Der in Hamburg lebende Maler Otto Quirin erhält zu seinem 85. Geburtstag ein besonderes Geschenk: Die Veröffentlichung seiner Hamburger Jüdische Portraits. Damit kann sich eine breite Öffentlichkeit mit dem Leben und Werk der porträtierten Frauen und Männer, Schauspieler, Kaufleute, Rabbiner, Gemeindevorstände, Schriftsteller und anderer auseinandersetzen.
Die Herausgeber, Ina. S. Lorenz und Michael Studemund-Halévy, haben von den insgesamt 250 Porträts des Künstlers 112 in dem Band zusammengefasst und ihre Biografien aufgeschrieben: von Rabbiner Jonathan Eibeschütz, Isaac Haim Cassuto, Vorstand der Portugiesisch-Jüdischen Gemeinde, über die Germanistin Agathe Lasch, den Schriftsteller Ralph Giordano bis zu den populären Hamburger Musikanten, den Gebrüdern Wolf, deren Gassenhauer bis heute in der Hansestadt gesungen werden.
Spurensuche Eindrucksvoll und aktuell sind die Bilder der jüdischen Persönlichkeiten, die der Künstler auf der Grundlage von Gravuren, Zeichnungen, Gemälden oder Fotografien neu gestaltet hat. Er nennt sie folgerichtig »Wiederbegegnungen«. »Ich wollte, dass man sie im Gedächtnis behält. Ihre Stärke, ihre Lebensfülle, ihre Schönheit. Alles, was zu der jeweiligen Person gehört«, rechtfertigt Quirin seine Spurensuche.
Die in Hamburg lebende Kunsthistorikerin Maike Bruhns, die im Rahmen ihrer Forschungsarbeit zur Hamburger Kunst im Nationalsozialismus das »Archiv NS-verfolgter Künstler in Hamburg« aufbaute, be- schreibt in dem Buch die künstlerische Seite der Porträts von Quirin. Die Leichtigkeit, Lebendigkeit und Perfektion sollten nicht darüber hinwegtäuschen, dass »mehrere Anläufe des Zeichners nötig waren, um das Bild der Menschen in den Porträts des Künstlers nicht nachzuzeichnen, sondern neu zu schaffen«.
Wie recht sie hat: Der Künstler Quirin benutzt verschiedene Techniken. Manchmal sind es geradezu filigrane Zeichnungen, dann wieder breitflächige holzschnittartige Züge. Manche hat er mit Farben aufgefrischt, wie zum Beispiel die Gebrüder Wolf, denen er rote Haare und getupfte rote Fliegen um den Hals gebunden hat, eine Anspielung auf das Milieu und das Nachtleben.
Seine Porträts holt der Künstler von der Vergangenheit in die Gegenwart und lässt den Betrachter oftmals schmunzeln, auch wenn einem vor dem Hintergrund der Geschichte und des Ver- lustes nicht danach zumute ist. Ein mit viel Einfühlungsvermögen gestalteter Bildband. Eine Hommage an den Porträtzeichner Otto Quirin.
Ina S. Lorenz und Michael Studemund-Halévy (Hrsg.): »Otto Quirin, Hamburger Jüdische Portraits«, ConferencePoint Verlag, Hamburg 2012, 144 S., 25 €