Rhythmisches Klatschen dringt aus der Sporthalle Charlottenburg auf die Sömmeringstraße. Es ist wenig Straßenverkehr. Ein blauer Mannschaftswagen der Polizei steht auf dem Bürgersteig. Draußen ist alles ruhig. Und auch die Sicherheitsbeamten im Hauteingang haben wenig zu tun. Umso genauer untersuchen sie eine dicke Fototasche. Mit seinen schwarzen Latex-Handschuhen lässt sich der Sicherheitsbeamte alle Objektive auf ihre Funktionsfähigkeit hin vorführen.
Das Spiel Israel gegen Deutschland der U18-Mannschaft der Junioren hat noch nicht begonnen. Da bleibt Zeit für einen Plausch. »Nee, Gastronomie gibt es heute nicht«, sagt seine Kollegin. »Die waren an den vergangenen Tagen so frustriert, dass sie nichts verkauft haben, dass sie heute mal geschlossen haben. Aber am Montag, wenn hier die All-Stars von Alba gegen Makkabi spielen, dann wird hier wieder voller Betrieb sein«, meint die Sicherheitsfrau, fast, als ob sie sich darauf freuen würde, dann wieder mehr zu tun zu haben.
alba-feeling Inzwischen hat die Musik an Lautstärke zugenommen. Ein Hauch von Alba-Feeling kommt auf. Denn hier ist die Geburtsstätte des vom legendären Geschäftsführer des Basketball-Hauptstadtvereins, Marco Baldi, »erfundenen« Klubs. Nur etwa 30 Zuschauer sitzen auf den Rängen, wo früher dem DTV Charlottenburg, Alba und den BR-Volleys zugejubelt wurde. Aber 30 können so laut sein wie 2000. Das stellen sie spätestens unter Beweis, als endlich das Spiel Israel-Deutschland angepfiffen wird.
Mike Delberg ist dabei ganz in seinem Element. Kräftig unterstützt er das deutsche Makkabi-Team, das aber schon nach zehn Minuten deutlich hinten liegt. Sie haben keine Mittel gegen die kräftigen, schnellen Vorstöße des eingespielten und flinken israelischen Teams. Drei-Punkte-Würfe erhalten heftigen Applaus – fairerweise für beide Seiten. Dann wieder ein spektakulärer Angriff, den die deutschen Spieler mit viel Einsatz abwehren können. Defense, Defense-Rufe und wieder das Applaudieren mit den Papierklatschen, die jeder Besucher in die Hand gedrückt bekommt.
Selbstbewusstsein »One Team, One Dream, Go For Gold« steht auf den gefalteten Pappbögen nationalbewusst in schwarzen, roten und goldenen Buchstaben. Einige Besucher haben Blumengirlanden in den deutschen Farben um Hals und Arme gestreift. Für das deutsche Team zu werben und sich für Deutschland zu bekennen, ist für jüdische Sportler und Anhänger kein Tabu mehr.
Die Anfeuerungsrufe ertönen weiter, auch wenn der Zwischenstand 20 zu fünf für Israel lautet. Gil Fechtner verlässt die Halle. Aber nicht wegen des unaufholbar scheinenden Zwischenstandes. Der 16-Jährige hat mit seiner Mannschaft die Türkei mit 75:35 geschlagen. Dabei war der Münchner Flügelspieler mit 21 Punkten der Topscorer seiner Mannschaft. Ursprünglich einmal hatte Gil Baseball gespielt. »Aber das war in Deutschland nicht so verbreitet, deswegen bin ich zum Basketball gegangen«, erzählt Gil. Bei Maccabi sei er auch schon gewesen, aber nicht lange, jetzt spiele er bei München Basket.
Tennis Sein Onkel Jonathan Fassberg erzählt stolz, dass die U18-Mannschaft seines Neffen bestimmt Gold gewinnen wird. Er sei extra wegen des Spiels von Gil in die Sömmering-Halle gekommen, erzählt der Amerikaner. Nun muss er sich aber beeilen, um ins LTTC-Stadion zu kommen. Dort spielt Jonathan Fassberg nämlich für die amerikanische Nationalmannschaft im Einzel- und im Herren-Doppel. Ihm gefallen die Spiele super, erzählt er auf Deutsch. Selbstverständlich begleiten ihn sein kleiner Sohn Simon und Gil Fechtner nun ihrerseits auf die Tennisanlage im Grunewald.
Im Forumbad des Olympiaparks werden wenig später schon die Medaillen überreicht. Häufig ertönt die deutsche Nationalhymne. Feierlich stehen die Zuschauer auf, applaudieren und schließen ihre Söhne, Töchter und Ehemänner nach der Zeremonie herzlich in die Arme. Allein am ersten Tag errang Makkabi Deutschland 15 Medaillen. Am Freitag hoffen die schwarz-rot-goldenen Makkabäer auf weiteres Edelmetall.
Einer von ihnen ist Konstantin Vasylenko, der am Donnerstag bereits mit viermal Gold und einmal Silber geehrt wurde. Jonathan Ben Shlomo errang bislang zwei Goldmedaillen, aber auch für ihn ist noch viel drin. Sie alle sind begeistert von den European Maccabi Games in Berlin und schauen noch einmal kurz zurück. »Die Eröffnungsfeier war einfach großartig«, erzählt Jonathan Heiman mit Silber über 100 Meter Brust dekoriert. »Super Event«, meint Konstantin Vasylenko. »Die Show war klasse.«
Finale Inzwischen rollen bei der EMG alle Bälle, alle Bridge-Karten sind auf den Tisch gelegt, erste Ten-Pins getroffen. Hier hat übrigens ein schwedisches Geschwisterpaar eine Goldmedaille errungen. Vor Schabbat werden im Hockey und Fußball noch entscheidende Gruppen- und einige Semifinal-Spiele ausgetragen. Im Forumbad trifft die deutsche Makkabi-Wasserballmannschaft auf Italien, danach steht die Partie Israel gegen Ungarn auf dem Programm. Im Volleyball werden an diesem Freitag die Medaillen vergeben. Seit Donnerstag ist auch das Squash-Turnier in der Airport-Squash-Halle in Tegel gestartet.
Die Individualsportler sind am Sonntag gefragt. Als Einziger wird der 58-jährige Jan Rosner aus Offenbach für das deutsche Makkabi-Team beim Triathlon in Köpenick an den Start gehen. Am Halbmarathon rund um das Olympiagelände nehmen 20 deutsche, insgesamt 45 Starter teil. Beide Starts erfolgen bereits um 8.30 Uhr. Für die Sportler sicherlich gut, denn es soll am Sonntag bis zu 30 Grad heiß werden.