Frau Hirschfelder, Sie geben an der School of Jewish Theology der Universität Potsdam einen dreiwöchigen Iwrit-Ulpan. Wie ist die Stimmung kurz vor der Prüfung?
Nach wie vor fantastisch. Die Lerngruppen haben eine gute Dynamik entwickelt. Am Anfang war es nicht ganz einfach, die Teilnehmer der einzelnen Klassen mit ihren teilweise doch sehr unterschiedlichen sprachlichen Voraussetzungen zusammenzubringen. Das hat sich aber mit der Zeit eingependelt. Nicht alle Teilnehmer werden die Abschlussprüfung mitschreiben. Manche brauchen keine akademischen Leistungspunkte und wollen sich daher den Stress nicht antun. Die, die mitschreiben, sollten aber gut vorbereitet sein. Nach der Prüfung wollen alle Klassen zusammen noch eine Abschiedsfeier organisieren.
Wer nimmt an dem Ulpan teil?
Die insgesamt 70 Teilnehmer wollen aus unterschiedlichen Gründen ihr Hebräisch verbessern. Manche bereiten sich konkret auf einen Israel-Aufenthalt vor, andere brauchen die Sprache für ihre Studien, und wieder andere interessieren sich einfach für das moderne Hebräisch. Mich freut besonders, dass Mitglieder aus jüdischen Gemeinden teilnehmen. Auch Studenten aus Potsdam und anderer Universitäten aus Deutschland und Europa sind dabei. Da wir den Ulpan in Kooperation mit der Universität Krakau durchführen, sind auch Studenten aus Polen zu uns gekommen.
Unterrichten Sie denn ganz alleine?
Oh nein, das wäre vom Pensum her nicht zu schaffen. Wir sind ein Team von sechs Dozentinnen aus Israel, Polen und Deutschland. Ich unterrichte zusammen mit einer israelischen Kollegin den Ulpankurs »Gimel«, also die fortgeschrittene Sprachstufe. Als große Bereicherung erlebe ich es, dass auch zwei Dozentinnen aus Krakau einen Kurs übernommen haben. Sie haben einen anderen methodischen Ansatz, die hebräische Sprache zu vermitteln. Wir können voneinander lernen.
Es gibt ein kulturelles Rahmenprogramm. Wie sieht das aus?
Nach dem Vorbild der klassischen akademischen Ulpanim in Israel haben wir uns gedacht, nach den Kursen optionale Veranstaltungen anzubieten. Die Idee ist, neben dem Spracherwerb auch etwas über deutsch-jüdische Geschichte und die israelische Kultur und Gesellschaft zu erfahren. Es gibt Vorträge, wir haben israelische Filme angesehen, das Jüdische Museum und das Haus der Wannsee-Konferenz in Berlin besucht. Auch eine Führung über den Jüdischen Friedhof in Weißensee stand auf dem Programm.
Wie finanziert sich der Ulpan?
Ich bin sehr froh, dass wir in diesem Jahr neue Unterstützer gewinnen konnten. Neben der School of Jewish Theology selbst hat die Universität Potsdam mit ihrem KoUP-Programm die Anschubfinanzierung geleistet. Weitere Sponsoren sind die Schwarz-Schütte-Stiftung Potsdam, die zur Leo Baeck Foundation gehört, sowie die Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit. Dank der umfangreichen Förderung konnten wir den Ulpan für alle Teilnehmer ohne Kursgebühren anbieten. Die im Vorfeld geäußerte Befürchtung, dass die Gebührenfreiheit zu einer unregelmäßigen Teilnahme führen könnte, hat sich nicht bestätigt. Einen dreiwöchigen Intensivsprachkurs im Sommer mit insgesamt 20 akademischen Stunden pro Woche muss man wollen. Alle Teilnehmer haben sich darauf eingelassen.
Wieso unterstützt die Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit einen Ulpan?
Ziel der Stiftung ist es, den Austausch von Deutschen und Polen in vielfältiger Weise zu fördern. Durch die Kooperation der Universitäten Potsdam und Krakau ist das gewährleistet. Als Dozentin finde ich es natürlich besonders schön, dass das verbindende Element in diesem Fall Hebräisch ist.
Der Ulpan findet bereits zum zweiten Mal in Folge in den Semesterferien statt. Wird es den Kurs auch 2020 geben?
Wir wollen den Ulpan als Teil des Summer School Program der Universität Potsdam als feste Größe etablieren. Unser Ziel ist es, die Kooperation mit Krakau auszuweiten. So sieht der Plan vor, dass der Sprachkurs im nächsten Jahr in Polen stattfindet, 2021 dann wieder in Potsdam. Der große Zuspruch in diesem Sommer gibt uns zusätzlichen Rückenwind für unser Vorhaben. Dass sich so viele Menschen für modernes Hebräisch interessieren, zeigt, dass es hierzulande Bedarf für einen Ulpan dieser Art gibt.
Mit der Hebräisch-Dozentin sprach Jérôme Lombard.