen
Mehr Pech mit dem Wetter hatten die Aktiven der Jüdischen Gemeinde zu Dresden. «Es regnete, war kalt und windig», sagt die Vorsitzende Katja Kulakova. Aber trotz des ungemütlichen Wetters ließen sich die Mitglieder und Gäste nicht abbringen, auf dem jüdischen Friedhof Laub zu harken. «Das hat bei uns Tradition», so Katja Kulakova. Ein kleines Team brachte für die Helfer Kaffee und Kuchen vorbei.
Neben der Aktion auf dem Friedhof gab es noch eine weitere Veranstaltung: Es wurde ein Malkreis für erwachsene Autisten angeboten. Zusammen mit ihren Eltern kamen sie, um ein paar schöne Stunden zu erleben. «Es sind tolle Bilder entstanden», lobt die Vorsitzende. Während die erwachsenden Autisten neue Techniken und Farben ausprobierten, konnten sich ihre Eltern unterhalten. Die Kommunikation sei auch wichtig, so Katja Kulakova. «Alle haben sich über die T-Shirts und die kleinen Geschenke gefreut.» Solche Aktionen stärken auch das Miteinander in der Gemeinde. «Bereits im Sommer haben mich einige gefragt, wann endlich der Mitzvah Day ist.»
85 Tüten packten die Kinder und Jugendlichen des Juze «Chesed» in Gelsenkirchen für Gemeindemitglieder, von denen fünf in einer Seniorenresidenz leben. Shampoo, Duschgel, Kreuzworträtsel und Süßigkeiten wurden eingepackt. «Das machen wir immer am Mitzvah Day», sagt David Sherman, Madrich im Juze. Die Tüten brachten sie zu den älteren Gemeindemitgliedern. «Sie freuen sich über unseren Besuch, wir bringen ihnen etwas mit und singen auch mit ihnen gemeinsam.» Sie seien dann immer sehr gerührt. Und auch die Jugendlichen seien mit Begeisterung dabei. «Sie haben sehr motiviert alles eingepackt.» Beim Besuch in der Seniorenresidenz sei ihm aufgefallen, dass einige sehr offen waren, andere eher zurückhaltend. «Aber jeder konnte sich gut einbringen.»
Führung über den Olympiapark, Armbänder für die Madrichim – das Angebot war groß.
Auch in Berlin gab es zahlreiche Angebote. «Wir haben Kinder aus dem Jugendzentrum ›Olam‹ ins Olympiastadion eingeladen und dort eine Führung zu Sport, Geschichte und Gegenwart organisiert», sagt Madeleine von Makkabi Deutschland. Etwa 20 Kinder waren dabei. «Es war ein schöner Ausflug», meint Madeleine.
Alle hätten Spaß gehabt und seien sehr interessiert gewesen. Ein Junge hätte sogar gesagt, dass es für ihn der beste Tag des Jahres war. Dabei seien nicht nur die historischen Aspekte des Stadions beleuchtet worden, sondern auch Themen wie Antisemitismus einst und heute sowie Strategien gegen Diskriminierung.
Mit dieser Aktion wollte Makkabi seine Arbeit vorstellen und zugleich Raum für Bildung schaffen, um junge Menschen für Geschichte, Sport und gesellschaftliche Verantwortung zu sensibilisieren.
Überraschung für die Madrichim
Im Juze Olam der Berliner Gemeinde gab es eine Überraschung für die Madrichim: Ihnen wurden als Dank für ihr Engagement kleine Armbänder, Säckchen mit duftenden Kräutern und Schlüsselanhänger überreicht. Auch die Berliner Kinder buken begeistert Kekse. Anschließend fuhren sie ins Jeanette-Wolff-Seniorenzentrum, um das Gebäck dort zu verteilen. Eine andere Gruppe sammelte Müll auf den Straßen, weitere Kinder pflanzten Bäume.
In Frankfurt haben Schüler die Wände im Familienzentrum gestrichen, andere die Gebetsbücher zusammen mit ihrer Lehrerin Natalia Hartmann und der Bibliothekarin Ina Brusilowskaya in der Westend-Synagoge ausgebessert. Weitere packten Lunchpakete, die sie später an Obdachlose verteilten: Die Schüler der I. E. Lichtigfeld-Schule in Frankfurt waren sehr aktiv.
«Dieses Mal haben wir beschlossen, den Fokus auf das Erinnern zu legen», sagt Karolina Becker vom Jugendzentrum «LevEchad» der Jüdischen Gemeinde Osnabrück. «Die Auseinandersetzung mit der Geschichte unserer Vorfahren und das Bewusstsein für unsere Wurzeln sind von zentraler Bedeutung, um unsere Vergangenheit zu verstehen und aus den Erfahrungen zu lernen.» In diesem Sinne haben die älteren Jugendlichen Kerzen gebastelt, die als Symbol für das Gedenken dienen. Gemeinsam haben sie über ihre Geschichte gesprochen und diese reflektiert.
«Der Mitzvah Day hat seit Jahren einen guten Ruf bei unseren Gemeindemitgliedern und in der Stadt Recklinghausen», berichtet Jana Stachevski, Sozialarbeiterin der Gemeinde. Das Interesse sei so groß, dass sie sich überlegten, gleich drei Aktionen anzubieten.
Die Teilnehmer mehrerer Selbsthilfegruppen für Menschen mit Behinderung sowie die Kindergruppe und die Ehrenamtlichen von RE/init e.V. und Gemeindemitglieder trafen sich, um gemeinsam kleine Geschenke vorzubereiten, die zum Chanukkafest an Seniorinnen und Senioren der Gemeinde verschenkt werden.
Aufmerksamkeit und Unterstützung
Die Jugendgruppe der Gemeinde besuchte gemeinsam mit ukrainischen Jugendlichen ältere, alleinstehende Gemeindemitglieder zu Hause, um ihnen Aufmerksamkeit und Unterstützung zu schenken, und der Frauenverein malte Bilder, die im Dezember zu Chanukka in einer Kunstausstellung in der Gemeinde gezeigt werden.
Die Jugendgruppe besuchte gemeinsam mit Ukrainern Seniorinnen und Senioren.
Der Zentralrat der Juden in Deutschland sammelte zu den bevorstehenden Feiertagen Geschenke für hilfsbedürftige Kinder, die die Mitarbeiter mit Arche-Botschafterin Susan Sideropoulos und Zentralratsgeschäftsführer Daniel Botmann an die Einrichtung «Die Arche» übergaben. Das Kinder- und Jugendwerk engagiert sich gegen Kinderarmut in Deutschland.
Zentralratspräsident Josef Schuster dankte allen, die sich beteiligt hatten. «Gerade in dieser bewegten Zeit braucht es Zeichen des Zusammenhalts in der Gesellschaft.» Für Jüdinnen und Juden sei dies eng verbunden mit der Bereitschaft, etwas für andere zu tun. «Der Gedanke an das Leuchten von Kinderaugen sagt mehr als 1000 Worte», so Schuster.